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Spur ins Eis

Spur ins Eis

Titel: Spur ins Eis
Autoren: Blake Crouch
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verletzen. Sie parierte den Angriff mit dem Ellbogen, und mit der anderen Hand packte sie sein Handgelenk. Mit einem raschen Ruck brach sie ihm den Unterarm. Es knackte leise, und er stieß einen Schmerzensschrei aus, den sie mit einem harten, wütenden Schlag auf die Kehle erstickte.
    Mit aller Kraft packte sie Fidel an Arm und Schulter und schleuderte ihn zum Fenster.
    Die Federn quietschten.
    Fidel schrie.
    Im Mondschein sah sie, dass er zwischen den rostigen Kiefern der Grizzly-Falle steckte. Die Zähne bohrten sich in seinen Rücken und seinen Bauch, und die Gelenke schlossen sich immer weiter.
    Er schrie Javiers Namen.
    Kalyn trat zu ihm und sah die Blutlache, die sich unter ihm ausbreitete.
    Sie bückte sich, um sein Messer aufzuheben.
    Por favor, flehte er. »Ich kann meine Beine nicht spüren.«
    Kalyn lächelte, trotz ihrer eigenen Schmerzen. Er spuckte sie an.
    »Ich will es mir leicht machen«, sagte sie. »Und dir auch. Leg deinen Kopf zurück. Zeig mir deine Kehle.«
    Er sagte etwas auf Spanisch, das sie nicht verstand.
    »Hör mal, ich habe noch anderes zu tun. Willst du hier sitzen bleiben und langsam verbluten, während die Falle immer weiter zuschnappt ?«
    » Dios« , flüsterte er. »Dios.« Er konnte sich noch nicht einmal bekreuzigen.
    Fidel starrte an die Decke und dachte an eine Frau namens Maria.
    Devlin legte das Gewehr an und versuchte sich zu erinnern, was Kalyn ihr vor ein paar Stunden gesagt hatte. Es gibt einen gewaltigen Rückstoß, deshalb musst du dich dagegen stemmen. Ziel auf den Kopf oder unter die Taille. Sie stand auf der Schwelle, einen Fuß im Zimmer, einen Fuß im Flur.
    Devlin zielte auf den Kopf des Mannes und legte ihren Finger um den Abzugshahn.
    Sie drückte.
    Nichts geschah.
    O Gott, ich habe nicht durchgeladen.
    Das Baby schrie.
    Javier blickte über die Schulter und sah Devlin in der Tür stehen.
    Als Will auf den Flur hinaus trat und mit seinem Gewehr auf Javier zielte, rollte etwas über den Boden, zwischen seine Beine.
    Will nahm verschiedene Bilder gleichzeitig auf : Devlin, die sich mit ihrem Gewehr abmühte ; Javier, der sich abwandte und seinen Kopf schützte ; Rachaels fragender Gesichtsausdruck, als das schwarze Ding vor ihrem linken Stiefel liegen blieb.
    Und dann explodierte Wills Welt in einem gleißenden, blendenden Lichtblitz.

72
    Kalyn hörte die Explosion, als sie Fidel das Magazin der Browning wieder abnahm. Sie humpelte durch die Dunkelheit des Flurs, um wieder ins Helle zu kommen, wo sie ihre Schnitte untersuchen konnte. Sie schmerzten schrecklich, vor allem der an ihrem Bauch, obwohl sie nicht mehr so stark zu bluten schien wie vorhin.
    Zehn Meter, bevor der Korridor sich zur Halle öffnete, blieb sie stehen. Der weiße Wolf trottete am freistehende Kamin vorbei auf den Südflügel zu. Zuerst dachte sie, er hätte sie nicht gesehen, er wolle vielleicht zur Treppe, aber seine Nackenhaare sträubten sich bereits, und er knurrte tief in der Kehle – ein bösartiger, gutturaler Laut. Der Browning lag in der Halle, Fidels Messer hatte sie im Alkoven gelassen, und sie hatte keine Zeit mehr, das einzige unverschlossene Zimmer am Flur zu erreichen – der Raum, in dem ihre bewusstlose Schwester lag.
    Im dritten Stock sind Waffen – ein Gewehr und eine Maschinenpistole.
    Der Wolf tauchte in die Dunkelheit des Flurs ein, und sie drehte sich um und rannte, so schnell sie konnte, den Gang entlang. Bei jedem Schritt schoss ein scharfer Schmerz durch ihren Bauch.
    Als sie den Alkoven erreichte, war der Wolf schon dicht hinter ihr. Die Distanz zwischen ihnen wurde mit jedem Schritt geringer. Auf der Treppe, dachte sie, würde sie sicher schneller sein. Er kam bestimmt nicht so schnell die Stufen hinauf.
    Sie wandte sich zur Treppe.
    Von oben kam der graue Wolf herunter. Als er sie sah, knurrte er. Seine Zähne schimmerten hell im Mondlicht.
    Der weiße Wolf hatte sie fast erreicht.
    Sie sah das Fenster. Die Scheibe war zerbrochen. Sie hatte keine andere Wahl. Entschlossen sprang sie hindurch.
    Auf der anderen Seite versank sie tief im Schnee. Der Haupteingang ist verriegelt, dachte sie. Aber wenn ich dagegen hämmere, lässt er mich sicher hinein. Ich muss nur erst einmal dorthin kommen. Aber das war ein langer Weg, die ganze Länge des Südflügels entlang, durch tiefe Schneewehen.
    Sie schwamm praktisch durch den Schnee. Ganze Klumpen fielen ihr in den Nacken und schmolzen unter ihrer Jacke. Der Wind hatte aufgefrischt und blies ihr den Pulverschnee ins
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