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Spiel der Teufel

Titel: Spiel der Teufel
Autoren: Andreas Franz
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einigermaßen gut, ganz im Gegensatz zu Henning, der noch
immer Monat für Monat mehr als die Hälfte seines Nettogehalts
an seine geschiedene Frau und die beiden Kinder überwies,
die bei ihr lebten und für die sie das alleinige Sorgerecht
hatte. Nur noch einmal im Monat durfte er sie sehen, wobei
Markus ihn schon längst nicht mehr als seinen Vater anerkannte
und nie da war, wenn Henning zu Besuch nach Elmshorn
fuhr. Dafür liebte Elisabeth ihren Vater umso mehr, und sie
kam sogar hin und wieder nach Kiel, um ihn zu besuchen. Sie
war mittlerweile vierzehn Jahre alt und zu einer ernsthaften
und introvertierten jungen Dame herangereift, was wohl nicht
zuletzt an einem traumatischen Erlebnis lag, das sie vor zwei
Jahren beinahe das Leben gekostet hätte. Aber genau dieses
Erlebnis war es, durch das Hennings Exfrau das alleinige Sorgerecht
zugesprochen bekommen hatte. Dennoch äußerte Elisabeth
immer öfter den Wunsch, zu ihrem Vater zu ziehen,
weil das Verhältnis zu ihrer Mutter sich zunehmend verschlechterte.
    »Gerne. Und wohin willst du mich ausführen?«, fragte Santos,
ohne aufzuschauen.
    »Lass dich überraschen«, entgegnete Henning nur und wollte
noch etwas hinzufügen, als Harms mit einem Mal in der Tür
stand. Seine Miene verhieß nichts Gutes, als er näher trat, sich
einen Stuhl heranzog, sich verkehrt herum daraufsetzte und
die Ellbogen auf die Rückenlehne stützte. Er kaute einen Moment
lang auf der Unterlippe und hielt den Blick gesenkt.
    »Was ist los?«, fragte Henning, der sich zurückgelehnt hatte, in
die Stille hinein.
    »Ich habe eben eine sehr traurige Nachricht erhalten«, sagte
Harms leise und in einem Ton, den Henning und Santos von
ihm nicht gewohnt waren. »Gerd ist tot.«
    Henning starrte seinen Vorgesetzten entgeistert an. »Gerd?
Was ist passiert?«
    »Wie es aussieht, hat er sich das Leben genommen. Mehr weiß
ich leider auch nicht. Ein paar Kollegen sind bereits auf dem
Weg.«
    »Wer?«
    »Ziese und Hamann.«
    »Wer hat ihn gefunden und wo?«, fragte Henning mit zusammengekniffenen
Augen, die Hände gefaltet, wobei er so fest
zudrückte, dass die Knöchel weiß hervortraten. Die Anspannung
war im ganzen Raum zu spüren.
    »Seine Frau, aber wie gesagt, nähere Einzelheiten sind mir nicht
bekannt.«
    Santos sagte mit leiser, monotoner Stimme: »Er hat erst vor ein
paar Wochen seine Tochter verloren. Er hat zwar immer so getan,
als hätte er es verkraftet, aber ich konnte mir das nie vorstellen.
So einen Schicksalsschlag steckt man nicht einfach so
weg.«
    »Er hätte doch aber nie im Leben seine Frau zurückgelassen«,
warf Henning ein. »Sie ...«
    »Tut mir leid«, sagte Harms schnell, »aber es ist unmöglich, in
einen Menschen hineinzusehen. Nimm's einfach als die Tragik
des Lebens hin. Wir alle haben doch in unserer Laufbahn schon
die unmöglichsten Dinge erlebt.«
    Henning sprang auf und tigerte durch das kleine Büro. Seine
Kiefer mahlten aufeinander, er zog die Stirn in Falten, und sein
Blick war düster, als er Harms ansah.
    »Gerd und Selbstmord! Das passt einfach nicht. Ich will hinfahren.
    Wir kannten uns, seit er hier im Präsidium angefangen
hat. Und ich kenne auch seine Frau Nina sehr gut.«
    »Das weiß ich doch«, sagte Harms verständnisvoll und fast väterlich
nickend. »Die Akten können warten.«
    »Was ist mit dir, Lisa?«, fragte Henning.
    Sie schlug wortlos die eben angefangene Akte zu und erhob
sich, als Hennings Telefon klingelte.
    »Henning«, meldete er sich.
    »Nina hier. Gerd ist tot«, schluchzte sie in den Hörer. »Kannst
du vorbeikommen, ich muss mit dir reden.«
    »Ich hab's eben gehört und wollte schon losfahren. Lisa kommt
auch mit. Sind schon Kollegen von uns da?«
    »Nein, aber sie müssten jeden Moment da sein. Es sind bis jetzt
nur zwei Streifenbeamte hier.«
    »Wir sind schon unterwegs«, sagte er und legte auf. »Das war
Nina. Auf geht's.«
    Gemeinsam gingen sie nach draußen und machten sich auf den
Weg zu dem Einfamilienhaus mit der Doppelgarage und dem
großen Garten in Strande, das Wegner erst vor wenigen Jahren
gebaut hatte und das noch längst nicht abbezahlt war. Wie
auch, war er doch erst neununddreißig und bezog das nicht
gerade üppige Gehalt eines Hauptkommissars, zu dem er vor
etwas mehr als zwei Jahren ernannt worden war.
    »Kannst du dir vorstellen, warum er das gemacht hat?«, fragte
Henning nach einer Weile des Schweigens.
    »Wie Volker schon so treffend sagte, keiner
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