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Spekulation in Bonn

Titel: Spekulation in Bonn
Autoren: Georg R. Kristan
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nicht zu gebrauchen.«
    Mit einem »Nun ja, gehen wir mal für heute davon aus« trat der Sprecher des Triumvirats abermals seinen Rückzug an. »Wir müßten noch ein paar andere Fragen klären.«
    »Mein Büro – zum Beispiel«, sagte Wanitzky.
    Fischbach bekundete Hilfsbereitschaft. »Auf unserer Etage sind drei Räume reserviert, und die Sekretärin…«
    »… suche ich mir selbst aus«, winkte Wanitzky ab. »Ich brauche da etwas Hochkarätiges, sprachkundig und gesellschaftsfähig. – Schließlich habe ich noch ein paar andere Geschäfte zu erledigen.«
    »Sie wollen doch nicht sagen, daß Sie häufiger abwesend sein werden?« erkundigte von Sendenstein sich besorgt.
    »Aber gewiß doch. Beamte gibt es genug in Bonn. Ich bin kein Stunden- und Staatsdiener. Ich beliebe zu kommen und zu gehen, wie es mir paßt.« Wanitzky tupfte mit dem linken Zeigefinger leicht an seinen dunklen Schnurrbart. »Mein Büro wird immer wissen, wann ich abwesend bin.«
    »Sie können aushilfsweise gern auf Frau Nikols zurückgreifen«, diente sich von Sendenstein an.
    Kai Fischbach schien andere Vorstellungen zu haben. Er drückte sich etwas orakelhaft aus. »Damit Ihnen die weniger bekannte Seite Bonns nicht verborgen bleibt, lassen Sie sich überraschen. Hier gibt es einen ausgezeichneten Hostessen-Service mit bonnkundigen Reise- und Tagessekretärinnen. – Qualität zu annehmbaren Konditionen.«
    Johann Wanitzky sah Fischbach mit einem breiten, wissenden Lächeln an. »So, so, das freut mich zu hören. Eine gute Nachricht. Ich werde die Sache selbst in die Hand nehmen. Danke für Ihre Bemühungen.«
    Die drei Herren trennten sich alsbald mit einem nichtssagenden Händedruck und freuten sich auf das jetzt beginnende Wochenende.

 
    2
     
     
     
    Der Croupier ließ die Kugel laufen. »Nichts geht mehr!« Die einsetzende Aufmerksamkeit in der Runde der Spieler wurde unterstrichen durch das Surren des rotierenden Stückchens Elfenbein. Ein langsamer werdender Lauf, und die Kugel sprang in das Nummernfach 8. Der Croupier deutete mit dem Rateau auf die Ziffer und rief sie mit allen Gewinnchancen aus. Vom Rechen geschoben und gezogen, gelangten die farbigen Jetons wie in einer mystischen Zeremonie auf den richtigen Platz.
    »War wohl nichts«, flüsterte der Herr im anthrazitfarbenen Anzug der vor ihm am Tisch sitzenden Dame zu. »Jedes Laster hat seinen Preis. Aber wie heißt es so schön: ›Unglück im Spiel – Glück in der Liebe.‹ – Das wird ein schöner Abend werden!«
    »Pst«, wehrte die Angesprochene ab und blickte gespannt auf den Tisch. Sie hatte auf Carre 16/20 gesetzt. Das hätte, wäre das Glück nicht so launisch, beim Einsatz von hundert Mark einen Gewinn von genau achthundert Deutschen Mark gebracht. Nun war ihr erster »Blauer« als Jeton in das Casino-Töpfchen gewandert. Damit hätte es die Dame des Spiels genug sein lassen können, denn im Schnitt verliert jeder Spieler pro Casino-Besuch etwa hundert Mark. Doch sie war ja hier, um zu gewinnen – nicht um zu verlieren.
    »Bitte, das Spiel zu machen!« kam sogleich die erneute Aufforderung des Croupiers.
    Die Dame setzte ein orangenes Stück als Transversale simple auf die äußerste Seitenlinie zwischen den Nummern 21 und 24.
    Jetzt lockte nur der fünffache Gewinn. Von allen Seiten kamen die Einsätze und Ansagen in schneller Folge zu den Nummern mit den hohen Gewinnchancen: Plein, A cheval, Transversale pleine, Quatre premiers. Diskreter wurden die Jetons auf das kleinere Risiko gesetzt. Flinke oder zaghafte Hände schoben sie auf die Felder der Dutzende und Kolonnen, Manque, Impair. Wenige entschlossen sich für die Farben Rouge oder Noir.
    Eine mutige Dame fortgeschrittenen Alters setzte in der siebten Folge alles auf »Plein 10«. Ihre Erregung machte sich nur durch ein leises Klingen ihrer goldenen Armreifen bemerkbar. Sie hatte offenbar nicht nur diese gewisse erotische Beziehung zum Geschehen am Spieltisch, sondern auch die nötigen »Stücke«, um sich ein solches Verhältnis leisten zu können. Die kleinen Serien des Nachmittagsspiels waren nicht ihre Welt.
    Schon hatten die gläubigen Kinder Fortunas für das nächste Spiel gesetzt – und wieder die Absage: »Nichts geht mehr!«
    Der Herr, der das Glück in der Liebe beschwor, legte seiner Partnerin, welche diesmal von der Transversale simple das fünffache Glück erhoffte, seine rechte Hand auf die Schulter. Seine Finger glitten über den Seidenstoff ihres hauteng sitzenden Kleides und spielten
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