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Spiel der Teufel

Titel: Spiel der Teufel
Autoren: Andreas Franz
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bestellt und ihr Tee und Gebäck angeboten wurde.
Die kleine, leicht gedrungene, aber nicht unattraktive Frau sah
Larissa mit mütterlich-gütigem Blick an und sagte lächelnd
und mit der gewohnt sanften Stimme, die sie nur manchmal
leicht erhob: »Sie werden sich fragen, warum ich Sie in mein
Büro gebeten habe. Nun, ich wollte Ihnen nur mitteilen, dass
ich Sie für eine weit überdurchschnittlich talentierte Malerin
halte, für ein Ausnahmetalent, um genau zu sein. Sie können
sicher sein, dass ich das gewiss nicht jedem sage.«
    Danach machte sie eine kurze Pause, die braunen Augen auf
Larissa gerichtet, deren Gesicht sich gerötet hatte, denn solche
Worte hatte sie bislang nur einmal gehört, von ihrem Lehrer in
der Schule. »Geh weg von hier«, hatte er gesagt, »hier ist nicht
der rechte Platz für eine junge und so talentierte Frau wie dich.
Du hast so viel Ausdruck in deinen Bildern, so viel Gefühl, so
viele Emotionen, du würdest dein Leben wegwerfen, wenn du
hierbleiben würdest. Geh und folge deiner Bestimmung.«
Nicht lange danach hatte sie sich auf den Weg nach St. Petersburg
gemacht, mehr als zweitausend Kilometer von zu Hause
entfernt, wo kaum jemand ein Telefon besaß, wo die meisten
Häuser noch aus Holz gebaut und die Straßen, wenn es überhaupt
welche gab, kaum als solche zu bezeichnen waren.
    Aber die Illusion der schönen großen Stadt war spätestens vor
drei Wochen wie eine Seifenblase zerplatzt. Und nun saß sie
vor ihrer Professorin, die sie mit noch immer gütigem Blick
ansah.
    »Und ich möchte Ihnen auch sagen, dass ich St. Petersburg
nicht für den geeigneten Ort halte. Ich meine, Sie sind hier
nicht gut aufgehoben. Die Bedingungen hier sind für Sie, wenn
ich mir Ihre Akte und Ihre Herkunft anschaue, alles andere als
ideal. Aber lassen Sie mich auf den Punkt kommen, denn ich
habe gleich noch einen Termin. Was ich sagen will, ist, dass ich
Sie an einer anderen Universität unterbringen könnte, wo alles
für Sie leichter wäre.«
    »An einer anderen Universität? Was meinen Sie damit?«, fragte
Larissa, den Kopf leicht zur Seite geneigt. Erst hatte ihr Lehrer
in ihrem Dorf gesagt, sie solle nach St. Petersburg gehen,
weil es keine Universität auf der ganzen Welt gebe, wo man
die Feinheiten des Malens besser erlernen könne. Und nun
sagte ihre Professorin, sie solle an einer anderen Universität
studieren.
    »Schauen Sie, in St. Petersburg gibt es nicht viele Studenten, die
ein unbeschwertes Leben führen können. Sie sind nicht allein
mit Ihrem Problem, ich kenne eine Menge anderer Studentinnen,
die sich ihren Lebensunterhalt auf geradezu menschenunwürdige
Weise verdienen müssen ...« Larissa wollte gerade
etwas einwerfen, doch ihre Professorin hinderte sie mit einer
Handbewegung daran. »Lassen Sie mich bitte ausreden. Ich
möchte nicht, dass Sie in dieser Stadt kaputtgehen. Ich habe
sehr gute Beziehungen ins Ausland, besonders nach Deutschland.
Ich weiß, dass Sie recht gut Deutsch sprechen, weil ihre
Vorfahren aus Deutschland stammen und Sie zu Hause viel
Deutsch gesprochen haben und ... Nun, um es kurz zu machen,
ich kann Sie an eine Universität in Berlin vermitteln, wo
Sie in Ruhe studieren können, vorausgesetzt, Sie wollen das.
Außerdem hätten Sie dort immer genug zu essen, ein schönes
Zimmer und eine nette Familie, bei der Sie wohnen würden. Es
ist eine Vorzugsbehandlung, ich weiß, aber ich weiß auch, dass
Ihr Leben zurzeit nicht gerade ein Zuckerschlecken ist ...«
    »Was wissen Sie von mir?«
    Larissas Professorin lächelte milde und gleichzeitig geheimnisvoll
und erwiderte: »Genug. Man zwingt Sie zu Dingen, die
Sie nicht tun wollen. Keine Frau will das, doch viele können
sich nicht entziehen. Viele Studentinnen sind hier gezwungen,
sich ihren Lebensunterhalt wie Sie zu verdienen. Nur leider
kann ich nicht jeder helfen«, fügte sie bedauernd hinzu. »Was
halten Sie von meinem Angebot? Ich habe erst vorhin die Anfrage
dieser Familie auf meinen Tisch bekommen«, sagte sie
und legte ein Foto und einen Brief vor Larissa, »und dabei
habe ich sofort an Sie gedacht. Sie müssen sich aber schnell
entscheiden, denn diese Familie braucht dringend Unterstützung
im Haushalt.«
    »Berlin? Was muss ich dafür tun?«, fragte Larissa misstrauisch.
»Das sagte ich bereits, Sie sollen im Haushalt helfen. Die Deutschen
sind reich und großzügig. Sie werden es dort gut haben.«
    »Und das geht einfach so?«
    »Sie
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