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Spur ins Eis

Spur ins Eis

Titel: Spur ins Eis
Autoren: Blake Crouch
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brauche ich nicht mehr, dachte er. Er erhob sich, wischte seine Tränen weg und ging mit dem Sweatshirt in der Hand den Flur entlang zum Wohnzimmer. An der Tür blieb er stehen.
    Sie saßen immer noch auf der Couch.
    Seine Tochter. Sein ungeborenes Kind. Seine Frau.
    Er dachte an all die Frauen, die er aus der Lodge gerettet hatte, und stellte sich vor, wie auch sie, in diesem Augenblick, mit ihren Familien, die nie erwartet hatten, sie wiederzusehen, Weihnachten feierten.
    Er reichte Rachael das Sweatshirt und sagte : »Ich muss noch mehr Holz holen. Ich gehe mal kurz nach draußen.« Er ging in die Küche, schlüpfte in seine Stiefel und ging durch die Hintertür hinaus. Devlin setzte sich auf den kühlen Holzboden neben ihre Mutter.
    »Wie war denn Weihnachten für dich und Dad, als ich weg war ?«, sagte Rachael.
    »Ich weiß nicht. Wir haben nicht viel gemacht. Es war einfach nur … traurig. Wirklich traurig. Letztes Jahr haben wir zum ersten Mal einen Baum aufgestellt. Und wie war es bei dir ?«
    »Ich wusste gar nicht, wann Weihnachten war, Liebes. Für gewöhnlich wusste ich noch nicht einmal, ob es Dezember war. Aber ich kann mich erinnern, dass ich manchmal dachte : Das fühlt sich an wie Weihnachten. Aber ehrlich gesagt bin ich froh, dass ich es nicht wirklich wusste. Ich glaube, das hätte ich nicht ertragen.« Rachael sog scharf die Luft ein und zuckte zusammen. »Ooooh.«
    »Was ist ? Stimmt etwas nicht ?«
    Sie rieb sich über den Bauch. »Alles in Ordnung. Das war nur eine kleine Wehe.«
    »Ist es denn schon Zeit ?«
    »Nein, Liebes. Das sind nur Senkwehen. Wenn es wirklich losgeht, merkst du es schon.«
    »Wie ?«
    »Dann fluche ich wie ein Matrose.«

79
    Es war eine kalte, windstille, sternenklare Nacht. Der Kies knirschte unter Wills Stiefeln.
    Das Brennholz war am Steinkamin an der Seite des Hauses gestapelt. Er lud sich die Arme voll, trug es zur Veranda und ließ es vor der Treppe fallen. Auf dem Weg zurück zum Holzstapel blieb er stehen. In der Ferne schimmerte die Weide im Mondlicht. Schatten bewegten sich dort.
    Er erstarrte. Das Herz schlug ihm bis zum Hals, als er erkannte, dass es etwa ein halbes Dutzend Rehe waren, die zum Trinken an den Bach sprangen. Im hellen Mondschein wirkten sie fast weiß, und er konnte ihren Atem sehen.
    Will atmete langsam aus, als die Angst nachließ. Er fragte sich, ob es wohl immer so sein würde – diese atemlose Angst, wenn er um eine Ecke kam, wenn er Ausschau nach einer Bewegung hielt, wo keine sein sollte. Er konnte sich tausendmal sagen, dass die Alphas nicht nach ihm suchen würden, aber das bedeutete noch lange nicht, dass es nicht passieren würde. Messing hatte recht gehabt. Auf diese Dinge hatte er keinen Einfluss.
    Leben Sie Ihr Leben, Mr Innis .
    Scheiß auf die Angst.
    Will griff in die Tasche und zog Javiers BlackBerry heraus, den er vor zwei Monaten aus Kalyns Rucksack genommen hatte, bevor sie ausgeflogen worden waren.
    Er sorgte dafür, dass er immer aufgeladen war, und trug ihn in der Tasche wie eine Zeitbombe. Er wartete auf einen Anruf – von wem, wusste er nicht. Vielleicht von Javs Frau oder einem Alpha-Compadre.
    Er schaltete ihn ein und blickte auf den Bildschirm. Bis jetzt hatte es keine Anrufe gegeben. Und es würde auch keine geben. Er hatte das Gerät als Talisman mit sich herumgetragen – jede Stunde hatte er nachgeschaut, ob es Nachrichten gab –, als ob die Alphas zuerst anrufen würden, bevor sie kämen, als ob seiner Familie ohne vorherige Warnung nichts passieren könnte, solange er aufpasste.
    »Ich sollte das Scheißding wegwerfen«, sagte er laut. Er packte den BlackBerry fester und drückte dabei unabsichtlich auf einen Knopf an der Seite.
    Auf dem Bildschirm tauchte eine Menüliste auf. SMS Outbox weckte sein Interesse, und er klickte den Ordner auf, wobei er sich fragte, warum ihm das nicht schon früher eingefallen war. Vielleicht fand er ja ein paar Telefonnummern und Adressen von Javiers Partnern, die er an Agent Messing weiterleiten konnte.
    Die letzten beiden SMS waren an dieselbe Telefonnummer mit der Vorwahl von Phoenix abgeschickt worden.
    Freitag, 19. Oktober 2007. 10.41 AKDT
    J-Arctic Skies, Buck Young. Wir fliegen heute um 13.00 Uhr in die Wolverine Hills, 350 Kilometer westlich von Fairbanks. K.
    Donnerstag, 18. Oktober 2007. 23.03 Uhr AKDT
    J-Fairbank, Alaska. Heil angekommen, aber nur mit knapper Not. K.
    Er öffnete den Kalender auf dem BlackBerry. Sein Herz schlug schneller, und sein Mund
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