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Spionin in eignener Sache

Spionin in eignener Sache

Titel: Spionin in eignener Sache
Autoren: Amanda Cross
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noch mehr? Ich gebe meinen Lehrstuhl ganz auf, wenn du willst. Ich beantrage frühzeitige Pensi-onierung. Ich nehme ein Urlaubsjahr. Was kann ich tun, damit ich wieder sprühe für dich?« Er nahm seine Brille ab und putzte sie.
    Kate war erschrocken, als sie sah, wie bewegt er war. Sie streckte die Hand über den Tisch nach ihm aus.
    »Du hast natürlich recht«, meinte er. »Ich will es wohl nur nicht wahrhaben. Alle beschweren sich über die Zustände an den Universitäten in diesem Land, auch wenn die wenigsten dabei die juristischen Fakultäten im Auge haben. Aber ein ganz anderes Problem ist doch, daß ein Professor es einfach satt haben kann, jeden Tag im Hörsaal zu stehen. Ich glaube, das ist der Grund, warum sie sich ab und zu ein Urlaubsjahr gönnen, nicht nur, um Bücher zu schreiben, wie sie vorgeben. Deshalb fahren sie ständig auf irgendwelche Kongresse in fremde Städte – weil ihnen nach ein bißchen Abenteuer ist. Und weil auch mir danach ist, war ich einverstanden, dieses Projekt zu übernehmen. Aber in Wahrheit, liebe Kate, war dich zu heiraten und mit dir zu leben mir immer Abenteuer genug.«
    »Das ist die großherzigste und freundlichste Feststellung, die ich je von einem Menschen gehört habe«, sagte Kate. Plötzlich ging es ihr viel besser. »Du sollst natürlich nichts überstürzen. Wir, das heißt du mußt herausfinden, welche Veränderung, wenn überhaupt eine, du möchtest. Vorläufig hast du ja dein Projekt an der Schuyler. Und was mich betrifft, so entdecke ich vielleicht, wie sich Rechts- und Literaturwissenschaft miteinander verbinden lassen. Jedenfalls hast du eine wichtige Aufgabe vor dir, und darüber sollten wir uns freuen.«
    Reed ging um den Tisch, zog sie hoch und hielt sie im Arm, als wolle er Walzer mit ihr tanzen. »Ich glaube nicht, daß mein Job 25

    allein das Problem ist und auch nicht unsere Ehe«, erklärte er. »Übrigens, was weißt du überhaupt über juristische Fakultäten? Meinst du nicht, du brauchst außer dem Kollegen, mit dem du das Seminar halten wirst, einen gut informierten Berater? Wir lassen uns zusammen auf ein neues Abenteuer ein. Kate, meine Liebe, jeder intelligente und sensible Mensch – und wenn es einen auf der Welt gibt, dann dich – hat Phasen, in denen ihm das Alte wertlos erscheint und sich nichts Neues am Horizont zeigt. Wie du selbst sagst, ist es nicht das erste Mal, daß du dich niedergeschlagen und mutlos fühlst. Bitte, Kate, laß uns versuchen, die Sache gemeinsam durchzustehen. Vielleicht gibt es ringsherum Aufregenderes, das dich lockt, aber laß uns nicht verlieren, was wir haben.«
    »Irgend jemand hat mal gesagt, daß du zu gut bist, um wahr zu sein.«
    »Ich bin nicht gut. Wütend bin ich, wenn du’s wissen willst, und kurz davor, aus der Haut zu fahren. Ich liebe dich nur zufällig, also bemühe ich mich, vernünftig zu sein, obwohl mir nicht im geringsten danach ist. Um die Wahrheit zu sagen, ich fühle mich beschissen.«
    »Ich auch«, gestand Kate. »Ich auch. Aber nach dem Speck und den Eiern ist mir schon viel besser. Wir werden zusammen alt, Reed, und unsere Arterien werden mit der gleichen Geschwindigkeit ver-kalken.«
    »Aber nicht unsere Ideen, unser Geist und unser Herz, das hoffe ich zumindest«, murmelte Reed. »Das hoffe ich wirklich.«
    26

2
    Wenn ich überhaupt etwas bedaure, dann auf welche Art wir unsere Zeit und Fähigkeiten ver-geudet haben. All diese Sackgassen, diese falschen Freunde, diese Verschwendung unserer Energie. All die Selbsttäuschungen, denen wir uns hingegeben haben.
    John le Carré, ›Der heimliche Gefährte‹

    Einige Abende später geschah etwas, das beiden einen ziemlichen Schreck versetzte. Sie waren zum Abendessen ausgegangen und hatten dabei wieder eins ihrer diffusen Gespräche geführt. Kate hatte bemerkt: »Ich glaube, wir überschätzen die Bedeutung von Sex.«
    Reed hatte sie alarmiert angesehen. In letzter Zeit gab sie öfter solche Aussprüche von sich, und wie jedesmal zeigte sich auch diesmal die Unsicherheit auf Reeds Gesicht, wie er darauf antworten sollte.
    »Ach, im Grunde meine ich gar nicht Sex«, war Kate ziemlich verworren fortgefahren. »Ich meine, wenn Sex als Ersatz für alle möglichen Dinge herhalten muß, die nicht stimmen. Und ich fürchte, wenn etwas nicht stimmt, dann zählt nur noch Freundschaft – aus dem einzigen Grund, weil Freunde sich durch Gespräche aneinander herantasten und sich gegenseitig entdecken können.«
    »Dann tu doch so, als sei ich
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