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Spionin in eignener Sache

Spionin in eignener Sache

Titel: Spionin in eignener Sache
Autoren: Amanda Cross
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Raums befand sich der Arbeitsbereich, ausgestattet mit einer Reihe von Hängeschränken, darunter ein Brett, an dem viele funkelnde Kupfertöpfe hingen, und einer großen Spüle mit Ablaufbrett…‹ «
    »Kate«, unterbrach Reed erneut. »Ich hab das Bild vor mir. Und zu welchen Verwicklungen gibt es die Kulisse ab?«
    »Ich weiß nicht; wahrscheinlich ziemlich schrecklichen. Soll ich weitermachen?«
    »Nein. Ich ziehe meine dichten Brauen zusammen und dünste Gereiztheit aus. Möchtest du deine Spiegeleier von beiden Seiten gebraten?«
    »Ja. Unbedingt. Aber laß mich noch den altmodischen Herd beschreiben, an dem du mit einem Ausdruck entspannter Konzentration in deinen männlichen Zügen arbeitest.«
    Reed, der die Eier in Butter briet, hob drohend die Pfanne. Die Speckscheiben hatte er inzwischen auf einen mit Küchenpapier be-deckten Teller gelegt.
    »Schon gut, schon gut«, rief Kate. »Um die Wahrheit zu sagen, ich sterbe vor Hunger. Kein Toast?« frage sie dann und sah sich um.
    »Verflixt«, murrte Reed. »Du und deine Beschreibungen!« Er stand auf, um den Toast zu holen.
    Kate warf ihm einen Kuß zu, und sie begannen ihr Frühstück.
    21

    »Also«, sagte Reed, als sie fertig waren. »Was ist los? Was zum Teufel hast du, Kate?«
    »Ich mache eine Phase durch.«
    »Was?«
    »Das sagte meine Mutter immer, wenn ich schwierig war. ›Kate macht eine Phase durch.‹ «
    »Und – stimmte es? Stimmt es im Augenblick?«
    »Ja. Ich glaube, ja.«
    Reed schnaubte. »Allmählich hab ich das Gefühl, wir reden wie in einem Parker-Roman. Nicht so clever, natürlich, aber genauso einsilbig und schnippisch.«
    »Aber Parker läßt sich nie auf Beschreibungen ein, außer der Kleidung des männlichen Protagonisten. Was Spenser gerade anhat, verrät er einem immer.«
    »Welche Phase?«
    »Laß es mich Midlifecrisis nennen.«
    »Nein, laß es uns nicht so nennen«, widersprach Reed. »Diesen Ausdruck habe ich schon immer gehaßt. Menschen machen ihr ganzes Leben lang Krisen durch, zumindest denkende Menschen, und die Krisen der Lebensmitte, also des längsten Lebensabschnittes, kann man nicht mit einem so simplen Ausdruck beschreiben.« Er lächelte sie an. »Mir ist klar, daß man die Lust verlieren kann, zum hundertsten Mal ›Middlemarch‹ zu behandeln. Ich weiß nicht mal, ob ich das Buch zweimal lesen könnte, ohne die Geduld zu verlieren.
    Aber das ist der Preis des Lehrens, oder nicht? Wieder und wieder muß man sich anhören, wie den Studenten etwas aufgeht, was einem selbst schon vor einer Ewigkeit klar geworden ist. Doch wenn man das nicht will, warum dann lehren? Man kann sein Leben auch auf andere Arten verbringen.«
    »Es hat nicht unbedingt mit ›Middlemarch‹ zu tun oder sonstwel-chen Vorlesungen, die ich halte. Auch mit den Studenten nicht, obwohl das dem Problem schon näherkommt. Ich meine, hat man je eine Studentengeneration erlebt, eingeschlossen der immerhin moti-vierten Doktoranden, die so abgrundtief unvorbereitet, ahnungslos und uninformiert war? Und sag mir jetzt nicht, ich klinge wie eine reaktionäre Gegnerin der Studienreform. Die Studenten wissen vieles, was ich nicht weiß, und ich würde gern von ihnen lernen. Aber herumzusitzen und über ›Middlemarch‹ zu diskutieren – laut Virgi-nia Woolf der letzte für Erwachsene geschriebene Roman - trägt absolut nichts dazu bei, eine gemeinsame Basis zu finden. Keine 22

    Angst, ich werde mich nicht den Rechten anschließen, deren Ansichten ich erst neulich nachmittag am Theban attackiert habe, denn dafür liegen mir meine ignoranten jungen Leute viel zu sehr am Herzen.«
    »Fertig?« fragte Reed.
    »Ja. Entschuldige, daß ich dich langweile. Entschuldige meinen Wortschwall. Früher verstanden wir uns. Jetzt bringen wir höchstens noch eine ziemlich verwässerte Toleranz füreinander auf. Weißt du, was Adrienne Rieh zu einer Freundin sagte? ›Sosehr wir es auch möchten, es gelingt uns nicht, über Liebe zu schreiben, ohne gleichzeitig über Politik zu schreiben‹. Dasselbe gilt fürs Miteinanderre-den, fürchte ich. Machen wir uns nichts vor, Reed, früher fandest du meine Kritteleien immer amüsant, meistens sogar überzeugend. Was es auch war, wir haben es verloren. Genau wie meinen Seminaren etwas verlorengegangen ist.«
    »Erstaunlich, mit welcher Geschwindigkeit wir von der universitären Situation bei unserer Ehe angelangt sind.«
    »Stimmt, aber spiel nicht den Unschuldigen. Hättest du nicht so überheblich ›fertig?‹ gefragt,
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