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Störgröße M

Störgröße M

Titel: Störgröße M
Autoren: Bernd Ulbrich
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gallerteähnlichen Pfropfen.«
Gould ließ sich mit der Antwort Zeit. »Ja«, sagte er schließlich. »Kogol hat an alles gedacht. Ein potentieller Finder hat es wirklich nicht leicht.«
»Du meinst, es gibt keinen Kamin?«
»Es sieht ganz so aus.«
»Wie wäre es mit zwei Kaminen, die nach Art von kommunizierenden Röhren miteinander verbunden sind?«
»Du hast in der Schule gut aufgepaßt«, versetzte Gould. »Wer steigt ein?«
Das Los entschied für Gould.
Sie befestigten das Seil an einem Vorsprung. Simak führte es. Rückwärts schreitend stieg Gould in den brodelnden Tümpel. Schon reichte ihm die ölig-viskose Flüssigkeit bis zur Brust.
Mit jedem Meter wurde das Gefälle stärker. Die Temperatur blieb konstant. Der Analysator wies unverändert die chemische Inaktivität der Substanz aus. Viel Sicherheit erzeugte dieses Wissen nicht. Weiter, nur weiter, nicht zögern, um den Schreckensbildern der Phantasie zu lauschen. Sein Helmscheinwerfer entriß dem Dunkel Simaks Gesicht.
Zwischen Sorge und Konzentration versuchte der Gefährte, unerschütterlich zu wirken. Dieser Anblick schien ihm eine Verpflichtung auferlegen zu wollen. Hatte nicht allein die Undurchschaubarkeit der Situation die Spannung geschürt, war er nicht ungerecht? Sie wollten doch das gleiche! Über das Seil flossen Simaks Ruhe und seine Kraft zu ihm. Nicht erst dieser Augenblick hatte ihn Menschen schätzen gelehrt, die ihre Kraft nicht wie ein Kleinod in sich verschlossen. Random kannte sich aus mit Menschen. Mit dieser Hoffnung nickte er ihm zu.
Über ihm schloß sich der Spiegel des Sees. Seinen Anweisungen folgend, gab Simak Seil. Dann ließ der Zug nach.
Gould hatte den Grund, erreicht. Ihm fehlte jede Sicht. Allein der Zufall verkürzte die Suche nach der hypothetischen Querverbindung. Aufrechtgehend konnte er die Röhre passieren. Er teilte Simak mit, der Weg steige nun leicht an. Einige Zeit später setzte er ihn von seiner Umkehr in Kenntnis. Wiederum schilderte er seine jeweilige Position so exakt, wie es ihm seine Lage erlaubte.
Kurz bevor er den Aufstieg begann, brach die Berichterstattung ab. Auf Simaks mehrmalige Anfrage hin gab er lediglich seine Bereitschaft aufzutauchen durch.
Das Seil straffte sich. Simak erschien die Last schwerer als beim Abstieg. Aber das war vielleicht normal.
Wenige Meter vom Ufer entfernt wölbte sich der Spiegel und brach auf. Im grellen Licht des Scheinwerfers tauchten zwei Helme aus der Flut. Wie auf einer Treppe stieg Gould empor. Mit einer Hand hielt er sich am Seil. Der andere Arm umschlang einen ungefügen Schutzanzug. Mit dem Betreten des Höhlenbodens perlte der letzte Tropfen des Öls wie Quecksilber von ihm ab. Simak eilte auf ihn zu. Gemeinsam legten sie Goulds Last nieder. Durch das Fenster des altertümlichen Skaphanders erblickten sie das Gesicht einer Frau.
»Sie lag auf dieser Seite«, erklärte Gould. »Ich bin auf sie getreten.«
Simak sagte nichts. Fassungslos hockte er vor der Toten. Ihr Antlitz war in Todesangst verzerrt. In ihrem letzten Augenblick mußte ihr etwas Grauenvolles begegnet sein, etwas Unbegreifbares. Wie zum Schrei war der Mund geöffnet. Wem hatte sie etwas sagen sollen?
»O Gott«, flüsterte Simak. Er richtete sich auf. Schweigend verharrten sie vor dem Leichnam.
»Es sieht so aus«, bemerkte Gould schließlich, »als hatte sie Kogols Beispiel folgen wollen. Ihr Sauerstoff aber war zu Ende, ehe sie heraus war. Merkwürdig.« Er beugte sich nieder und wälzte sie auf die Seite. Das Manometer zeigte knapp zur Hälfte geleerte Tanks an. Behutsam drehte er die Tote wieder auf den Rücken. Simak war es dann, der trotz seiner Scheu die beiden kleinen Löcher in Höhe des Herzens entdeckte. Sie sahen sich an. Keiner fand den Mut zu sprechen. Das Schweigen dehnte sich zur Unerträglichkeit.
»Sie ist…«, Gould zögerte, »getötet worden.« Da Simak nicht reagierte, fuhr er fort: »Außer ihr befand sich auf dieser Seite nur noch Kogol.«
»Nein!« Simak sprach laut, fast schreiend. Aber erstaunlich rasch hatte er sich wieder in der Gewalt. »Es kann sich nur um die Selbstmörderin handeln.« Seine Stimme umstrickte Gould. »Kogol hat sie hier bestattet. Das wäre doch eine Erklärung. Daran müßte niemand zweifeln.«
»Vom Raumschiff bis hierher? Ein weiter Weg.«
»Er wollte sie alle im Tode vereinen.«
»Das würde passen«, sagte Gould höhnisch. »Daran würden sie glauben! Aber eine Selbstmörderin, die zweimal abdrückt?«
»Es gibt Beispiele. Ich habe
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