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Stadt der Fremden

Titel: Stadt der Fremden
Autoren: China Miéville
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traurig sein. Und Hausdach, dessen richtiger Name sagg  |  leav-veth war, musste sehr einsam sein. Er beobachtete die mit Ritzen und Gesten durchgeführten Unterhaltungen um ihn herum, und mir ging durch den Kopf, dass es für ihn wie eine kleine Hölle sein musste, nur noch von Veränderten umringt zu sein. Du hast uns gerettet , dachte ich über ihn. Ohne dich wären wir gestorben . Als ob das ihn trösten könnte.
    Jeden Tag berichtete mir Spanischer Tänzer von den Fortschritten. Wenn ich so darüber nachdenke, was es war, das sich dort tatsächlich ereignete, was die Absurden und die Neuen Hörenden erreichten, dann dauerte es überhaupt keine Zeit. Ich weiß nicht, wie viele Tage des Kampierens bei diesen schweigenden Diskussionen vergangen waren, bis ich bemerkte, dass es Cams gab, die uns beobachteten und dabei nervös im Wind umherwirbelten. Doch ich wusste, wir waren längst bereit.
    »Jesus«, sagte ich und wies Bren auf sie hin. »Christus Pharotekton.« Ich stand unterhalb der Cams, gestikulierte in ihre Richtung wie die seit Kurzem ausdrucksfähigen Ariekei und winkte sie herbei.
    Die Cams waren Späher von einem Schwarm rund um EzCals Schiff. Es konnte nicht weit entfernt sein: Sie waren den Anweisungen und Zusicherungen von Abtrockner und Täufer gefolgt. Einige Vesp-Cams schienen zurückweichen zu wollen, andere fokussierten sich auf uns. Es war jetzt zu spät für die Gott-Droge, wieder umzukehren, Übertragungen zu blockieren und Unwissenheit vorzutäuschen, selbst wenn sie verstanden, was sie da sahen. Die Feeds von diesen kleinen Linsen wurden nicht nur in dem herannahenden Schiff betrachtet, sondern von Tausenden von Botschaftsstädtern.
    »Hört zu!«, rief ich, und ich war mir bewusst, dass sich viele ariekenische Augen auf mich richteten. Die Linsen jagten hin und herwie ängstliche Mücken und flogen dann ein wenig niedriger. »Hört mir zu«, sagte ich und biss im Wind meine Zähne zusammen. »Hört mir zu!«
    »Sie müssen sich gefragt haben, was das für eine Verzögerung war«, meinte Bren. »Was die Absurden aufhielt. Wie lange schon warteten sie? Sie haben sich versteckt, warteten auf den eigenen Tod und fragten sich, was das für ein Stillstand war.«
    »Hört zu!«, rief ich erneut. »Bringt sie her! Bringt EzCal jetzt hierher.«
    Ich zeigte auf Spanischer Tänzer und auf die Fächerflügellosen, zu denen er sprach. Dann wiesen zuerst Spanischer Tänzer und anschließend nacheinander all die Hunderte von Absurden auf mich. Die Cams surrten und veränderten ihre Positionen, und ich hielt meine Augen auf einen festen Punkt gerichtet, als ob der kleine Schwarm ein einziges Wesen wäre, in dessen Auge ich starrte.
    »Bringt sie jetzt hierher. EzCal … Könnt ihr mich sehen, EzCal?« Ich stieß meine Hand nach vorn. »Cal, komm jetzt her und bring deinen verdammten Handlanger mit … Ihr werdet leben, also sagt das allen weiter. Botschaftsstadt, könnt ihr mich hören? Ihr werdet leben. Doch EzCal, ihr solltet besser herkommen und herausfinden, was ihr tun müsst. Denn es gibt einige Bedingungen .«

29
    So viel will ich EzCal zugestehen: Als sie nicht sprachen, als sie dastanden und über den Höhenrücken hinausblickten, hinab auf kilometerweite Landstriche und die Lagerstadt der Absurden, da sahen sie monumental aus. Das verdienten sie eigentlich nicht.
    Sie trugen ein barockes Gepränge zur Schau. Vielleicht war es ein Trost für einige Botschaftsstädter. Es gab Bordüren mit Talmiglanz auf Cals Kleidungsstücken und einen Kamm auf seiner Äoli-Maske. Selbst Ez trug Purpur.
    Im Schweigen hatten sich ihre Mängel verwandelt oder wurden so zumindest vertuscht. Cals spöttisches Lächeln ging als königlich durch, Ez’ Schmollen als nachdenkliche Zurückhaltung. Sie hatten ein kleines Gefolge dabei, Leute, die erst kürzlich meine Kollegen gewesen waren. Einige grüßten mich und Bren, als ihr Flieger landete. Simmon schüttelte mir die Hand. Southel war gekommen und MagDa ebenso. Ich konnte ihre Gesichtsausdrücke nicht deuten. Wyatt war auch bei ihnen. Er wurde immer noch bewacht, wie es schien, doch um Rat gefragt – ein großer Administrator, Gefangener und zugleich Wesir. Er blickte mir nicht in die Augen. Täufer und Abtrockner waren zurück aus Botschaftsstadt; sie traten nach unten und begrüßten ihre Gefährten. Grüßten mich. Die Botschaftsstädter beobachteten sie bei ihrem Tun, das ein großer Schock für sie sein musste. Diese Reise hatte sich nicht als das
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