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Spionin in eignener Sache

Spionin in eignener Sache

Titel: Spionin in eignener Sache
Autoren: Amanda Cross
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sich Kate.
    »Dafür danke ich Ihnen«, sagte die Frau. »Ich habe gewisse Grenzen überschritten. Was man allerdings am Theban oder ähnli-chen Instituten lernt, versetzt einen nicht in die Lage, das zu tun.
    Und wenn Sie das verstehen, dann verstehen Sie eine Menge.«
    »Ich verstehe überhaupt nichts. Mein Glas ist leer, und diese verdammten Tische sind wirklich nicht für ausgewachsene Körper gedacht.« Kate rieb sich den Rücken. »Können wir nicht zur Sache kommen? Wie kann ich Ihnen helfen?«
    »Ich brauche Ihre Hilfe nicht«, wehrte die Frau ab. »Ich hielt es nur für gut, daß wir uns kennenlernen. Um die Wahrheit zu sagen, wollte ich mir ein Bild von Ihnen machen. Also dann – auf Wieder-sehen.«
    Mit einem ironischen, mädchenhaften Winken verschwand sie durch die Tür und überließ es Kate, ihr verblüfft nachzusehen.
    »Ich verstehe das nicht«, war Reeds Kommentar, als Kate ihn am Abend dringlicher als sonst um seine Aufmerksamkeit für die Aben-19

    teuer ihres Tages bat. Zu ihrem Vortrag am Theban, bei dem sie sich nicht lange aufhielt, sagte er kaum etwas. Aber dem Bericht über die Begegnung mit der unbekannten Frau lauschte er gespannt. »Ich kann mir nicht vorstellen, was sie von dir wollte, und ich verstehe nicht, warum du ihr überhaupt zugehört hast.« Er klang gereizt, und Kate ließ das Thema fallen.
    »Komisch«, meinte Reed dann später, als sie zu Bett gingen.
    »Nach meinen Vorlesungen kommt nie jemand zu mir gestürmt, will mich unbedingt kennenlernen und unter den sonderbarsten Umständen mit mir reden. So was passiert nur dir.«
    »Das liegt daran, weil ich, im Gegensatz zu dir, eine Amateurde-tektivin mit beneidenswertem Ruf bin«, antwortete Kate. Und danach fühlten sich beide viel besser.
    Am folgenden Sonntagmorgen briet Reed Speck in der Pfanne, als Kate in die Küche kam. Sie blieb im Türrahmen stehen und betrachtete ihn: groß, die Stirn gerunzelt, die Brillengläser leicht be-schlagen, während er sich darauf konzentrierte, die Speckscheiben in der Pfanne zu trennen und zu wenden. Sie fand, er sah äußerst liebenswert aus. Sie lachte leise.
    »Ich weiß, ich weiß«, schmunzelte er. »Ich sollte den Speck gril-len, aber bei manchen Dingen bleibe ich eben lieber den einfachen, altmodischen Methoden treu.«
    Kate setzte sich auf den Barhocker, der für genau solche Momente in der Küche stand. Die Küche war groß, und Kate hatte sich schon oft vorgenommen, einen bequemen Sessel hineinzustellen, war aber nie dazu gekommen.
    »Ich lache nicht über deine Bratmethode, von der ich ganz begeistert bin, sondern weil ich gerade an die Raumbeschreibungen in modernen Romanen denken muß. Da kann niemand mehr einen Raum betreten, selbst wenn er den Bewohner ermorden oder verhö-
    ren will, ohne daß vorher jedes Detail beschrieben wird. Ich finde, das ist eine neue Form literarischen Wahnsinns. Stell dir vor, wie ich in einem Roman in diesen Raum komme und dich Speck braten sehe.«
    »Apropos Speck«, unterbrach Reed, »möchtest du ihn nur mit Toast oder mit Eiern dazu? Wie besorgt bist du um deinen Choleste-rinspiegel? «
    »Überhaupt nicht.«
    »Gut. Dann mach weiter mit deiner Beschreibung.«
    Kate machte es sich auf dem Hocker bequem und nahm einen 20

    Schluck von der Bloody Mary, die Reed für sie beide vorbereitet hatte. Ihr Sonntagmorgen-Trankopfer, wie sie es nannten. »Also«, begann sie, »als erstes würde ich dich beschreiben: ›Am Herd stand ein gutaussehender Mann, dessen warme braune Augen mit einem Ausdruck durch die Brillengläser schauten, als sähen und verstünden sie alles sofort‹ – oder so ähnlich. ›Dichte Brauen, sexuelle Ausstrah-lung‹ und so weiter. Und nachdem ich den Leser über dich ins Bild gesetzt habe, kommt die Küche dran: ›Ein Raum mit großzügigen Dimensionen, rechteckig, ungefähr zwanzig Quadratmeter und offenkundig die Kulisse vieler intimer Gespräche und Mahlzeiten.‹ «
    »Wenn das eine Beschreibung dieser Küche sein soll«, warf Reed ein, »hast du einen Knall. Sie ist nie im Leben zwanzig Quadratmeter, höchstens fünfzehn, und auch nicht annähernd rechteckig. Zu meinen dichten Brauen«, fügte er hinzu, während er die Speckscheiben wendete, »und sexuellen Ausdünstungen schweige ich lieber.«
    »Ausdünstungen! Schon verdrehst du mir das Wort im Mund, dabei habe ich noch gar nicht richtig angefangen. Vergiß nicht, es geht um irgendwelche Verwicklungen, auf die wir vorbereitet werden sollen. ›An der Nordseite des
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