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Sorry

Titel: Sorry
Autoren: Zoran Drvenkar
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zweiter Mann sitzt röchelnd vor ihm und drückt sich die Hände an den Hals. Tamara weiß nicht, wohin sie zuerst blicken soll. Sie erkennt den Mann, der auf das Haus der Belzens aufpaßt. Sie erinnert sich an seinen Namen. Samuel. Tamara ist erleichtert, daß er noch am Leben ist, und richtet ihren Revolver wieder auf den Mann im Trainingsanzug.
    Auch den kenne ich. Dieses Gesicht, woher ...
    Und dann hat sie es. Vor einer Woche. In der Küche. Einer von den beiden Polizisten; derjenige, der sie gebeten hat, sich zu setzen. Der so jung war, daß ich ihn nicht ernst nehmen konnte.
    – Sie sind Polizist, sagt sie überrascht.
    – Kripo, sagt der Mann.
    – Sie ... Sie sind mit Gerald dagewesen.
    – Richtig. Gerald ist mein Chef. Ich bin Jonas. Jonas Kronauer. Tamara versteht nichts mehr.
    – Was ... was tun Sie hier?
    – Das ist eine lange Geschichte, sagt Kronauer und will aufstehen.
    – Nicht, sagt Tamara.
    – Was?
    – Für wie dämlich halten Sie mich? Bleiben Sie sitzen. Ich will erst von ihm hören, was hier passiert ist.
    Sie bemerkt, daß der Polizist ihre Waffe ansieht.
    – Das ist kein Spielzeug, sagt sie.
    – Ich weiß, sagt Kronauer. Ich dachte auch nicht, daß Sie ein Spielzeug auf mich richten würden.
    Tamara wartet, ob Kronauer mehr zu sagen hat. Er schweigt und bleibt sitzen.
    Gut.
    Tamara hockt sich neben Samuel.
    – Alles in Ordnung?
    – Ich bekomme ... kaum Luft ... Er hat mir ... gegen die Kehle ... Aber das wird schon ...
    Er hustet, er räuspert sich und fragt:
    – Haben Sie schon ... Helena und Joachim ... gefunden? Tamara nickt.
    – Gott sei Dank, sagt Samuel und hustet erneut. Ich dachte schon - - -
    – Es tut mir leid, unterbricht sie ihn, Helena und Joachim sind tot.
    Samuel senkt den Kopf, er schüttelt ihn langsam und ungläubig; als er wieder aufsieht, schimmern Tränen in seinen Augen. Er schaut zu Kronauer.
    – Was ist hier passiert? fragt Tamara.
    Samuel spricht, ohne den Blick von Kronauer zu nehmen.
    – Helena und Joachim sind vor zwei Tagen von ihrer Reise zurückgekommen, und am selben Abend ist er hier aufgetaucht. Er hat sich als Polizist ausgewiesen und erzählt, daß die Kripo die Villa observieren würde. Er hat mich überwältigt und in den Keller gesperrt. Seit zwei Tagen sitze ich hier unten, ohne zu wissen, was er Helena und Joachim angetan hat. Als er vorhin herunterkam, habe ich ihn überrascht.
    Jetzt sieht er Tamara an.
    – Ich bin froh, daß Sie uns gefunden haben, denn ich glaube nicht, daß ich hier lebend rausgekommen wäre.
    – Er lügt Sie an, sagt Kronauer. Er lügt Sie von vorne bis hinten an.
    – Helfen Sie mir bitte auf? sagt Samuel und streckt ihr die Hand entgegen. Tamara greift zu und hilft ihm auf die Beine.
    – Wir sollten die Polizei rufen, sagt Samuel.
    – Ich bin die Polizei! brüllt Kronauer plötzlich, dann wendet er sich ruhig wieder an Tamara. Rufen Sie meinen Boß an. Gerald wird Ihnen sagen, wer ich bin. Der Alte hat mir im Park aufgelauert ...
    – Das ist ja lächerlich, sagt Samuel.
    – ... und mich hierher verschleppt. Ich weiß nicht einmal, wo ich bin. Bitte, rufen Sie Gerald an.
    Samuel lehnt sich gegen die Wand. Er ist blaß und zittert.
    – Sehen Sie mich an, bittet er Tamara. Sehe ich aus wie jemand, der Leute durch die Gegend schleppen kann?
    – Hören Sie nicht auf ihn, sagt Kronauer.
    – Wir sollten ihn fesseln, bis alles geklärt ist, sagt Samuel.
    – Hören Sie mir zu, ich bin Polizist. Dieser Mann ist ein Päderast, und er wird keine Sekunde warten, bis er - - -
    – Wie können Sie es wagen? fährt Samuel ihm dazwischen. Haben Sie überhaupt keinen Anstand?
    – Ruhe!
    Die Männer verstummen. Tamara hält die Waffe zwischen die beiden. Sie spürt, wie sie ihr Gleichgewicht verliert. Sie ist vor den Männern zurückgewichen und hat jetzt die Wand in ihrem Rükken. Nichts funktioniert, wie es soll. Sie war sich sicher, sie stürmt hinunter und rettet Kris. Wo ist er nur? Am liebsten würde sie zurückspulen und ihren Beschluß neu überdenken. Und die Polizei rufen.
    Ich muß die Polizei rufen, ich muß - - -
    Wie aus weiter Ferne hört sie eine Stimme sagen:
    – Sie müssen sich entscheiden.
    Tamara fokussiert sich auf Kronauer. Da ist eine Erinnerung, die sie nicht fassen kann. Kronauer legt den Kopf schräg und wartet auf ihre Entscheidung. Er war in der Villa, er ist von der Polizei. Samuel hustet. Die Heizungsrohre rumoren. Ich wünschte, ich wäre woanders , denkt Tamara und entscheidet sich. Sie
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