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Stoppt die Hochzeit!

Stoppt die Hochzeit!

Titel: Stoppt die Hochzeit!
Autoren: Stephanie Bond
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wirtschaftlich blühende Mischung aus Grau und Grün, Beton und Bäumen.
    Als ihr der flüchtig abschätzende Blick einfiel, den der Mann ihr zugeworfen hatte, versuchte sie, ihr leichtes Make-up und die unordentliche Frisur mit Hilfe eines Spiegels kaum größer als eine Streichholzschachtel so gut wie möglich in Ordnung zu bringen, und überlegte, wie sie die Situation, die vor ihr lag, am besten angehen sollte. Sie machte sich schwere Vorwürfe wegen Belles plötzlicher Entscheidung zu heiraten. Wenn sie nach dem Tod ihres Vaters mehr Zeit mit ihrer Mutter verbracht hätte, wenn sie sie öfter besucht hätte, wenn sie sie ermutigt hätte, das alte, aufwändige Haus zu verkaufen, dann hätte Belle Martin Castleberry nie kennengelernt und wäre nie auf ihn hereingefallen. Und weil ihre Nachlässigkeit eindeutig zu dieser Situation beigetragen hatte, war es auch an ihr, ihrer Mutter klarzumachen, dass sie sich ins Verderben stürzte.
    Sollte sie sich also mit ihrer Mutter zusammensetzen und ihr mit brutaler Ehrlichkeit erklären, was für ein Irrsinn es war, Martin Castleberry zu heiraten, oder würde ihr Einspruch ihre Mutter in ihrem Entschluss nur bestärken? Aber wenn Belles Verliebtheit, wie Annabelle vermutete, lediglich das Produkt ihrer Einsamkeit war, sollte sie vielleicht umgekehrte Psychologie anwenden und überschwängliche Freude vortäuschen, damit ihre Mutter Abstand gewann und die Situation noch einmal überdachte – was vermutlich allerdings nicht nur ihre schauspielerischen Fähigkeiten, sondern auch ihre geistige Gesundheit bis an die Grenze des Machbaren fordern würde.
    Als der Zug schließlich das Ende der nördlichen Strecke erreichte, hatte sie sich für eine Strategie zurückhaltender Freude entschieden, zumindest bis sie ein besseres Gefühl für den emotionalen Zustand ihrer Mutter bekam. Sie stieg aus, verließ den Bahnhof und winkte ein Taxi an den Bordstein. In den wenigen Sekunden, die das Auto brauchte, um vor ihr anzuhalten, konnte sie beinahe spüren, wie Sommersprossen auf ihrer Nase erschienen. Hunderte Zitronen hatten im College die Auswirkungen der Schwimmwettbewerbe und Trainingseinheiten im Freien gemindert, aber ihre Haut blieb empfindlich. Sie rieb sich mit einem Knöchel über die Nase und seufzte. Sommersprossen trugen nicht gerade zu dem autoritären Auftreten bei, das sie für ihre Arbeit brauchte. Oder dabei, sich erwachsen zu fühlen, was ihr in der Nähe ihrer Mutter ohnehin immer schwer zu fallen schien.
    Während der Taxifahrt übte sie ihre »Hi Mom, ich war gerade in der Nähe«-Begrüßung, aber als das Taxi vor dem vertrauten weißen Haus mit den roten Fensterläden anhielt, war sie zugegebenermaßen etwas nervös. Ihr Herz schlug heftig, als sie die Fahrt bezahlte, ausstieg und sich von den Erinnerungen einholen ließ. Stimmen, Gerüche und Bilder aus der Vergangenheit stiegen tröstlich in ihr auf. Sie war zu Hause.
    Die Auffahrt lag verlassen vor ihr, aber ihre Mutter hatte ihr erzählt, sie hätte die Garage ausgeräumt und würde ihr Auto jetzt dort parken. Als sie den Fußweg hinaufging, drehte sie sich einmal im Kreis und nickte anerkennend beim Anblick des Bungalows, dessen Vorgarten problemlos das Cover eines Hochglanzmagazins hätte schmücken können. In den von Mulch bedeckten Beeten auf beiden Seiten der Treppe prangten die größten und schönsten Stauden, die Belle über die Jahre gesammelt hatte. Ein graues Vogelbad mit einer Fee auf dem Sockel stand rechts von ihr und bot einer Schmetterlingsschar Erfrischung. Der Vorplatz schien makellos, von einem Büschel Fingerhirse einmal abgesehen. Annabelle beugte sich vor, um das unschöne Kraut auszureißen, und war sich sicher, dass ihr Vater wohlwollend auf sie herablächelte.
    Ich kümmere mich um sie, Daddy, genau wie ich es versprochen habe.
    Als sie sich aufrichtete, fiel ihr Blick durch die Bäume auf ein dreistöckiges, korallenrotes, mit Stuck verziertes Haus, und sie runzelte die Stirn. Martin Castleberrys Anwesen, vermutete sie, wenn sie nach der Beschreibung ihrer Mutter ging. Der Mann hatte ihre Mutter vermutlich mit einem Fernglas beobachtet, bevor er sie das erste Mal zum Essen eingeladen hatte.
    Sie erklomm die Steinstufen zu dem Haus, in dem sie aufgewachsen war, und bemerkte, dass noch immer derselbe Stein an derselben Ecke derselben Stufe lose war – gerade lose genug, dass sie ihn herausnehmen und eine Nachricht für ihre Freundin Lisa hinterlassen konnte, die in dem Haus nebenan
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