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Immer wieder du: Roman (German Edition)

Immer wieder du: Roman (German Edition)

Titel: Immer wieder du: Roman (German Edition)
Autoren: Paige Toon
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Zehn Jahre zuvor
    Kapitel 1
    »Jetzt ist aber Schluss! Ich bin dein Gemecker satt! Wir sind jetzt hier, und hier bleiben wir auch, also gewöhn dich dran, Lily!«
    Es hat lange gedauert, aber jetzt rastet meine Mutter aus. Ich kann es ihr nicht verübeln. An ihrem Vorhaben, nach Australien zu ziehen, hab ich schon herumgenörgelt, seitdem sie zum ersten Mal mit Michael im Internet geflirtet hat.
    »Ist das Gras hier überhaupt mal grün?«, gebe ich gelangweilt zurück. Wenn sie glaubt, ich würde klein beigeben, ist sie schwer auf dem Holzweg.
    Meine Mutter sagt nichts; sie seufzt bloß und guckt in den Rückspiegel, bevor sie auf die Überholspur wechselt.
    Es ist Ende November – Sommer in Australien –, und wir fahren vom Flughafen in Adelaide hinauf in die Berge. Zu meiner Linken erheben sich gelbe Hügel, zu meiner Rechten tun sich tiefe baumbewachsene Schluchten auf. Die Straße ist sehr kurvenreich, ich halte mich an der Armlehne fest und blinzele in das grelle Sonnenlicht, weil ich vergessen habe, meine Sonnenbrille aus dem Koffer zu holen. Ich muss wohl nicht extra betonen, dass ich nicht gut gelaunt bin.
    »Findest du nicht, dass er uns wenigstens vom Flughafen hätte abholen können?«, grummele ich.
    »Wir mussten sowieso den Mietwagen mitnehmen. Und wie schon gesagt, Michael muss arbeiten.«
    »Können die Beuteltiere nicht einen Morgen ohne ihn auskommen?«
    Die neue große Liebe meiner Mutter ist im örtlichen Wildpark für die Tiere verantwortlich. Den lieben langen Tag muss der Mann nichts weiter tun, als Kängurus füttern und für fotografierende Touristen Koalas im Arm wiegen.
    »Vielleicht schon«, erwidert Mum leicht angespannt, obwohl sie sonst immer so ruhig ist, »aber auf der Mailbox hat er was von einem kranken Tasmanischen Teufel erzählt.«
    »Na und?«, erwidere ich.
    »Das klingt aber nicht nach der Lily, die ich kenne«, sagt sie vorwurfsvoll. »Die Lily, die ich kenne, würde sich Sorgen um ein krankes Tier machen. Die Lily, die ich kenne, wollte sogar einmal nicht in den Urlaub fahren, weil ihr Hamster krank war. Die Lily, die ich kenne, hat sich immer um ihre Haustiere gekümmert, als wären es ihre Kinder.«
    »Ja, und jetzt sind sie alle tot«, entgegne ich.
    Schweigen.
    »Was ist das überhaupt, so ein blöder Tasmanischer Teufel?«, hake ich nach.
    »Ach, halt doch einfach den Mund!«
    Ich grinse vor mich hin und starre aus dem Fenster, zufrieden mit meinem kleinen Sieg. Dann fällt mir ein, dass wir uns in einem anderen Land befinden. Am anderen Ende der Welt. Und mir wird klar, dass ich überhaupt nicht gewonnen habe. Ich habe verloren. Super.
    » Crafers  – da ist es.« Mum setzt den Blinker, um links rauszufahren.
    »Und was ist, wenn du den Typ nicht leiden kannst?«, frage ich. »Können wir dann wieder zurück nach Hause?«
    »Ich werde ihn mögen«, sagt sie mit Nachdruck. »Und das hier ist jetzt unser Zuhause.«
    »Das wird nie mein Zuhause sein«, erwidere ich finster.
    England ist mein Zuhause. Und sobald ich achtzehn bin, werde ich dorthin zurückkehren. Aber das dauert noch über zwei Jahre – eine Ewigkeit. Ich habe so eine Stinkwut auf meine Mum, weil sie mir das antut, ich kann es gar nicht in Worte fassen.
    Ausgerechnet sie musste einen Mann im Internet kennenlernen. Wir befinden uns bald im Jahr 2000 – wer macht so was? Meiner Meinung nach ist dieser blöde Film e-m@il für dich daran schuld. Der hat meiner Mum garantiert diesen Floh ins Ohr gesetzt, als sie ihn letztes Jahr gesehen hat. Schön und gut, wenn die dämliche Meg Ryan und Tom Quasselstrippe Hanks nach Herzenslust E-Mails austauschen, aber wer kommt für die Folgen auf? Ich offenbar. Hier hocke ich nun in dem verfluchten Känguruland und muss bei einem Mann wohnen, den ich noch nie gesehen habe, nur weil meine Mum sich verknallt hat. Wieder mal.
    Wir verlassen das Kaff namens Crafers und fahren weiter über die gewundene Straße. Neben uns ist eine Koppel mit vielen hell- und dunkelbraunen Ziegen.
    »Das ist also Piccadilly«, stellt Mum fest.
    »Piccadilly?«, schnaube ich verächtlich. »Willst du mich verarschen?«
    Sie wirft mir einen Blick zu. »So heißt die Stadt.«
    » Das nennst du Stadt?« Demonstrativ glotze ich auf vereinzelte Häuser und Höfe, die in großen Abständen am Straßenrand auftauchen. Ausrangierte Autos, Geländewagen und Traktoren stehen unbenutzt im verdorrten Gras. »Ich kenne den Picadilly Circus in London, und dagegen ist das hier ein Dreck!«
    Meine Mum
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