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Spekulation in Bonn

Titel: Spekulation in Bonn
Autoren: Georg R. Kristan
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dürften Grundkenntnisse vorhanden sein. Frau Ritter hat eine abgeschlossene Lehre zum Industriekaufmann.«
    »Ausgezeichnet«, dankte Wanitzky. »Ich habe einiges vorzubereiten und brauche die Dame für mehrere Tage, vielleicht auch für mehrere Wochen.«
    »Ein Monat ist unser Maximum. Sie kennen doch unsere Geschäftsbedingungen?«
    »Ja, danke. Also heute achtzehn Uhr im Hotel am Rhein. Ich möchte, daß Frau Ritter auch mein Gast ist.«
    »Selbstverständlich. Doch das haben unsere Mitarbeiterinnen letztlich allein zu entscheiden. – Hier, bitte, der Arbeits- und Dienstleistungsvertrag. Es sind noch die alten Konditionen seit Ihrer letzten Inanspruchnahme.«
    Wanitzky lächelte freundlich, murmelte ein »Danke«, warf einen Blick auf den Text, unterschrieb und verabschiedete sich.
    Die Hosteß Ilka Ritter war für ihn eine der angenehmsten Erinnerungen an seine früheren Geschäftsaufenthalte in Bonn. Sie war bis zum letzten Stenogramm und bis zur letzten Unterschrift die perfekte Sekretärin, danach die vollkommene Gespielin und schließlich die Verschwiegenheit in Person. Sie war teuer, aber nicht unverschämt. Für private Dienstleistungen nahm sie den doppelten Satz der Service-Zeitstunde. Diesen harten Diamanten wollte er der Koordinata-Bonn ins Nest legen. Dann würden die Kompagnons sehr bald merken, wer Herr des Hauses war.
    Johann Wanitzky bummelte durch die Stadt. Bonns Dimensionen erschienen ihm unwirklich nach den Eindrücken, die er wenige Tage zuvor in Kinshasa, der wuchernden afrikanischen Millionenstadt, gewonnen hatte. Dieser Alptraum mit seinen Armenvierteln und der steinernen Monumentalität war nicht einmal auf Öl, sondern auf zerrinnende Dollars gebaut. In der Hauptstadt Zaires hatte er einen Millionenauftrag an Land ziehen können, der seinen Einstand bei der Koordinata-Bonn wie die Gabe des Schlotbarons an einen armen Verwandten erscheinen ließ.
    Auf dem Münsterplatz wurde wieder einmal demonstriert – für oder gegen irgend etwas. Lautsprecher quäkten, und eine Blaskapelle schmetterte ihre Weisen. Inmitten dieses Trubels stand ein girlandengeschmückter Beethoven auf seinem Sockel. Selbst die überdimensionalen Pappohren, die man ihm angeklebt hatte, nahm er gelassen hin. Der Meister hatte schon andere Maskeraden erlebt.
    Polizisten mit Sprechfunkgeräten schoben sich unbehelligt durch die Menge. Diese Demonstration gegen Tierexperimente verlief friedlich. Sie hatte nichts von der explosiven Kraft und Zerstörungswut, die Wanitzky an anderen Orten erlebt hatte. So ging er ein paar Schritte mit der Menge, ließ sich treiben vom Kollektiv und dachte daran, daß sein Kapital auf Konten mit Nummern und Kennbuchstaben arbeitete, um wenigstens einem Menschen den Zugang zu den Freuden dieser Welt zu eröffnen.
    Wieder im Hotel, ließ er sich einen doppelten Scotch mit Eis servieren, um danach eine Siesta einzulegen. Müde wollte er um sechs nicht sein. Er hatte Auftrag erteilt, ihn fünfzehn Minuten vor der Zeit zu wecken.
    Sie kam pünktlich und begrüßte ihn geschäftsmäßig neutral. Auch das gehörte zur Vertragserfüllung. Er bat sie nicht, Platz zu nehmen, sondern trat ein paar Schritte zurück, um sie eingehend zu betrachten – wie die Ware, die er überall in der Welt einkaufte. Das Bild, dessen Einzelheiten er genußvoll auf sich wirken ließ, war rundherum erfreulich: eine mittelgroße, dunkelhaarige Erscheinung, die genau mit der Figur ausgestattet war, um dem Geschmack fast aller Auftraggeber gerecht zu werden. Das helle Seidenkleid bot einen effektvollen Kontrast zur getönten Haut und hatte die passende Länge, um ihre formvollendeten Beine in hochhackigen Sandaletten zur Geltung zu bringen. Daß all diese Attribute perfekt dargeboten wurden, war selbstverständlich.
    »Ilka Ritter«, sagte Wanitzky betont langsam. »Ich schlage Ihnen ein Geschäft vor.«
    »Bitte, ich höre«, sagte sie, ohne das geringste Erstaunen zu zeigen.
    »Sie treten ab sofort in meine Dienste als bevollmächtigte Sekretärin. Ich bin in eine Bonner Firma eingestiegen und brauche jemanden, der mir zuarbeitet und in dem Laden Augen und Ohren offenhält.«
    »Eine reizvolle Aufgabe; aber was wird aus meinem Inter-Service-Vertrag?«
    Wanitzky winkte ab. »Darüber brauchen Sie sich keine Sorgen zu machen. Ich werde Sie auslösen.«
    »Und das zu erwartende Gehalt?«
    »Das Doppelte von dem, was Sie bisher bei Inter-Service bekommen haben.«
    »Und?«
    Wanitzky schmunzelte. »Extras gesondert, wie
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