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Stadt der Fremden

Titel: Stadt der Fremden
Autoren: China Miéville
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werden bitte mit uns kommen  |  Sie werden bitte mit uns kommen .«
    Die Neuen Ariekei waren erstaunt zu erfahren, dass Terre-Wesen mehr als eine Sprache haben. Ich lud Französisch hoch. »Ich, je; ich bin, je suis«, erklärte ich.
    Spanischer Tänzer war offensichtlich sehr erfreut und sagte zu mir: » je voudrais venir avec vous  |  ich möchte mit Ihnen kommen .«
    Das ist nicht seine einzige Innovation. Sie sprechen hier nicht Englisch-Ubiq, sondern Englisch-Ariekei. Ich bin eine Schülerin dieser neuen Sprache. Sie hat ihre Feinheiten. Als ich einmal Spanischer Tänzer fragte, ob er es bedauerte, das Lügen gelernt zu haben, hielt er inne und antwortete dann: » ich bedaure nichts  |  ich bedaure .« Vielleicht war dies ja eine Aufführung, doch ich beneidete ihn um diese Präzision.
    Ich frage mich, ob Spanischer Tänzer sich selbst nachtrauert. Falls er mich lesen lässt, was er aufschreibt – ich bin mir fast sicher, dass es sich dabei um die Geschichte des Krieges handelt –, finde ich es vielleicht heraus.
    Er erzählte mir eine andere Geschichte. Als Täufer und Abtrockner nach Botschaftsstadt zurückkehrten und vorgaben, Redies zu sein, um EzCal zu überreden, in die Wildnis zu kommen, wo wir ihn erwarteten, empfing die Gott-Droge sie nicht. EzCal ließ ihnen ausrichten, sie sollten ihre Nachricht stattdessen durch eines der Mitglieder seiner regulären ariekenischen Gefolgschaft übermitteln, das bei der Begegnung die beiden als Anhänger des umstrittenen surl  |  tesh-echer wiedererkannte.
    Der Betreffende wusste, dass etwas nicht stimmte: Er hätte diebeiden ausliefern können. In einem meisterhaften Moment der Entscheidung gestanden Täufer und Abtrockner augenblicklich ihrer Kontaktperson die wahre Situation: dass für alle von ihnen neue, bessere Zeiten kommen würden, wenn man EzCal hinauslocken könnte.
    Obgleich der Betreffende wusste, dass die beiden wie ihr Prophet Lügner sein könnten, entschied er sich dafür, ihnen zu glauben. Da er das erste Mal seit langer Zeit Hoffnung erhalten hatte, ging der Funktionär zu EzCal und erzählte ihnen genau das, was Täufer und Abtrockner hatten sagen wollen. Doch sie waren Neue und er nicht. Er kannte die Wahrheit, und er hatte niemals zuvor gelogen. Er hatte seine Gefühle in Sprache verbergen müssen und es mit einer wahren Herkulesanstrengung und mit Glück geschafft, Worte auszustoßen, die für ihn selbst wie Grunzlaute klangen. Das war der wahre Held des Krieges, erklärte mir Spanischer Tänzer – dieser namenlose Ariekei, der damals die einzige Lüge seines Lebens gesagt hatte.
    Es wäre für Bremen nicht allzu schwierig, uns zu zerstören. Aber ich glaube, wir können dafür sorgen, dass sie einen Vorteil davon haben, es nicht zu tun. Ein Krieg quer über das Immer ist nicht billig. Wir müssen sicherstellen, dass wir nützlich sind. Wir wissen, was unser Nutzen sein kann. Schaut auf uns hier, am dunklen Rand des Immer!
    Es wird den Hafen geben, den sie wollten. Innerhalb einer örtlichen Dekade. Wir werden der letzte Außenposten sein. Das war stets unsere zugedachte Rolle, aber jetzt wissen wir es. Und auch, wenn es nicht ganz das ist, was unsere Metropole im Sinn hatte, können wir uns jetzt selbst leiten.
    Willkommen in Botschaftsstadt, dem Grenzgebiet. Ich weiß, wie schnell die Geschichten entstehen werden. Ich bin eine Immer-Eintaucherin: Ich habe sie gehört. Leute werden erzählen, dass direkt hinter unseren Küsten die El-Dorado-Immerländereien sein werden – verlassene, seit Langem verlorene Schiffe, Erde, Gott … In Ordnung dann.
    Ich weiß, was für Windhunde kommen werden und welche Piraten. Mir ist die Wahrscheinlichkeit bewusst, dass Botschaftsstadtein Slum wird. Aber wir werden verrotten und sterben oder durch Bremens Shiva-Bombe gänzlich ausgerottet sein, wenn wir keinen Nutzen haben. Scile in seiner visionären Dämlichkeit, sich an der Rettung der Ariekei zu versuchen, hätte sie verdammt: Falls sie uns getötet hätten, bevor die Unterstützung kam, hätte das Bremen nicht davon abgehalten, im Gegenzug einen Völkermord zu verüben. Ich erinnere mich daran, dass Scile nicht von einer Kolonie stammt, wenn er es nicht schafft, an solche Dinge zu denken.
    So ist es uns bestimmt, durch Träumereien und Glücksritter verwüstet zu werden. Wir werden die Wildnis sein. Ich bin auf gesetzlosen Planeten und in Pionierstädten gewesen: Sogar diese Durchgangsstationen haben ihre guten Seiten. Wir werden den Himmel
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