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080 - Befehle aus dem Jenseits

080 - Befehle aus dem Jenseits

Titel: 080 - Befehle aus dem Jenseits
Autoren: Dämonenkiller
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Er hatte Angst. Die Furcht vor dem Tod hielt ihn in den Klauen. Sie ließ ihn nicht wieder los. Er wand sich stöhnend auf dem schmutzigen Stroh seines Kerkers. Vor seinem geistigen Auge tauchte das Bild seiner eigenen Hinrichtung auf.
    Es gab verschiedene Möglichkeiten, wie man einen Menschen vom Leben zum Tode befördern konnte. Man konnte ihn köpfen. Boris, der Holzfäller, hätte das mit einem einzigen Schlag erledigt. Doch Boris war tot. Er hatte ihn ins Verderben getrieben. Man konnte ihn hängen. Das wäre am einfachsten gewesen. Auf dem Dorfplatz erhob sich das Galgengerüst wie ein düsteres Sühnezeichen. Doch der Henker war tot. Er hatte ihn zum Selbstmord getrieben. Man konnte ihn ertränken, erdolchen oder erschießen. Doch wer hätte das gewagt? Alle hatten Angst vor ihm.
    Das beruhigte ihn ein wenig. Es brachte ihn auf andere Gedanken. Er kostete seinen Triumph über die Sterblichen noch einmal voll aus.
    Ja, er hatte mit ihnen gespielt. Er hatte ihnen seinen Willen aufgezwungen, und sie waren für ihn gestorben.
    Er wollte den Tod erforschen. Doch was nützte ihm das jetzt? Sie hatten ihn in seinem Versteck erwischt und vor den Richter geschleppt. Das Ganze war eine lächerliche Farce gewesen. Der Richter hatte vor Angst geschlottert. Er war heilfroh gewesen, daß er seinen Urteilsspruch rasch herunterleiern konnte.
    Draußen schrie ein Käuzchen. Der Wind heulte schaurig durch die Mauerritzen der Bojarenruine. Es war eiskalt. Düstere Schneewolken ballten sich am Himmel zusammen. Der Winter stand vor der Tür.
    Irgendwo raschelte etwas.
    Der Gefangene richtete sich auf. Seine Bewegungen wirkten ungeschickt. Er besaß eine grobschlächtigen, schlaffen Körper. Seine Arme hingen wie nasse Taue an ihm herunter.
    Jetzt raschelte es in den Ecken des finsteren Kerkers. Das Pfeifen mehrerer Ratten wurde hörbar. Sie waren hungrig. Und wenn Ratten hungrig waren, vergaßen sie ihre Angst vor dem Menschen. Doch der Gefangene hatte nichts gegen die kleinen Nager. Er tastete sich durch die Dunkelheit und bekam einen feuchten, zottigen Pelz zu spüren. Das Tier quiekte entsetzt auf. Der Gefangene wollte ihm nichts tun; im Gegenteil; er hob die Ratte vorsichtig vom Boden auf. In einer Ecke balgten sich mehrere Ratten um die kargen Brotrinden, die man ihm durch das kleine Fenster zugeworfen hatte. „Ihr seid zu eurem Meister gekommen", keuchte der Gefangene. „Ich wußte, daß ihr kommen würdet. "
    Seine geschwollenen Finger kraulten den Pelz der Ratte. Das Tier verhielt sich ruhig. Die rosige Schnauze glänzte feucht.
    „Ihr werdet mir gehorchen."
    Von irgendwoher trug der Wind einen Glockenschlag heran. Es schlug elfmal hintereinander.
    Noch eine Stunde, schoß es dem Gefangenen durch den Kopf. Mir bleibt nicht mehr viel Zeit. Die Hunde werden mir keine Minute länger zugestehen.
    Plötzlich kroch die Angst vor dem Tod erneut durch seine Glieder. Er wußte, daß es nicht so sehr die Angst vor dem Tod war, sondern vielmehr die Angst vor der Art des Todes. Er wußte nicht, wie sie ihn hinrichten würden; das hatten sie ihm wohlweislich verschwiegen; denn jeder wußte, daß er magische Kräfte besaß. Die Gefahr, daß er seinen Henker verhexte, war viel zu groß.
    „Ganz ruhig, meine kleinen Bestien", flüsterte der Gefangene.
    Die Ratten zerrten an seinen Hosenbeinen. Er spürte ihre winzigen Krallen. Einige sprangen an ihm hoch. Er roch ihre süßlichen Körperausdünstungen, empfand fast körperlich, wie stark die Gier der Nager war. Sie würden bedenkenlos jeden Menschen zerfleischen. Einige hundert Ratten könnten seine Rache an den Dorfbewohnern vollziehen.
    Er grinste unwillkürlich. „Ja, ihr werdet es der Bande schon zeigen. Sie werden genauso hilflos wie ich auf den Tod warten - und dann kommt ihr."
    Sein Lachen klang häßlich. Er krümmte sich zusammen und lachte, bis ihm die Augen tränten. Die Ratten sprangen wie toll durch den Kerker.
    Inzwischen waren mehr als fünfzig Ratten durch die Mauerritzen in den finsteren Kerker eingedrungen. Die beschwörenden Worte des Gefangenen versetzten sie in Raserei. Einige Tiere lagen, ineinander verbissen, auf dem Boden; andere wiederum schnappten nach den Beinen des Mannes. Das schien ihm nichts auszumachen, im Gegenteil; er hoffte, daß sein Blut seine dämonische Kraft auf die Ratten übertrug.
    Im Zustand völliger Raserei wälzte auch er sich auf dem Boden.
    Dennoch zerfleischten die Ratten ihn nicht. Ihre Schwänze wanden sich um seinen Hals, als
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