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Sorry

Titel: Sorry
Autoren: Zoran Drvenkar
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in der Wand, und deine Hände lösen sich wie Fleisch von einem Schaschlikspieß, und du bist endlich frei.

TAMARA
    Ein Lichtbalken fällt in das dunkle Wohnzimmer. Tamara hört schwere Atemzüge, dann nähern sich Schritte, und die Terrassentür wird geschlossen. Sie hört das Klimpern von Schlüsseln, in der folgenden Minute geschieht nichts. Wer auch immer im Wohnzimmer steht, er steht einfach nur im Wohnzimmer, während Tamara hinter dem Sofa hockt, Knie an der Brust und mit angehaltenem Atem. Schließlich entfernen sich die Schritte wieder.
    Stille.
    Das Licht im Flur verlöscht. Tamara wartet auf das Zuschlagen der Haustür. Nichts geschieht. Sie bleibt in der Dunkelheit zurück. Sekunden werden zu Minuten.
    Noch eine Minute. Oder zwei.
    Tamara wartet fünf Minuten, bevor sie sich hinter dem Sofa hervorwagt. Sie schleicht zur Terrasse und will die Tür aufziehen. Die Tür ist abgeschlossen. Tamara könnte heulen. Sie überlegt, womit sie die Scheibe einschmeißen könnte, und greift nach einer Stehlampe. Sie schwingt die Lampe. Die Gaspistole rutscht ihr aus dem Hosenbund und fällt auf den Boden. Tamara erstarrt. Sie sieht von der Pistole zur offenen Wohnzimmertür. Niemand hat mich gehört, niemand hat ... Und das ist der Moment, in dem die Stimmen an ihr Ohr dringen. Leise, verhalten, dann ein Schrei, gedämpft, entfernt, ein wenig, als würde eine Radiostation schwache Signale senden. Tamara lauscht. Das Blut wispert in ihren Ohren, ihr Herz hämmert. Sie konzentriert sich und folgt der Quelle bis zur Heizung. Sie beugt sich vor. Die Stimmen kommen vom Heizkörper. Tamara drückt ein Ohr dagegen und schreckt zurück. Wieso läuft die Heizung? Ihr Ohr berührt erneut das heiße Metall. Sie vernimmt ein Stöhnen und dann Schläge, und dann ist es wieder still. Sendepause. Und plötzlich weiß sie, warum Kris sich nicht meldet. Weil er hier ist. Warum sie ihn nicht erreichenkann. Weil Meybach ihn sich geschnappt hat. Eine Stimme spricht. Kris? Tamara versteht kein Wort. Ihre Hand tastet am Heizkörper entlang. Die Rohre führen nach unten.

DU
    Der Aufprall ist hart. Dein Hinterkopf schrammt an der Wand entlang, dann landest du auf deiner linken Schulter und versuchst so schnell es geht, von dem Mann wegzukommen. Du hast die Beine von ihm gelöst, was nicht so klug war, denn jetzt ist der Mann frei und dreht durch. Die Hand mit dem Hammer geht unermüdlich hoch und runter. Bisher hattest du Glück. Er streift deinen Arm, er streift dein Bein, er verfehlt dein Gesicht um Zentimeter. Du wirst zu einer Krabbe und weichst zurück. Dein Fuß stößt zu. Der Mann keucht, er hat Schwierigkeiten, auf die Beine zu kommen, und reibt sich die Brust. Sein Gesicht ist kalkweiß. Du ziehst dich an der Werkbank hoch. Deine Hände finden ein abgebrochenes Tischbein, es ist nicht so gut wie der Hammer, es ist aber besser als nichts. Jetzt kann der Mann kommen.
    – Nun komm schon, sagst du.
    Er zögert nicht, der Hammer zischt durch die Luft, du weichst aus, der Hammer verfehlt dein Kinn, dann wirft sich der Mann nach vorne, und seine Schultern rammen dich. Das Tischbein fliegt aus deinen Händen, und du fällst nach hinten.
    Wie kann er nur so schnell sein?
    Du weißt es nicht, du hämmerst ihm in die Nieren, triffst seinen Magen, triffst seine Brust und versuchst vergeblich, ihm ins Gesicht zu schlagen, während dir langsam bewußt wird, daß du schwächer bist, als du dachtest. Der macht mich fertig. Deine Schläge zeigen keine Wirkung. Ein merkwürdiges Geräusch ist zu hören, es dauert einen Moment, bis du begreifst, daß es der Mann ist. Er lacht heiser und drückt dir eine Hand auf die Kehle, so daß dein Hinterkopf auf den Boden gepreßt wird, der Hammer schwingt nach oben, erreicht den höchsten Punkt und ist wieder auf dem Weg nach unten, als die Kellertür mit einem Knall auffliegt. Der Mann dreht den Kopf, deine Faust erwischt seinen Hals, und du spürst,wie die Sehnen unter deinen Knöcheln nachgeben. Der Mann fällt röchelnd nach hinten. In der Tür steht Tamara Berger, und jetzt ist es an dir, zu lachen, denn die Szene wirkt wie aus einem schlechten Actionfilm, nur daß in keinem schlechten Actionfilm die Heldin bei ihrem Auftritt so verängstigt aussieht.

TAMARA
    – Bleib auf dem Boden! Hörst du, bleib auf dem Boden!
    Der Mann im Trainingsanzug ist so erschöpft, daß er sich kaum rühren kann. Er bleibt auf dem Boden und hebt abwehrend die Arme. Blut auf seinen Handflächen, Blut um seinen Mund. Ein
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