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Sorry

Titel: Sorry
Autoren: Zoran Drvenkar
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sagt zu Kro nauer, daß er sitzen bleiben und sich umdrehen soll. Und zu Samuel sagt sie, er soll ihn fesseln. Kronauer flucht. Samuel greift in eines der Regale und holt eine Rolle mit Nylonband herunter. Er fesselt Kronauer die Hände auf den Rücken und tritt zurück.
    – Danke, sagt er zu Tamara.

DU
    Das Nylonband schneidet in deine Handgelenke, jeder Atemzug schmerzt. Wie konnte das alles nur passieren? Wie konntest du denken, daß es nur Fanni und Karl gibt? Verdammt, wie konntest du nur so naiv sein?
    Du drehst dich um und siehst, daß Tamara und der Mann den Keller verlassen. Tamara ist nicht dumm, sie läßt den Mann vorgehen. Du wünschst dir nur, sie würde die Waffe nicht so amateurhaft in der Hand halten.
    – He, Tamara.
    Sie dreht sich um.
    – Sie machen einen Fehler, wissen Sie das?
    Sie zögert. Du willst sie warnen, du willst ihr sagen, daß du sie kennst und daß du nicht willst, daß ihr etwas geschieht. Sie ist schneller:
    – Woher wissen Sie meinen Namen?
    Du hast keine Antwort. Für Sekunden siehst du sie nur an, dann reagierst du endlich und sagst, daß du doch mit deinen Kollegen von der Kripo in der Villa warst und - - -
    – Ich wurde Ihnen nie vorgestellt, wirst du von Tamara unterbrochen. Sie wurden mir nie vorgestellt. Das ergibt keinen Sinn. Ich wüßte wirklich gerne, woher Sie meinen Namen wissen.
    Sie wendet sich ab und folgt dem Mann nach oben. Sie denkt nicht einmal daran, die Tür hinter sich zu schließen. Sie ist so unvorsichtig, daß sie keine fünf Minuten mit dem Mann überleben wird.
    Du beginnst damit, daß du deine gefesselten Hände unter deinen Beinen von hinten nach vorne ziehst. Dein Rücken schmerzt, und es ist nicht gerade hilfreich, daß vier deiner Rippen gebrochen sind. Jede Bewegung verschlägt dir den Atem, und während du an den Fesseln arbeitest, fragst du dich, wieso Tamara dir nichtgeglaubt hat. Sie hat dich in der Villa gesehen, sie weiß, daß du Polizist bist. Und trotzdem.
    Und woher kennt sie den Mann? Was habe ich nur verpaßt? Wer sind Helena und Joachim? Und wo bin ich hier?
    Deine Hände sind jetzt vor dir. Du bist am ganzen Körper in Schweiß gebadet und kommst schwankend auf die Beine. Die Kellertür ist nur angelehnt, du könntest nach oben rennen und dann ...
    Der Schuß läßt dich zusammenschrecken. Du schaust fassungslos an die Kellerdecke, als wäre es dir möglich, durch den Beton die Räume darüber zu sehen. Du wartest auf den nächsten Schuß, und als du begreifst, daß ein Schuß gereicht haben muß, fängst du panisch an, deine Fessel an der Tischkante zu reiben.
    Er hat sie erledigt, dieser Schweinehund hat sie erledigt, und ich Idiot stehe noch immer hier unten herum und bin gefesselt und kann nichts machen.
    Du bist zu langsam. Schritte erklingen auf der Treppe, und du stehst vor der Tischkante wie ein Idiot mit gefesselten Händen und kannst nichts machen.

DER MANN, DER NICHT DA WAR
    Es ist fast zu einfach. Es ist fast zu beunruhigend einfach.
    Er geht mit dem Mädchen nach oben und füllt in der Küche ein Glas mit Wasser. Er kippt es gierig hinunter. Das Mädchen steht hinter ihm und fragt, ob er sich besser fühlen würde. Er nickt und sagt, er hätte vor zwei Tagen das letzte Mal gegessen und getrunken. Er füllt das Glas erneut und gefällt sich in seiner Rolle.
    – Wir sollten die Polizei rufen, sagt das Mädchen.
    Er nickt erneut und geht an ihr vorbei in das Wohnzimmer. Der Gestank der Leichen ist unerträglich. Er schaltet eine der Stehlampen an, schließt die Terrassentür auf und atmet dankbar die Nachtluft ein. Er wundert sich, woher das Mädchen so plötzlich gekommen ist. Wie lange ist sie schon im Haus? Die Eingangstür ist verriegelt. Wie konnte er sie nicht bemerken? Und wieso ist sie so still? Er dreht sich um. Das Mädchen steht im Türrahmen des Wohnzimmers und sieht ihn an.
    – Warum Wolf? fragt sie.
    Er ist ein wenig überrascht. Er hat sie für naiver gehalten, aber sie ist klug und sie paßt auf. Sie hätte ein gutes Familienmitglied abgegeben. Es ist ein schöner Gedanke. Sie und Fanni wären Schwestern gewesen.
    – Darf ich mich setzen?
    Er wartet ihre Antwort nicht ab. Er setzt sich in einen der Sessel und schlägt die Beine übereinander.
    – Warum Wolf? wiederholt sie.
    – Sie haben keine Kinder, nicht wahr? Sie sind dreißig, Mitte Dreißig? Sie würden nicht verstehen, wovon ich rede. Kinder. Kinder sind alles. Ohne Kinder hört die Welt auf, sich zu drehen. Ich habe nur meine Kinder
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