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Spekulation in Bonn

Titel: Spekulation in Bonn
Autoren: Georg R. Kristan
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mit mir.«
    Niki prustete los: »Toll – wir beide am Montag nicht im Büro. Da wäre unser Sendenstein ganz schön sauer. Wo mag mein Chef, dein treuer Kompagnon, jetzt wohl rumhängen?«
    »In Bad Godesberg«, antwortete Kai Fischbach prompt. »Die Partei gibt dem Planungsminister zu seinem sechzigsten Geburtstag einen großen Empfang. Sendenstein ist auch eingeladen.«
    »Wie schön«, meinte Niki lachend. »Und ich gebe einen ganz kleinen Empfang für dich.« Mit einem Gedankensprung fuhr sie fort: »Hast du’s gemerkt, eure Neuerwerbung, dieser Wanitzky, wollte mich anmachen. Der zieht jede Frau gleich aus mit seinen schwarzen Augen.«
    »…und an! denke ich. Millionen haben eine geradezu magische Wirkung und Anziehungskraft.« Kai Fischbach wußte, wovon er sprach.
    »Vielleicht zockt er auch«, dachte Martha Nikols, ohne es laut auszusprechen; als »Niki« hatte sie zu schweigen gelernt. Sie behielt nie mehr als den halben Gewinn – doch dafür gab sie sich ganz. Die Herren durften das volle Risiko des Einsatzes tragen und – so oder so – des Glückes teilhaftig werden. Nikis Ehemann, ein begabter Mathematiker, hatte einmal geglaubt, für sie ein todsicheres Gewinnsystem errechnet zu haben. Dabei war sein kleines Vermögen draufgegangen – und sie hatte sich abgesetzt.
    Im Hotel ›Fatimah‹, nur wenige hundert Meter vom Spielcasino entfernt, galten Niki und Kai als solvente Stammgäste. Der Etagenkellner war aber doch überrascht, als er ihre Bestellung – Sekt, Kaviar und ein kleines Quick-Dinner – entgegennahm.
    »Service im Zimmer?« vergewisserte er sich.
    »Ja, und möglichst bald«, bestätigte Niki und huschte ins Bad. Kai wollte ihr nach, um wie sonst auch seine helfende Hand anzubieten.
    »Draußen bleiben, du Lüstling«, wehrte sie ab. »Laß dich von Fortuna überraschen.« Damit zog sie die Tür hinter sich zu.
    Kai ließ sich in den Sessel fallen und sann vor sich hin. Niki plätscherte in der Wanne und trällerte Melodien von Sehnsucht und Glück – eine endlose Zeit, so schien es Kai.
    Der Etagenkellner klopfte. Auf das »Herein« schob er den Tischwagen vor die Sitzgruppe. Kai hob die silberne Abdeckglocke von einem der Teller und schnupperte den Duft von frischem Gemüse, zartem Entrecote und einer würzigen Sauce. Er nickte und gab seiner Zufriedenheit mit einem entsprechenden Trinkgeld Ausdruck. Der Kellner dankte und schloß mit einem »Guten Appetit« leise die Tür hinter sich.
    Ihr Auftritt war bühnenreif. Kai setzte vor Erstaunen die Abdeckglocke zurück. Niki gab sich als Dame der Demimonde. Wie ein Schleier von nichts umwehte das offene Neglige ihre vollkommene Figur. Dazu trug sie nur noch die Perlenkette und den Seidengürtel ihres Abendkleides. Das Bermudadreieck war frei.
    »Hat jemand zum Essen gebeten?« fragte sie in aller Unschuld. Sie sah, daß Kai schluckte, und fuhr fort: »Dann aber in der richtigen Garderobe. Wir wollen auch hier die Spielregeln des Casinos beachten. Ich warte gern fünf Minuten, bis du dich frisch gemacht hast. – Zum Erscheinungsbild des Herrn gehört nun mal die Krawatte. Darüber hinaus genießt der Spieler jede Freiheit.«
    Kai erhob sich und wollte Niki an sich ziehen. Sie wehrte ab. »Aber, aber. Eine gewinnende Dame darf doch wohl Respekt erwarten. Halten Sie sich bitte an die Kleiderordnung, mein Herr!«
    Nach kaum einer Minute kam Kai aus dem Bad zurück. Er hatte sich der Eintrittsbedingung gebeugt und trug Krawatte, kunstvoll geschlungen zum Windsorknoten.
    »Mit einem solchen Lendenschurz gefällt er mir, mein Glücksritter«, freute sich Niki und bot ihm mit großer Geste den Platz an ihrer Seite an. »Jetzt erst das Sekt-Menü, und dann, mein Herr – bitte das Spiel zu machen.«
    Wieder einmal traf sich an historischer Stätte »eine Gesellschaft, die die Quelle besucht«. Vor knapp zweihundert Jahren hatte der sparsame, aber weitblickende Kurfürst Max Franz das Ball- und Spielhaus »La Redoute« errichten lassen, um den hochmögenden Badegästen neben dem Genuß des heilenden Wassers auch stärkere Medizin anzudienen. Der Förderer des jungen Beethoven wußte, was Menschen bei der Kur glücklich macht: Musik und Tanz, Spiel und Frauen. Im kurfürstlichen Lustschlößchen wurde gezockt auf Deibel komm raus, bis die preußische Regierung 1818 den Spielbetrieb »wegen Gefährdung der Bonner Studenten« verbot.
    Zu dieser abendlichen Stunde, da sich in Bad Neuenahr das Roulette drehte, hatten sich unter dem restaurierten
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