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Stimmen

Stimmen

Titel: Stimmen
Autoren: Greg Bear
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diesem Traum erlösen und das, was ihn hier fest hält, durchtrennen kann.
    Wir alle sterben mit Hilfe dieses Tricks, verrät ihm Phil. Es ist so ähnlich wie beim Kükenembryo, das vorübergehend einen Zahn ausbildet, um sich durch die Schale zu picken. Kannst du’s spüren?
    Peter kann es. An jenem Zufluchtsort funkeln Lichter. Er spürt, wie er in ein anderes Land hinüberwechselt.
    Peter entspannt sich, wirft das Gepäck ab, lässt das Boot los.
    Das Zimmer füllt sich mit strahlend schönem Licht, aber es ist niemand da, der es sehen könnte, diesmal nicht.
    Wie es ja auch sein sollte. Manche Dinge behält man am besten für sich.
     
    •
     
    Und das ist die letzte ihrer Erinnerungen, die sich jetzt von ihnen lösen, wie abgestorbene Haut: wie sie noch ein Weilchen Schach spielen. Es ist ein lockeres Spiel, ohne viel Schwung, das sich in die Länge zieht, weil sie keine Mitte mehr haben. Nach und nach können sie sich nicht einmal mehr an das erinnern, was einen Augenblick zuvor geschehen ist. Die Augenblicke selbst dehnen sich zu unglaublich langen Zeitspannen. Die Dunkelheit hat sich mit Macht über sie gesenkt, es ist die vorletzte Phase im Prozess der Loslösung von dieser Welt, der Auflösung des alten Ich. Danach kommt das Nichts, und es kommt als Gnade.
    Doch selbst jetzt noch ist das wenige, das von Peter übrig ist, darauf aus, Ausschau zu halten und nach Möglichkeit auch zu beschützen. Was von Phil geblieben ist, wird ihm nicht von der Seite weichen. Immer noch können sie irgendetwas ihr Eigen nennen, denn sie sind zusammen.
    Die Schachfiguren, die wie Monster aussehen, lauern auf der einen Seite des Schachbretts, und ihre Gegner, die Gespenstern ähneln, auf der anderen.
    Ich hab deinen Verteidiger geschnappt.
    Und ich deinen.
    Sie werden nicht kampflos abziehen.

Ein Gespenst ist eine Rolle ohne Schauspieler.
    Gespenster sind wie Filme: Die Geschichte spult weiter ab, auch wenn in Wirklichkeit keiner der Akteure mehr präsent ist. Wie verwelkte Haut verweilt ein Gespenst meistens noch so lange unter den Lebenden, wie es deren zerbrechliche Körper schützen kann.
    Gar nicht so selten geschieht es, dass Menschen ohne inneren Kern auf die Welt kommen oder das bisschen Innenleben, das sie besitzen, auch noch verlieren. Das sind lebende Gespenster. Und wenn sie sterben – manchmal sogar noch früher –, tut sich ein Loch auf, durch das sich etwas aus dem Schattenreich ins Land der Lebenden schleicht.
    Wir alle waren in jener Stadt versammelt, die davon lebt, Gespenster zu erzeugen. Wir waren dabei, als ein Mann damit anfing, die kostenlose Vernetzung der Stimmen anzubieten. Und wir sind auch jetzt dort – jämmerliche kleine Puppen, nichts als Staub.
    Und dennoch eure Freunde – wenn ihr das nur erkennen könntet. Hättet ihr doch wenigstens so viel Grips, die Augen offen zu halten. Vielleicht hört ihr jetzt zu, auch wenn ihr’s früher nie getan habt.
    Bald schon werdet ihr zu uns stoßen.
    Ihr seid als Nächste dran.
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