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Das Mysterium Des Himmels

Das Mysterium Des Himmels

Titel: Das Mysterium Des Himmels
Autoren: Uwe Gardein
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1. An einem Morgen
    Das Licht!
    Für einen beinahe unbemerkten Augenblick riss das dunkle Himmelsgewölbe auseinander und Feuer schoss aus ihm heraus. Dann schloss die Finsternis den Himmel wieder zu, als wäre nichts geschehen. Die schwarze Nacht senkte sich aus dem Jenseits auf die Erde wie ein Leichentuch.
    Ekuos der Hirte, bestürzt und erschreckt durch dieses Ereignis, richtete seinen Blick in Richtung Osten, von wo das Licht des neuen Tages kommen sollte. Still flehte er die Götter an, es geschehen zu lassen. Als er endlich sehen konnte, wie die Götter die Kräfte der Dunkelheit vom Firmament schoben und der Helligkeit zur Geburt verhalfen, da dachte er wieder an das, was er nun einmal mehr gesehen hatte. Zuerst hielt er die feurige Himmelserscheinung für eine Irritation seiner Augen, verursacht durch sein Leben in der Einsamkeit, später aber sah er die Geschehnisse erneut und nun noch einmal. Flammen schlugen aus dem Himmel, das hatte er gesehen, und er dachte darüber nach, was sie wohl zu bedeuten haben.
    Bevor von Osten her, dort, wo einst das Leben entstand, die Dämmerung anzeigte, das Leben darf weitergehen, ist die Nacht so finster wie in keinem anderen Moment. Diese absolute Dunkelheit wird eines Tages über die Welt kommen und alles Leben auslöschen. Einmal wird es so sein, dass die Götter den Himmel einstürzen lassen. Das glaubten die Menschen und Ekuos glaubte es auch. Über dem Land standen nun zwei mächtige Wolken wie große Augen unter buschigen Brauen. Auf der Ebene und den leichten Hügeln lebten viele Bäume. Ihr Atem war kühl und ihre Blätter schwiegen. Es roch wie in den letzten kalten Frühlingstagen.
    Eine kleine Herde Tiere zog langsam einen Hügel hinauf. In ihrer Mitte ging ein kräftiger Bursche, den Kopf hielt er zu Boden gesenkt. Ekuos gefiel es nicht, dass die Dunkelheit bald wieder von Osten her das Land bedecken würde und er sich mit der Herde noch immer im Bereich der unteren Wälder befand. Er wollte eine baumlose Gegend erreichen, über die er hinwegsehen und dadurch Gefahren frühzeitig entdecken konnte. In der Ferne sah Ekuos einen einsamen Baum im Licht der untergehenden Sonne stehen. War das ein Zeichen? Noch aber war sie in ihm, die Hoffnung, dass es ein kommender Morgen und ein Tag werden wird, an dem es hell ist. Ekuos schloss die Augen und dankte den Göttern für die Gnade des Lichts. Nach einer Weile öffnete er sie wieder, ohne seine Position zu verändern. Noch immer musste er an das Feuer am Himmel denken. Es war eine Botschaft, da war er sich sicher, aber er konnte sie nicht lesen. Noch nicht.
    Ekuos der Hirte erwartete an einen Baum gelehnt die Morgendämmerung. Im Steinkreis vor ihm, in dem noch eine bescheidene Glut leuchtete, wurde die Flamme von ihm wieder erweckt. Ein wenig Reisig genügte, um sie erneut zu entfachen. Er spürte Furcht in sich. Erstmals hatte er das Feuer am Himmel gesehen, als die Äpfel sich röteten. Später noch einmal, da waren sie mit den Schweinen durch die Kastanienwälder gezogen. Und nun war es wieder geschehen. Zunächst hatte er geglaubt, dass es nichts war, ein falscher Wimpernschlag, mehr nicht. Jetzt aber war die Furcht in seinem Kopf und die erschien niemals ohne einen Grund. Es war da, dieses Feuer, und er, Ekuos der Hirte, hatte es mit eigenen Augen am Himmel gesehen. Er wird darüber schweigen, denn sie werden es ihm nicht verzeihen. Jeder seiner Sippe glaubte, dass einmal der Himmel einstürzen wird, doch hören wollten sie darüber nichts. Vielleicht würden einige sogar behaupten, aus ihm spräche das Böse.
    Er nahm sein Kreuz in die Hand. Der Sippenälteste hatte es ihm um den Hals gelegt, als sie ihn zum Hirten ernannten. Es war aus Silber gefertigt, dem Metall der Mondgöttin. Das Kreuz war in einen Kreis aus Bronze eingearbeitet und hing an einer Schnur, die aus Pferdehaaren geflochten worden war. Das Kreuz zeigte ihm die vier Himmelsrichtungen, es stand für die geistige und die materielle Welt. Das Kreuz sollte ihm den Zugang zu der anderen, göttlichen Welt öffnen, als Übergang und Brücke zur Weisheit des Himmels. Ekuos legte den Kopf in den Nacken und schaute hinauf.
    In der Ferne hörte er einen Hahn. Nur wenn der Hahn krähte, war die Welt noch in Ordnung. Das heilige Tier der Sonnengöttin rief den Menschen die Nachricht zu, es ist vollbracht, der Tag wird beginnen. Endlich. Ekuos dachte an den alten Nachbarn, der aus Dummheit oder aus Nachlässigkeit den Tod eines Hahns zu verantworten gehabt
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