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Sprengkraft

Sprengkraft

Titel: Sprengkraft
Autoren: Horst Eckert
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E-Mail geschickt: die Abschrift des Geständnisses von Norbert Still, den die Medien seit seiner Festnahme den › Moscheebomber‹ nannten.

    Die Ergebnisse des LKA-Labors hatten Still zum Reden gebracht. Die Sachbeweise waren deutlich: Sprengstoffpartikel auf dem Couchtisch in seinem Haus, zudem hatten Bispings Leute Asche in Stills Mülltonne entdeckt. Ein rötlicher Papierfetzen war nicht vollständig verbrannt. Zwar stand auf ihm keine Identifikationsnummer, aber die Papiersorte entsprach den Hüllen, in die Orica Germany seinen Bestseller zu packen pflegte: Eurodyn 2000. Still hatte eingesehen, dass sein Schweigen ihm nichts bringen würde.

    Inzwischen hatte er auch den Mord an Noureddine zugegeben und die Tat damit begründet, dass er geglaubt habe, nur so das Leben seines Informanten Yassin schützen zu können – eine hanebüchene Ausrede, die ihm nie und nimmer einen Strafnachlass bescheren würde.

    Der politische Schaden war enorm. Anna hatte nie viel für die Figuren übrig gehabt, die in Berlin und Düsseldorf am Ruder waren. Aber der Gedanke, dass die Machtmittel, die diese Leute unter dem Vorwand der Terrorbekämpfung derzeit anhäuften, einmal in die Hände der Freiheitlichen fallen könnten, beunruhigte sie.

    Sie begann, den Abschlussbericht für die Akte des KK 11 zu tippen. Mordsache zum Nachteil des Noureddine Diouri, geboren am …

    Immer wieder schweiften ihre Gedanken ab. Drei Wochen war es her, dass Zander und sie den Fischladen der Diouris aufgesucht hatten.

    Anna stand auf und lauschte an der Verbindungstür. Sie stellte sich vor, der Padre säße nebenan und telefonierte. Seine Kaffeemaschine gurgelte – er hatte sie stets mitversorgt. Sie öffnete die Tür und betrat das Nachbarzimmer. Ihr fiel auf, wie unpersönlich es wirkte. Nicht einmal eine Grünpflanze in Hydrokultur. Zander hatte es nicht eilig gehabt, hier heimisch zu werden.

    Sie öffnete die Dose mit dem Kaffeepulver. Zwei Zwanzigeuroscheine steckten darin. Ihre erste und einzige Wette – der Padre hatte fest an den Ermittlungserfolg geglaubt.

    Sie beschloss, ihm für das Geld Blumen aufs Grab zu stellen.

    Die Beerdigung vor drei Tagen – Anna hatte Zanders Tochter Pia kennengelernt. Aber kein einziger der Obermuftis hatte sich blicken lassen.

    Zander trickste, war selbst kriminell. Tun Sie nicht so, als wüssten Sie das nicht.

    Anna fielen die zwei Kilo Heroin ein, die nie aufgetaucht waren – sie wollte lieber nicht wissen, was ihr Kollege damit angestellt hatte.

    Er war ein guter Kerl gewesen. Basta.

    Ihr Telefon klingelte. Es war Paul, der sich mit ihr zum Mittagessen verabreden wollte.

     
    Anna hatte den koreanischen Imbiss vorgeschlagen, den sie einmal mit Zander besucht hatte. Paul studierte die Karte und machte eine amüsierte Bemerkung über die Internationalität des Angebots: Gyros-Pizza, Leberkäse Hawaii, Schnitzel süß-sauer.

    »Letztlich ist alles Hund«, sagte Anna, sich an eine Bemerkung ihres toten Partners erinnernd.

    Sie entschieden sich beide für Salat.

    »Wie geht es deinem Vater?«, fragte Anna.

    »Gut. Er hat mich übrigens in zehn Zügen geschlagen. Und das Blöde ist, dass ich nicht weiß, wo ich den Fehler begangen habe.«

    »Ich schätze, du hast ihm damit eine Riesenfreude bereitet.«

    »Ja, ich rangiere bei ihm gleich hinter Beethoven, Scotch der Marke Glenfiddich und der Lindenstraße im Fernsehen.«

    »Immerhin.«

    Paul stocherte in seinem Salat.

    »Wie alt bist du eigentlich?«, fragte Anna.

    »Neununddreißig, wieso?«

    »Du lügst.«

    »Wie kommst du darauf?«

    »Du hast den Song erkannt, den der Padre als Klingelton auf dem Handy hatte. In-A-Gadda-Da-Vida ist von 1968. Hab ich im Internet nachgesehen.«

    Paul lachte. »Ich bin in der ostwestfälischen Provinz aufgewachsen. Die geilsten Scheiben kamen da immer mit Verspätung an.«

    »Auch das noch«, antwortete Anna. »Ein Sportwagentyp aus Ostwestfalen, der auf Hardrock steht.«

    »Und wie alt bist du?«

    »Tu nicht so. Als Staatsschützer hast du doch schon längst meine Daten abgefragt und mich obendrein auf Verfassungstreue durchleuchtet.«

    »Stimmt.«

    »Versprich mir, dass du nie meine Wohnung verwanzen wirst!«

    »Versprochen.« Paul räusperte sich. »Wie hat Jonas es eigentlich aufgenommen?«

    Anna gabelte Grünzeug und kaute.

    »Du hast es ihm doch gesagt, oder?«

    »Entzückt war er nicht gerade«, antwortete sie.

    Paul griff nach ihren Händen. »Hättest du Lust, mich am Wochenende zu
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