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Das Mysterium Des Himmels

Das Mysterium Des Himmels

Titel: Das Mysterium Des Himmels
Autoren: Uwe Gardein
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begann zu rufen. Ekuos zog sein Messer aus dem Gürtel und schaute auf den Hals des Tieres. Es war an der Zeit, dem Himmel ein Opfer zu bringen. Er schaute sich um. Die Wälder lagen in Richtung der Berge vor ihm wie ein nicht enden wollendes grünes Firmament. Nach allen Seiten sah er nichts als Bäume. Er kniete nieder und sah das Lamm an.
    Die Götter haben aus Zorn den Himmel dunkel gefärbt, dachte er, nun muss ich sie gütig stimmen. Vom Wald her hörte Ekuos ein kaum vernehmbares Geräusch und drehte sich um. Kurz darauf erschien Kida die Wölfin zwischen den Bäumen und schaute ihn aus ihren gelben Augen an. Sie blieb ruhig stehen und fixierte ihn nur. Er steckte das Messer zurück in den Gürtel, nahm das Gefäß mit der Schafsmilch aus dem Sack, den er auf dem Rücken trug, goss etwas davon in sein Trinkgefäß und stellte es unter dem Baum ab. Dann senkte er seine Lider und wartete. Die eingesogene Luft schmeckte nach Rauch und Blut. Der Tod saß zwischen dem Himmel und den Wäldern, das spürte er ganz deutlich. Es wehte kein Hauch, die Götter atmeten nicht. Was passierte da? Irgendetwas geschah und er wusste nicht, was es war. Aber es musste etwas Fürchterliches sein, das spürte er so deutlich, dass es ihn schmerzte. Das Lamm stand erstarrt unter dem Baum und rührte sich nicht.
    »Ekuos«, hörte er eine Stimme nach ihm rufen. »Ekuos, wo bist du?«
    Ekuos nahm das Messer und führte es an sein Herz. War das der Wille der Götter? Sollte er selbst das Opfer sein? Wer hatte ihn gerufen? Er sah zu der Wölfin hinüber, die am Hügel stand und zu ihm hinuntersah.
    »Kida«, rief Ekuos, »es ist etwas geschehen.«
    Ihr Götter, wendet euch nicht von mir ab. Ekuos berührte seine Augen. Er verneigte sich aus Dankbarkeit für den neu geschenkten Tag. Ich will ihn nützlich verbringen, damit ihr zufrieden seid mit mir. Gebt mir das Licht, damit ich sehen kann. Zeigt mir den Weg, den ich gehen soll.
    Nur die Auserwählten können sehen, dachte Matu. Er stand noch immer am gleichen Fleck, aber er war allein. Die Tiere waren zu Ekuos hinübergelaufen, der in gekrümmter Haltung bei einem Baum stand. Natürlich blieb er bei seinem Hirten, der sich herzhaft die Augen rieb und gleich darauf in einen Halbschlaf glitt, aus dem er sofort und beim nächsten Atemzug aufschrecken würde, sollte sich auch nur die kleinste Regung nah oder fern ereignen. Matu beobachtete ständig die Gegend, denn von überall her lauerten Gefahren für die Herde. Das war seine Aufgabe, wenn Ekuos mit den Wolken sprach. Ekuos sprach auch mit den Bäumen und der Mutter Erde. Matu wusste das, denn er war von Kindesbeinen an der Helfer von Ekuos. Erst recht, nachdem ein weiser Mann Ekuos erkannt hatte und den Leuten im Dorf befahl, ihn als Hirte und Sehenden zu behandeln und von den profanen Tätigkeiten zu entbinden. Matu, stark wie ein Bär, soll ihn beschützen, hatten sie gerufen und seitdem stand er an der Seite von Ekuos. Matu schaute auf den Rücken des Hirten. Die Arme bewegten sich leicht. Niemals würde Matu es wagen, sich einem Baum so anzunähern, wie Ekuos es tat, aber der war ein Auserwählter, für ihn hielten die Götter ihre Schutzschilde bereit.
    Da war sie also wieder. Matu drehte den Kopf leicht zur Seite. Diesmal war sie noch ein Stück weiter aus dem Wald herausgetreten. Lange hatte er sie nicht gesehen, doch er erkannte sie gleich wieder, auch wenn sie älter geworden war. Kida die Wölfin sah zu Ekuos hinüber und hob ihre Nase in den Wind. Matu war nicht ganz wohl in dieser Situation. Ob es hier noch Bären gab, hatte er noch nicht herausgefunden, aber Wölfe gab es sicher und nun beobachtete er, wie Ekuos sich krümmte und selbst auszusehen begann wie ein großer, schwerer alter Wolf. Kida warf den Kopf in den Nacken und begann zu rufen. Matu schloss die Augen und legte seine Hände ineinander. Ekuos hatte Kida als Welpen gefunden und aufgezogen. Sie war an Treue nicht zu überbieten.
    Ekuos legte sich auf den Boden. Im Traum ging er am breiten Fluss entlang, als müsse er etwas suchen. Vom Wasser her hörte er, wie eine fremde Stimme seinen Namen rief, aber er konnte niemanden entdecken, als er sich nach dem Rufer umschaute. Auf dem Fluss war ebenfalls nichts zu sehen und das Wasser rauschte in der üblichen Geschwindigkeit vorüber. Er musste an seinen Vater denken, der nun schon so endlos lange verschwunden war, dass seine Mutter schon gar nicht mehr von ihm sprach. Die Mutter durfte er nicht mehr sehen, nachdem
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