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Stimmen

Stimmen

Titel: Stimmen
Autoren: Greg Bear
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hätten Sie Erfahrung damit.«
    Michelle lächelte. »Das hat mir meine Großmutter erzählt, als ich noch ein kleines Mädchen war. Sie war Französin und stammte aus Louisiana.«
    Peter griff nach seinem Glas, und sie stießen nochmals auf Phil an.
    »Möge er fest schlafen«, sagte Michelle.

 
Kapitel 3
     
    Jospehs Wegbeschreibung folgend, fuhr Peter nach Pasadena hinein und weiter durch mehrere schmale Gassen. Die sommerliche Abendluft strömte durch die halb geöffneten Wagenfenster und verbreitete den frischen Geruch von Wacholder und Eukalyptus, gemischt mit dem süßlichen Duft von Geißblatt. Purpurrote Jakaranda-Blüten hatten sich in den Abflussrinnen gesammelt und klebten dort so zusammen, dass sie ganze Ströme bildeten. Altmodische Straßenlaternen sorgten mit ihrem schwachen gelblichen Schein für einzelne Lichtflecken.
    Er fuhr langsam und hielt dabei Ausschau nach einem renovierten Greene&Greene-Haus, [ii] dem klassischen einstöckigen Fachwerkbau mit Elementen japanischer Architektur.
    Sie können es gar nicht verfehlen, hatte Joseph auf der Wegbeschreibung notiert. Die Hausnummer ist von der Straße aus nicht zu sehen. Laut Stadtführer ist vorn eine große Mauer aus Flusskieseln, dahinter ein Bambus-Garten.
    Josephs und Peters letzte gemeinsame Filmproduktion stammte aus dem Jahre 1983 und trug den Titel Q. T., the Sextraterrestrial. Es war Peters teuerster Film gewesen, er hatte dabei eine halbe Million Dollar verbraten. Da der Film seiner Zeit hinterher hinkte, war er erst gar nicht in die Kinos gekommen, sondern nur in den Nachtprogrammen einiger Fernsehsender gelaufen.
    Der Trend zu harten Pornofilmen hatte Peters Filmkarriere schwer zu schaffen gemacht und ihn schließlich aus dem Geschäft gedrängt. Unabhängig von allen moralischen Überzeugungen, hatte Peter sich stets anständiger als seine Konkurrenten verhalten. Seine Damen hatten ihm so am Herzen gelegen, dass es ihm wehgetan hatte, mit anzusehen, wie sie zu Produzenten harter Pornostreifen übergewechselt waren. Einige waren dabei in der Gosse gelandet, andere zu Untergrund-Legenden geworden.
    Dennoch hatte er sich innerlich nie vom Filmemachen verabschiedet. Als er Anfang der Neunzigerjahre Benoliel aufgesucht hatte, um ihn zur Mitfinanzierung eines billigen Horrorfilms zu bewegen, hatte er im Flaubert-Haus eine neue Situation vorgefunden: Joseph hatte vor zwei Monaten eine sehr viel jüngere Frau geheiratet. Michelle hatte Peter sofort sympathisch gefunden und sein Drehbuch gelobt, aber Joseph hatte sich trotzdem geweigert, gutes Geld in einen schlechten Horrorfilm zu stecken. Doch Michelle hatte nicht locker gelassen, Joseph fast schon genervt und Peter gefragt, ob er auch andere Arbeiten übernehmen könne. Und da er bis auf wenige Hundert Dollar völlig abgebrannt gewesen war, hatte er schließlich eingewilligt.
    Joseph Adrian Benoliel, ein Raubein, mit dem nicht leicht auszukommen war, konnte durchaus charmant sein, wenn er wollte. Aber diese Seite zeigte er nur, wenn er irgendetwas brauchte. Und da er eine halbe Milliarde Dollar im Rücken hatte, gab er nur selten zu, überhaupt irgendetwas von anderen zu wollen. Gefördert von Michelle, war Peter im Lauf der Zeit zu dem Menschen geworden, der die besseren Seiten an Joseph Adrian Benoliel hervorkehrte.
    »Sie sind ein Schatz, wissen Sie das?«, hatte sie zu Peter gesagt, kurz nachdem er seine neue Rolle im Haushalt der Benoliels übernommen hatte. Schlank und drahtig in ihren Shorts und dem rückenfreien Oberteil, war sie vor ihm hergegangen. Ihre volle Altstimme und das Klatschen ihrer Sandaletten hatten in dem von Marmor gesäumten Entree zum Flaubert-Haus widergehallt. »Sie glauben gar nicht, welche irren Typen Joseph auszunutzen versuchen. Sie sind genau das, was er braucht.«
    Seit nunmehr dreizehn Jahren arbeitete Peter für die Benoliels, übernahm Kurier- und Transportdienste, traf sich mit bestimmten Leuten, feuerte andere und bewahrte über alles Stillschweigen. Seine Dienste für Joseph und Michelle hatten ihm mehr Geld eingebracht, als er im Filmgeschäft je verdient hatte. Letztendlich war er zu einem brauchbaren Mädchen für alles geworden, konnte damit seine Familie ernähren und musste sich um Geld – in gewissen Grenzen – nicht mehr sorgen.
    Andererseits war eine Falle zugeschnappt: Er hütete sich davor, irgendetwas Neues auszuprobieren, womöglich einen weiteren falschen Schritt zu tun und damit die letzten Dinge zu verlieren, die ihm in seinem Leben
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