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Kultur 04: Ein Geschenk der Kultur

Kultur 04: Ein Geschenk der Kultur

Titel: Kultur 04: Ein Geschenk der Kultur
Autoren: Iain Banks
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    Die Fahrt über die berühmte Straße der
Schädel gestaltet sich ein wenig unsanft…
    »Mein Gott, was ist denn los?« schrie Sammil Mc9,
als er erwachte.
    Der Karren, in dem er und sein Gefährte als Anhalter
mitfuhren, erbebte heftig.
    Mc9 legte die schmutzigen Hände auf ein Brett aus verfaultem
Holz, das eines der Seitenteile des Karren bildete, und sah hinunter
auf die legendäre Straße, während er sich fragte, was
wohl die Ursache dafür sein mochte, daß das bisherige
lediglich unangenehme Rumpeln des Karrens sich zu einer Reihe von
markerschütternden Stößen entwickelt hatte. Er
rechnete damit zu entdecken, daß sie ein Rad verloren hatten
oder daß der vor sich hindösende Kutscher das Fahrzeug von
der Straße abkommen und in einen steinigen Acker hatte holpern
lassen, doch er sah nichts dergleichen. Er starrte eine Weile
glotzäugig auf den Straßenbelag, dann ließ er sich
in den Karren zurücksinken.
    »Donnerwetter!« sagte er zu sich selbst. »Ich
wußte gar nicht, daß das Imperium jemals Feinde mit derart großen Köpfen hatte. Die Vergeltung aus dem
Jenseits, nichts anderes ist das.« Er wandte den Blick nach
vorn; der greise Kutscher schlief immer noch, trotz des heftigen
Schütteins des Fahrzeugs. Vor ihm hatte der schlappohrige
Vierfüßer zwischen den Deichseln einige Mühe, auf den
überdimensionalen Schädeln, die diesen Teil der
Straße bildeten, Tritt zu fassen; die Strecke führte
– Mc9 folgte mit den Augen der dünnen weißen Linie in
die Ferne – zur Stadt.
    Sie erstreckte sich am Horizont des Hochmoors, ein verschwommenes
Schimmern. Der größte der Teil der sagenhaften Megapolis
lag noch tiefer als der Horizont, doch ihre scharf umrissenen,
glitzernden Türme waren unverkennbar, selbst durch den wabernden
blauen Dunst. Mc9 grinste bei diesem Anblick, dann beobachtete er das
still kämpfende pferdähnliche Wesen, das auf der
Straße dahinstolperte und rutschte; es schwitzte heftig und war
von einem Schwarm Fliegen umschwirrt, die um seinen schlappohrigen
Kopf summten wie lästige Elektronen um einen widerwilligen
Kern.
    Der alte Kutscher wachte auf und versetzte dem Gaul zwischen den
Deichseln einen schlecht gezielten Peitschenhieb, dann versank er
wieder in seinem Schlummer. Mc9 wandte den Blick ab und ließ
ihn über das Moor schweifen.
    Normalerweise war das Moor ein kalter und öder Ort,
eingehüllt in Wind und Regen, doch heute war es sengend
heiß; die Luft stank nach Sumpfgasen, und die Hitze war mit
kleinen leuchtenden Blumen gesprenkelt. Mc9 sank wieder in das Stroh
zurück; er kratzte sich und rutschte hin und her, während
der Karren unter ihm bockte und ruckweise weiterpolterte. Er
versuchte, die Strohbündel und die Haufen getrockneten Dungs in
eine für ihn bequemere Anordnung zu verschieben, was ihm jedoch
mißlang. Er war gerade mit dem Gedanken beschäftigt,
daß ihm diese Reise sehr lang vorkommen würde und in der
Tat höchst ungemütlich wäre, wenn dieses Holpern
anhielte, als die Stöße aufhörten und der Karren sein
normales Rattern und Quietschen wieder aufnahm. »Gott sei Dank
haben sie nicht allzulange durchgehalten«, murmelte Mc9
vor sich hin, legte sich wieder zurück und schloß die
Augen.
    … er fuhr mit einem Heuwagen über eine laubreiche
Landstraße. Vögel zwitscherten, der Wein war kühl,
Geld wog schwer in seiner Tasche…
    Er schlief nicht richtig, als sein Gefährte – dessen
Namen herauszufinden sich Mc9 nie die Mühe gemacht hatte, trotz
ihrer langen Bekanntschaft – aus dem Stroh und Dung neben ihm
auftauchte und sagte: »Vergeltung?«
    »Hä? Was?« sagte Mc9 verdutzt.
    »Erklär Vergeltung.«
    »Oh«, antwortete Mc9, rieb sich das Gesicht und verzog
es zu einer Grimasse, während er in die hoch am blaugrünen
Himmel stehende Sonne blinzelte. »Die Vergeltung, die den
Untertanen des Königreichs von den geschlagenen Feinden des
Geliebten Imperiums auferlegt wurde.«
    Der kleine Gefährte, dessen auffällige Schmuddeligkeit
nur teilweise durch eine Schicht unmaßgeblich wenig schmutzigen
Strohs verdeckt war, blinzelte wütend und schüttelte den
Kopf. »Nein… ich meinen, was bedeuten
›Vergeltung‹?«
    »Das habe ich dir doch gerade gesagt«, erwiderte Mc9
mißmutig. »Jemanden für etwas
dranzukriegen.«
    »Oh«, sagte der Gefährte und ließ sich diese
Auskunft durch den Kopf gehen, während Mc9 wieder in den Schlaf
hinüberdämmerte.
    … drei junge Mägde gingen vor seinem Heuwagen her; er
holte sie ein, und sie nahmen
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