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Spekulation in Bonn

Titel: Spekulation in Bonn
Autoren: Georg R. Kristan
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mit der schillernden Perlenkette. Die Spielerin neigte mit einer leichten Drehung kuschelnd den Kopf zur Seite. Ihr blondes Haar fiel über die tastende Hand.
    Die Elfenbeinkugel im Kessel verlangsamte ihren Lauf, dann Stillstand des Glücks bei der schwarzen 26. Kai Fischbach zeigte sich nur mäßig davon bewegt, daß sein Medium kein Glück gehabt hatte. Er blickte fasziniert zu der Goldbereiften schräg gegenüber – Plein 10 abermals perdu. Sie lächelte und sah mit stoischer Gelassenheit zu, wie das Rateau die Jetons abräumte.
    Schnelle, flüssige Bewegungen der Croupiers, gedämpftes »klack-klack« der Jetons, erleichtertes Aufatmen beim einen, krampfhafte Gelassenheit bei den anderen. Einige wechselten am Tisch Hundertmarkscheine ein, um das Spiel fortsetzen zu können; auch Fünfhunderter und Tausender wurden hingeblättert. Das Papier verwandelte sich sekundenschnell in bunte »Stücke«. Solche Stücke sorgten in dreißig deutschen Spielbanken für einen Jahresumsatz von zwanzig Milliarden Mark.
    Kai verstärkte den Druck seiner Hand: »Macht nichts, Niki, du weißt doch…«
    »Es läuft heute nicht, Kai«, flüsterte sie. »Willst du an den Tisch?«
    Er winkte ab. »Du bist die Glücksfee.«
    Wieder die ruhige Stimme des Croupiers: »Bitte das Spiel zu machen.«
    Roulette, das wohl »ehrlichste und fairste Glücksspiel der Welt« mit seinen wechselnden Höhen und Tiefen, ließ die Spieler nicht los.
    »Kai, noch einen letzten Versuch, dann ist das Limit erreicht.« Nikis Stimme ließ Nervosität erkennen, und Kai sah den schnelleren Pulsschlag unter der Perlenkette.
    Die Dame vom verlorenen Plein 10 schien das Glück zwingen zu wollen. Sie setzte alle noch vorhandenen Jetons auf das vor ihr liegende Feld »Passe« – die einfache Chance. Wenn die Kugel auf eine der Zahlen 19 bis 36 fallen würde, hätte sie ihren Einsatz verdoppelt.
    Blitzschnell schaltete die von Kais Händen liebevoll geführte Niki auf Hasard: »Plein 10!« Eine merkbare Bewegung ging um den Tisch. Sie hatte ihre letzten Stücke gesetzt. Zwei Hunderter-Jetons.
    Die frühere Verliererin lächelte gönnerhaft: »Kindchen-Kindchen«, ließ sie etwas mitleidig und gar nicht leise vernehmen.
    Niki preßte die Handflächen zusammen; das Spiel lief. Die rotierende Kugel wurde langsamer und verlor ihren faszinierenden Sound. Ein kurzes Holpern und – klack! die Zehn! Die »Goldene Zehn« hatte es erwischt, mit der im Casino Bad Neuenahr das Glück begonnen hatte.
    Niki fuhr hoch. Sie spürte nicht mehr den Druck der Hand auf ihrer Schulter und hörte auch nicht Kai Fischbachs eher bedauernde Worte: »Oh, Glück im Spiel – was wird aus der Liebe?«
    Niki ließ sich den Gewinn zuschieben – siebentausend – und stand sofort auf. »Schluß für heute.«
    Drei Hunderter-Jetons wanderten in den Schlitz des Tronc für die Gehälter der Croupiers.
    Von jedem kam ein kurzes »Danke!«.
    Die goldbereifte Dame hatte nun auch auf »Passe« alles verloren. Niki und Kai nahmen noch wahr, daß der Saalchef diskret und freundlich mit der Verliererin sprach, die dann ihren Platz am Tisch räumte. Sie ging gewiß in der Hoffnung, ihren Gewinn am nächsten Abend wieder hereinholen zu können. – Corriger la fortune!
     
     
    Niki hatte die Jetons in Bargeld umgetauscht und gab dem Saalportier ein gutes Trinkgeld. Auf der Treppe zum Parterre umfing die Casinobesucher eine ganz andere Geräuschkulisse: gedämpfte Musik aus der Tanzbar, durchsetzt mit dem mechanischen Klappern und Surren der Spielgeräte im Automatensaal. Hier versuchten die dicht an dicht stehenden Spieler, die »einarmigen Banditen« zu überlisten.
    »Und nun, was befiehlt das ›Kindchen‹?« fragte Kai Fischbach. »Tanz in der Casino-Bar oder ein Mitternachtsmenü bei Enrico?«
    »Die Lady hat für das ›Kindchen‹ bitter büßen müssen«, stellte Niki, noch ganz im Banne des Spiels, mit Befriedigung fest. »Nicht mal Passe ist gelaufen. Du siehst, auch alte Gänse schnattern das Glück nicht herbei.«
    »Und das erfreut dein Zockerherz! Doch was nun? Du hast gewonnen und kannst wählen. Ich lasse mich gern aushalten. Bei dir ist jede Mark gewinnbringend angelegt.« Kai drückte Nikis Arm.
    »Du«, sagte sie in dem ihm so vertrauten Ton: »Da gibt es noch eine dritte Möglichkeit. Das französische Bett ist auch sehr gut.«
    Kai Fischbach seufzte zufrieden. »Wußt’ ich’s doch. Roulette macht sinnlich. Nach diesem Coup hättest du einen richtigen kleinen Urlaub verdient –
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