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1577 - Der Engelssohn

1577 - Der Engelssohn

Titel: 1577 - Der Engelssohn
Autoren: Jason Dark
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Sie blieb auch nicht mehr liegen, richtete sich auf und setzte sich auf die Bettkante. Hinter der Stirn spürte sie den leichten Druck, der sich nach beiden Seiten verteilte.
    In der zweiten Betthälfte lag ihr Mann, der Templerführer Godwin de Salier. Er hatte von Sophies Erwachen nichts bemerkt und war gefangen in seinem tiefen Schlummer.
    Sophia oder auch Sophie Blanc - sie hörte auf beide Namen - ließ ihn schlafen.
    Sie war sicher, dass es einen Grund für ihr Erwachen gab.
    Ihn mit dem Wetterumschwung zu erklären, erschien ihr zu einfach. Zwar besaß sie keine Beweise für ihre Annahme, aber sie ging davon aus, dass sie irgendwie gewarnt worden war. Im Traum hatte ihr jemand diese Botschaft geschickt.
    Und jetzt?
    Sie hatte sich noch nicht entschieden und blieb an ihrem Platz. Aber sie hatte die Augen leicht zur Seite gedreht, sodass sie zum Fenster schauen konnte.
    Es war noch dunkel. Und trotzdem erkannte sie eine Bewegung. Zu fürchten brauchte sie diesen Vorgang nicht. Es waren nur die dichten grauen Nebelschwaden, die durch den Garten zogen. Die morgendliche Feuchtigkeit tat der Natur zudem gut, denn in den letzten Tagen hatte die Sonne schon erbarmungslos vom Himmel gebrannt und den Boden ausgedörrt.
    Die Frau mit den blonden Haaren legte sich nicht wieder zurück. Wenn sie etwas störte, dann wollte sie ihm auf den Grund gehen, und daran wollte sie auch heute nichts ändern. Es war für sie wichtig, die Wahrheit herauszufinden. Sie wollte ihre innere Unruhe loswerden und nachforschen, was da eventuell geschehen war, was sie noch nicht nachvollziehen konnte.
    Sophie Blanc bewegte sich leise. Auf keinen Fall wollte sie, dass Godwin erwachte. Er hätte ihr zu viele Fragen gestellt, und sie wäre kaum fähig gewesen, ihm zufriedenstellende Antworten zu geben. So war es besser, wenn er weiterschlief.
    Barfuß wollte sie nicht gehen und schlüpfte in ihre schmalen Pantoffeln.
    So bewegte sie sich auf das Fenster zu. Es zeichnete sich als viereckiger Umriss im Gemäuer ab und war nicht ganz geschlossen.
    Godwin hatte es vor dem Schlafengehen gekippt.
    Sie wusste, dass es draußen dunstig war. Trotzdem blieb sie bei ihrem Plan, wobei sie das Gefühl hatte, von einer inneren Stimme geleitet zu werden.
    Sie ließ das Fenster noch geschlossen, als sie einen ersten Blick nach draußen warf und dabei sehr wenig sah. Dunst ja. Er war über die Mauern des Klostergartens gekrochen und bedeckte die Hecken und Beete. Selbst die kleine Kapelle hielt er umhüllt. Da waren nicht mal Umrisse zu sehen.
    Sie wartete ungefähr eine Minute ab und spielte dabei die Beobachterin.
    Auf ihrer Haut lag ein dünner Schweißfilm. Sie hörte ihren regelmäßigen Herzschlag. Es war eigentlich alles in Ordnung, und dennoch gab es für sie ein Problem. Das spürte sie. Das sagte ihr die innere Stimme.
    Als sich nach Ablauf einer gewissen Zeit nichts ereignet hatte, entschloss sich die Frau, das Fenster völlig zu öffnen. Möglicherweise war sie dann in der Lage, mehr zu erkennen.
    Als sie das Fenster ganz geöffnet hatte, wehte ihr die Kühle des frühen Morgens ins Gesicht.
    Da taten ihr die Nebelschwaden sogar gut. Sie beugte sich vor, hielt die Augen weit offen und versuchte etwas zu erkennen, was dafür gesorgt haben könnte, dass sie aus dem Schlaf erwacht war.
    Da gab es nichts.
    Nur der Dunst war vorhanden, der sich aber kaum bewegte. Mit ein bisschen Fantasie hätte man aus ihm hin und wieder ein paar Figuren ausmachen können, doch das interessierte sie nicht. Sophie suchte etwas anderes, wobei sie nicht wusste, was es konkret war. Etwas musste ihren Schlaf gestört haben. Etwas Fremdes. Da war sich die blonde Frau sicher.
    Zeit verstrich. Sekunde reihte sich an Sekunde. Und die Hoffnung, etwas herauszufinden, schmolz immer mehr dahin. Bis zu dem Augenblick, als sie etwas hörte, was es eigentlich nicht geben konnte.
    Es war das Weinen eines Kindes!
    Sophie Blanc war schon vorher ruhig gewesen. Nun aber stand sie wie erstarrt am Fenster. Zuerst glaubte sie an eine Täuschung. Sie dachte auch an ein Tier, das sich im Klostergacten aufhielt und diese Laute ausstieß.
    Nein, das war es nicht.
    Auch wenn sie selbst keine Kinder hatte, dieses leise Weinen konnte nur von einem kleinen Kind stammen, das sich irgendwo vor ihr im Garten befand.
    Es war verrückt. Es war auch nicht nachvollziehbar, aber sie war keinem Irrtum erlegen.
    Sophie drehte den Kopf. Sie schaute zurück zum Bett. Dort lag ihr Mann nach wie vor in tiefem Schlaf.
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