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Sprengkraft

Sprengkraft

Titel: Sprengkraft
Autoren: Horst Eckert
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Schinken – Moritz tippte auf ein Original von Gerhard Richter. Davor hatte sich ein Streichquartett postiert, das Barockmusik zum Besten gab, während die Mädels vom Cateringservice Häppchen und Getränke verteilten. Moritz hatte Alex Vogel mitgebracht – eine gute Chance, die Beziehungen zur Presse auszubauen.

    Während der Fahrt nach Büderich hatten sie spekuliert, wie sich die politische Landschaft Deutschlands in den nächsten Jahren wandeln würde. Mit jedem Kilometer, den sie zurücklegten, verloren die etablierten Parteien zugunsten der Freiheitlichen an Boden. Nach der Rheinquerung stand fest, dass Moritz’ Truppe im nächsten Jahr auch den Einzug in den Bundestag schaffen würde.

    Verhaltener Applaus, die Streicher begannen, ihr zweites Stück zu fiedeln, etwas Bekanntes von Bach. Der Hausherr empfing Moritz und seinen Begleiter. »Kommen Sie«, raunte Valery. »Ich will Ihnen etwas zeigen.«

    Der Gastgeber führte sie in den Keller. Viel helles Holz, eine Sauna nebst Bar. Vogel runzelte die Stirn. Als Valery eine weitere Tür öffnete und Stimmen zu hören waren, ahnte Moritz, was kommen würde.

    Sie betraten einen Ausstellungsraum. Vitrinen voller Soldatenklamotten und Abzeichen – Moritz wollte gar nicht wissen, wer das Zeug bei welchem Anlass getragen hatte.

    An einer Wand reihten sich Pulte mit aufgeschlagenen Bildbänden. Vogel blätterte ohne wirkliches Interesse. Hinter Glas hing eine braune Parteiuniform.

    »Von der Größe her könnte sie Joseph Goebbels gehört haben«, riet Moritz – ein Schuss ins Blaue.

    Valery nickte stolz. »In dieser Uniform empfing er die Stars der UFA in seinem Liebesnest am Bogensee.«

    Nicht schlecht, dachte Moritz. Er begrüßte Bucerius, van Straelen sowie Hagedorn vom Kölner Kurier. Fast schon gute Freunde – verschworene Treffen zwischen Nazidevotionalien schweißen zusammen.

    »Welch ein exquisites Zusammentreffen von Medien- und Wirtschaftsmacht«, sagte Moritz.

    »Und Politik«, wandte van Straelen ein. »Gratuliere zum Parteivorsitz!«

    »Noch ist das alles nur kommissarisch.«

    »Herr Lemke wird ein würdiger Nachfolger unserer viel zu früh aus dem Leben geschiedenen Frau Ott sein«, prophezeite Bucerius. »Und nach der Wahl gehört ihm das Innenministerium. Da gibt es vieles aufzuräumen, wie man jetzt überall hört und liest.«

    »Ein entsprechendes Votum der Wähler vorausgesetzt«, wandte Moritz ein. Er tat bescheiden, wie es sich gehörte, aber in seinen Träumen sah er sich bereits als Spitzenkandidat für die Bundestagswahl im nächsten Jahr. Danach Fraktionschef in Berlin oder Minister einer künftigen Bundesregierung – alles war drin.

    Max van Straelen fragte: »Wie lauten die jüngsten Umfragen? Acht Prozent?«

    »Das war bei Wochenbeginn. Im Moment liegen wir bei zwölf. Und die Verfassungsschutzaffäre wird uns weiteren Auftrieb geben.«

    »Trotz Still?«

    »Wegen ihm«, warf Bucerius ein. »Die Bombe hat vor allem die Angst vor dem Islam geschürt, denn die Terrorzelle hat es ja tatsächlich gegeben. Und dass einer wie Still dem Verfassungsschutz angehört, lässt die Regierungsparteien als komplette Versager erscheinen. Dass Still auch im Vorstand der Freiheitlichen saß, haben die Medien zum Glück nicht sehr breitgetreten. Außerdem hat Herr Lemke hervorragende Arbeit geleistet und die Partei als ein weiteres Opfer von Norbert Still dargestellt.«

    »Bitte erwähnen Sie seinen Namen nicht mehr!«, stöhnte Moritz.

    Die Runde lachte.

    Valery klatschte in die Hände und rief: »Lasst uns nach nebenan gehen!«

    Er öffnete eine Tür, dahinter befand sich ein abgedunkelter Raum.

    »Willst du uns endlich deine Filme zeigen?«, fragte van Straelen.

    »Nein, vielleicht ein andermal, Max.«

    »Was für Filme meinen Sie?«, wollte Vogel wissen.

    Van Straelen raunte hinter vorgehaltener Hand: »Gisbert hat vor einigen Jahren die private Pornosammlung des Führers erworben. Neckische Nackedeis in allerlei pikanten Posen, wie es heißt. Der Führer konnte angeblich nicht genug davon haben. Aber Gisbert hat uns die Filmchen bis heute vorenthalten.«

    »Ich habe etwas Besseres für euch«, erwiderte Valery und drückte einen Schalter.

    Ein Raunen ging durch die Gruppe – grelles Licht fiel auf eine nackte Frau.

    Es war eine Puppe. Ziemlich lebensecht stand sie auf einem niedrigen Sockel aus Holz. Standbein und Spielbein. Schulterlanges, dunkles Kunsthaar. Tatsächlich erinnerte das Gesicht an einen Filmstar der
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