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Sprengkraft

Sprengkraft

Titel: Sprengkraft
Autoren: Horst Eckert
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Vierzigerjahre. Moritz trat näher und erkannte ein Netz feiner Risse in der blassen Kunststoffhaut. An einigen Stellen war die oberste Schicht abgebröckelt. Doch ihre gläsernen Augen funkelten und für einen Moment stellte sich Moritz vor, er trüge Goebbels’ Uniform und eine blutjunge Anneliese Uhlig würde sich ihm an den Hals werfen – in der Hoffnung auf die Hauptrolle im nächsten Propagandastreifen.

    »Borghild«, erklärte Valery voller Stolz.

    Seine Gäste gratulierten ihm zu der Neuerwerbung. Selbst Hagedorn vom Kurier, der zuletzt noch vor dem Schwindel gewarnt hatte, tat beeindruckt.

    »Darf ich darüber schreiben?«, fragte Vogel.

    »Eine irre Geschichte für unseren Kurier « , schwärmte Hagedorn.

    Der Hausherr winkte ab. »Nein, das ist nichts für die Öffentlichkeit.«

    »Vielleicht, wenn die Freiheitlichen erst einmal fest im Sattel sitzen«, sagte Edwin A. Bucerius, der Baulöwe aus Duisburg, lachte breit und klopfte Moritz auf die Schulter.

    Frau Valery hob ihr Glas. »Auf die Zukunft!«

    Bucerius reckte sich und raunte Moritz ins Ohr: »Sie sind wirklich einer von uns geworden. Mehr als Carola es jemals war. Wir sind stolz auf Sie, Herr Lemke!«

     
    Freitag, 27. März, Düsseldorfer Morgenpost, Titelseite:

    Das Geständnis des Moscheebombers Norbert S. Er hasste Muslime und vor allem den Konvertiten Yassin, der ihm als Informant in Islamistenkreisen diente. Jetzt legte Moscheebomber Norbert S., 47, sein Geständnis ab. Der Beamte des Düsseldorfer Landesamts für Verfassungsschutz beschaffte die Bombe, übergab sie unter einem Vorwand seinem V-Mann und zündete sie selbst per Fernsteuerung, als Yassin sich mit seinen Freunden im Nebenraum der marokkanischen Moschee in Düsseldorf-Oberbilk traf.
Ungeklärt bleibt die Frage der Schuldfähigkeit. Während sein Anwalt die Überweisung des Inhaftierten in eine psychiatrische Klinik verlangt, geht die Polizei davon aus, dass Norbert S. zum Zeitpunkt des Attentats im Besitz seiner geistigen Kräfte gewesen ist.
Unterdessen ermittelt die Kripo in einem weiteren Fall gegen den mittlerweile suspendierten Verfassungsschutzbeamten. Auch der Mord an dem Marokkaner Noureddine D. vor anderthalb Jahren soll auf das Konto von Norbert S. gehen.
Die Verwicklung der Verfassungsschutzbehörde in den Anschlag vom 16. März sorgt weiterhin für Aufregung. Das Innenministerium war womöglich früher, als bislang zugegeben, über die Rolle des V-Mann-Führers Norbert S. im Bilde und verheimlichte der Polizei entscheidende Informationen.
Die Kanzlerin stellte sich noch am Donnerstag hinter Ministerpräsident Fahrenhorst und lobte sein »kraftvolles Krisenmanagement«. Bis zur Landtagswahl übernimmt Fahrenhorst das Amt des NRW-Innenministers in Personalunion.
Die Freiheitlichen räumten ein, dass Norbert S. ihrem Parteivorstand angehörte. »Wir sind uns sicher, dass er im Auftrag seiner Behörde gehandelt hat, um unsere Arbeit zu torpedieren«, so der designierte Parteivorsitzende Moritz Lemke, der zugleich seine Rücktrittsforderung gegen den Ministerpräsidenten erneuerte. »Die Regierung macht den Bock zum Gärtner, indem sie Rechtsradikale wie Norbert S. auf islamistische Gefährder ansetzt. Dieser Saustall muss ausgemistet werden, bevor Schlimmeres geschieht.«
Lemkes Chancen, die Ankündigung wahr zu machen, stehen gut. Während die Sympathiewerte der Koalitionsparteien in den Keller rutschen, sehen jüngste Umfragen die Freiheitlichen als drittstärkste Kraft im Landtag.

69.

    Nach zwei freien Tagen, an denen sie Überstunden abgefeiert hatte, trat Anna wieder ihren Dienst im Kriminalkommissariat 11 des Düsseldorfer Polizeipräsidiums an. Die Kollegen beglückwünschten sie zur Aufklärung der Bombensache. Anna winkte ab – andere hatten weit größeren Anteil daran gehabt.

    Die Morgenbesprechung holte sie in den Dienstalltag zurück: Die Nachtschicht der Kriminalwache hatte zwei Leichenfunde hinterlassen, vermutlich tote Vögel, wie die Mordkommission diejenigen Fälle bezeichnete, die sich nach Leichenbesichtigung und Rücksprache mit Angehörigen und Hausarzt als natürlicher Tod erwiesen. Kommissariatsleiterin Ela Bach verteilte die Aufgaben und fragte Anna, ob sie sich dem Team anschließen wolle, das den Mord an Martin Zander bearbeitete.

    Anna lehnte ab. Der Fall war geklärt und die Vorbereitung des Prozesses gegen Benno Grüter lief auch ohne ihre Mitwirkung.

    Sie verzog sich in ihr Büro und fuhr ihren Laptop hoch. Paul hatte eine
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