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Spinnefeind

Spinnefeind

Titel: Spinnefeind
Autoren: Frederike Schmöe
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Aussichten.

     
    »Palfy! Na endlich!«
    Er stand auf, als sie an seinen Tisch kam. Wie immer zögerte er kurz, bevor er sie auf die Wange küsste und ihr ein Bier bestellte. Katinka räusperte sich.
    »Was gibt’s denn so Dringendes?«
    Er sah sie nachdenklich an.
    »Ich dachte, wenn ich es nicht dringend mache, hast du was Besseres zu tun.«
    Katinka nahm dankbar ihren Bierkrug entgegen und trank einen großen Schluck.
    »Das stimmt nicht«, sagte sie. Er hatte abgenommen. Der Bierbauch war ganz eindeutig dünner geworden. Schade beinahe, sie mochte das Grizzlyhafte an ihm. Vor allem aber seine grauen Augen, in denen etwas von der Verlassenheit nordischer Gefilde schimmerte.
    »Wir haben einen Verdächtigen. Vor ein paar Stunden ist er uns direkt ins Netz gegangen.«
    »Wer ist es?«
    »Der ehemalige Freund der Dame.« Hardo sah in seinen Bierkrug. »Doris Wanjeck hat unter ihren Fingernägeln seine DNA. Außerdem haben wir eine Zeugin, die berichtet, Wanjeck und ihr Ex hätten sich lautstark gestritten.«
    »War er es?«
    »Keine Ahnung«, sagte Hardo düster. »Die Indizien sprechen gegen ihn. Aber was heißt das schon.«
    »Er ist also nicht geständig?«
    »Nein. Noch eine eigenartige Sache. Wir fanden bei der Leiche einen Zettel mit einem Code.«
    »Was soll das sein?«
    »Buchstaben, nichts als Buchstaben. Wir …«
    »Moment.« Katinka hob die Hand. »Wie heißt euer Verdächtiger?«
    »Jens Falk.«
    »Den kannst du abschreiben. Falk tauchte heute in meiner Detektei auf. Angeblich wollte ihm jemand ein paar Bösartigkeiten in die Schuhe schieben. Ich soll herausfinden …«
    »Wer? Was für Bösartigkeiten?« Hardo stellte seinen Bierkrug hart auf die Tischplatte.
    Katinka überlegte fieberhaft. Falk steckte in einer ziemlich üblen Lage. Ob er der Mörder von Doris Wanjeck war oder nicht – alle Informationen, die er Katinka gegeben hatte, konnten sowohl seiner Belastung als auch seiner Entlastung dienen. Sie berichtete Hardo so knapp wie möglich über Falks Probleme, die Verdächtigungen und den verschwundenen Schüler Hannes Niedorf.
    »Er ist Kryptoanalytiker«, sagte Katinka, »oder jedenfalls einer, der sich dafür hält. Warum sollte er eine verschlüsselte Nachricht hinterlassen, wenn er seine Exfreundin umbringt? Und die Hautpartikel unter den Fingernägeln des Opfers müssen nichts bedeuten. Sie kann ihm im Streit eine geklebt haben. Dann sind die beiden auseinandergegangen, und jemand anderes hat die Frau umgebracht.«
    Hardo strich sich über den kahlen Schädel. Sein Blick verlor sich im Dunkelgrün des Hügels am Ende des Biergartens.
    »Wer ist Falks Anwalt?«, fragte Katinka.
    »Eine gewisse Ljubov Müller. Geborene Russin. Neu in Bamberg«, sagte Hardo. »Diese Sache mit dem abgetauchten Schüler beschäftigt mich.«
    »Wie kriegt ihr die geheimnisvolle Botschaft entschlüsselt?«
    »Wir haben einen Experten kontaktiert.« Hardo bestellte einen Krustenbraten. »Willst du nichts?«, fragte er und schob Katinka die Speisekarte zu.
    Sie schüttelte den Kopf, verlangte dann aber doch einen Limburger und fragte:
    »Die Überwachungsvideos aus der Parkgarage bringen gar nichts?«
    »Nein. Ein Motorradfahrer ganz in Schwarz stoppte sein Motorrad direkt hinter Wanjecks Wagen. Das Kennzeichen war überklebt, das Modell ist nicht hundertprozentig zu erkennen. Vermutlich eine Honda CBF 1000. Wanjeck kam aus ihrer Parkbucht nicht raus. Der Mann stieg zu ihr ins Auto. Erwürgte sie, was auf dem Video nicht zu erkennen ist. Punktum. Von der Statur her könnte es Falk gewesen sein, aber natürlich auch jeder halbwegs schlanke, sportliche Mann.«
    »Oder Frau.«
    »Möglich, ja!«
    »Doris Wanjeck war wie Jens Falk Lehrerin am Paul-Celan-Gymnasium. Wer weiß, welche linken Dinger da laufen.«
    »Könnte auch ein Zufall sein, oder?«
    Sie hingen eine Weile ihren Gedanken nach. Als das Essen kam, fragte Hardo:
    »Fährst du eigentlich mal in Urlaub?«
    »Mal sehen. Ich habe nichts geplant.«
    Sie schwiegen eine Weile.
    »Du siehst so braun aus«, sagte Hardo schließlich. »Als hättest du Ferien gehabt.«
    »Ich bin oft im Hainbad.«
    Sie könnte ihn fragen, ob er Lust hätte, mitzukommen. Aber er würde beschäftigt sein. Würde die kommenden Tage wie ein Irrer arbeiten, um Spuren zu prüfen, zu dokumentieren und Teamsitzungen zu leiten. Sie fragte sich, wie es wäre, mit ihm zu leben. Könnten sie es genießen, abends aufeinander zu warten, gemeinsam zu kochen oder ein paar Takte zu reden? Es fiel ihr
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