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Spionin in eignener Sache

Spionin in eignener Sache

Titel: Spionin in eignener Sache
Autoren: Amanda Cross
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Sie mit mir reden?« Kate stellte ihr leeres Glas ab.
    »Soll ich Ihnen noch einen Wodka besorgen?« bot die Ältere an.
    »Es wäre ein Kinderspiel für mich.«
    »Nein, danke. Ihr Grund?«
    »Wir werden bald Kolleginnen sein – sozusagen.«
    Kate hoffte, sie sah nicht so verblüfft aus wie sie war. Sie hielt es für mehr als unwahrscheinlich, daß ihre Fakultät eine Frau dieses Alters einstellen würde, und ein so unangepaßtes Polterwesen noch dazu.
    17

    Die Frau schien ihre Gedanken zu lesen. »Nicht an der hehren Institution, an der Sie lehren. An der Schuyler Law School, wo Sie im nächsten Semester als Gastdozentin sind.«
    Kate starrte sie ungläubig an. »Was? Aber ich habe mich doch gerade eben erst dazu entschlossen – vor kaum zwei Tagen. Ich habe noch nicht mal den Kollegen kennengelernt, mit dem zusammen ich das Seminar halten soll. Woher wissen Sie davon?«
    »Weil ich Sekretariatsleiterin an der Schuyler bin und alles weiß.
    Ihr Mann wird dort ein Projekt leiten. Verdammt gute Idee. Denn für die Schuyler-Studenten hat es bisher noch nie eins gegeben, bei dem sie mit der wirklichen Praxis zu tun haben. Nur die üblichen, zu Übungszwecken veranstalteten simulierten Gerichtsverhandlungen.
    Die sind zwar auch nicht ganz für die Katz, aber wirklich weiterhelfen tun sie niemandem, oder? Na, und da dachte ich mir halt, ich schau mal vorbei, sage Ihnen guten Tag und wünsche Ihnen viel Glück dabei, diesen vorsintflutlichen Laden ein bißchen auf Trab zu bringen.«
    »Danke«, murmelte Kate. Eine andere Antwort fiel ihr nicht ein.
    »Ich weiß eine Menge über Sie.« Die Frau streckte die Beine aus und machte es sich auf dem winzigen Stuhl bequem. »Sie sind zweifellos nicht so vornehm wie Ihre Mutter oder deren Mutter oder sonst eine Ihrer Vorfahrinnen. Sie haben keine Kinder, eine Abneigung gegen gesellschaftliche Rituale, und Sie gehen persönliche und berufliche Risiken ein, die jedoch alle innerhalb gewisser Grenzen bleiben. Über diesen Rahmen bewegen Sie sich nie hinaus, denn außerhalb gibt’s eine Menge Leute, die nach Regeln spielen, die Sie nicht kennen und schon gar nicht gutheißen würden. Sie haben einen Lehrstuhl, den Ihnen niemand nehmen kann, egal, wie sehr sich das manche wünschen. Wahrscheinlich macht man Ihnen das Leben oft ganz schön schwer, aber Sie sind finanziell abgesichert, und wenn meine Nachforschungen nur in etwa stimmen, dann wären Sie auch noch abgesichert, flöge die ganze Universität in die Luft. Verstehen Sie mich nicht falsch. Sie verwenden Ihr Geld auf die bestmögliche Art, Sie kämpfen für die richtigen Dinge. Sie haben den Namen Ihres Mannes nicht angenommen. Sie versuchen, den Unschuldigen und Leuten in Schwierigkeiten zu helfen. Aber wenn mich mein Gefühl nicht trügt, haben Sie nie näher mit jemandem zu tun gehabt, der alles verloren hat und tief verzweifelt ist. Nicht, daß Sie schlechter wären als andere Leute Ihrer Herkunft. Im Gegenteil, Sie sind viel besser, was der Grund ist, weshalb ich Ihre Bekanntschaft machen 18

    wollte. «
    Kate sah die Frau an, als fürchte sie, in ihrem Glas sei kein Wodka gewesen, sondern eine halluzinogene Droge, gegen die die Frau, die ja auch davon getrunken hatte, immun war. Nimm dich zusammen, mahnte sich Kate. Ihr Rücken signalisierte bereits alles andere als Entzücken über das Sitzen auf dem Kleinkindertisch, und wenn sie nicht von Drogen benebelt war, dann war sie fraglos einer Fana-tikerin in die Falle gegangen.
    »Ich hoffe, ich habe Sie nicht beleidigt. Ich bewundere Sie, das ist Ihnen hoffentlich klar.«
    »Sie haben mich nicht beleidigt, obwohl ich nicht die leiseste Ahnung habe« – eine unglaubliche Gereiztheit stieg plötzlich in Kate auf. Sie sprang vom Tisch und stellte sich vor die Frau – , »warum wir dieses Gespräch führen, auch wenn Sie im Sekretariat der Schuyler Law School arbeiten. Bestimmt haben Sie recht mit Ihren Bemerkungen über mich, obwohl ich beim besten Willen nicht weiß, wie Sie das alles herausgefunden haben und schon gar nicht, warum.
    Was mein Leben betrifft, tröste ich mich mit dem Gedanken, daß wir alle nur das tun können, wozu wir fähig sind, und unser Bestes geben müssen. Und ja, bestimmte Grenzen überschreite ich nicht, aber ich nähere mich ihnen, so weit es geht, ohne mich zu verlieren und dann überhaupt nichts mehr ausrichten zu können. Vielleicht«, fügte sie hinzu, »sind das alles auch nur Rechtfertigungen.« Warum antworte ich ihr überhaupt, fragte
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