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Sorry

Titel: Sorry
Autoren: Zoran Drvenkar
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Flammen, und endlich, endlich überkommt ihn der Schmerz, und sein Verstand verschwindet in einer Ohnmacht, während sein Körper noch ein-, zweimal auf dem Teppichboden zuckt und dann still liegt. Die Arme senken sich, die Hände ruhen.
     
    Das Mädchen springt zurück, als der Schuß losgeht. Für eine Weile steht sie im Flur und wartet darauf, daß das Gas durch die Terrasse nach draußen zieht. Der Mann bekommt davon nichts mit. Er liegt auf dem Boden, das halbverbrannte Gesicht zur Seite gedreht. Speichel läuft aus seinem Mund, sein Herzschlag ist kaum noch zu spüren. Das Mädchen beugt sich über ihn. Sie riecht das verbrannte Fleisch, sie sieht das Blut und empfindet keinerlei Reue.

TAMARA
    Sie bleibt auf der Kellertreppe stehen und sieht durch die angelehnte Tür, daß Kronauer nicht mehr auf dem Boden sitzt. Sie ist müde. Sie hält eine leere Gaspistole in der Hand und ist hundemüde. Sie hockt sich auf die Treppe und wartet. Als kein Geräusch aus dem Keller kommt, sagt sie nach einer Weile:
    – Hallo?
    Ein Schatten bewegt sich durch den Raum, dann taucht Kronauer im Türspalt auf. Die gefesselten Hände sind nicht mehr hinter seinem Rücken. Er hält sie wie eine Gabe nach vorne.
    – Ich habe mich entschieden, sagt Tamara.
    – Und was hat Sie überzeugt?
    Sie hebt die Schultern. Auch wenn ihr zum Heulen ist, wird sie vor Kronauer nicht schwach werden.
    – Ich mochte ihn nicht.
    – Gut genug, sagt Kronauer und erweitert den Türspalt mit seinem Fuß.
    Tamara bleibt weiter auf der Treppe hocken. Kronauer ist keine Gefahr für sie, niemand ist mehr eine Gefahr für sie.
    Schlafen, wie schön wäre es, hier auf den Stufen einzuschlafen.
    – ... tot?
    Tamara schreckt hoch, für eine Sekunde war sie weg, untergetaucht.
    – Was?
    – Ist er tot?
    Tamara schüttelt den Kopf.
    – Ich glaube nicht.
    Kronauer hält Tamara die Fesseln entgegen.
    – Könnten Sie mir - - -
    – Was wird jetzt mit ihm passieren?
    – Ist das eine Fangfrage?
    – Nein, das ist keine Fangfrage.
    – Er wird festgenommen, er wird verurteilt, er landet im Gefängnis.
    – Ende der Geschichte?
    – Ende der Geschichte.
    Tamara steht auf.
    Falsch, das ist falsch.
    – Ich glaube, das ist nicht richtig, sagt sie und richtet die Pistole auf Kronauer. Gehen Sie mal zwei Schritte zurück.
    – Das ist doch jetzt nicht mehr nötig, sagt Kronauer.
    – Ich will nicht, daß er ins Gefängnis kommt.
    – Sie können ihn doch nicht laufenlassen, machen Sie keinen Unsinn!
    – Zwei Schritte zurück, befiehlt ihm Tamara.
    Kronauer weicht zurück, er versteht nicht, was das soll. Muß er auch nicht , denkt Tamara und zeigt mit der freien Hand auf die Kellerfenster.
    – Sehen Sie die Fenster? Sie schaffen das schon.
    Dann greift sie nach der Kellertür und schließt sie mit einem satten Knall. Sie dreht den Schlüssel im Schloß und läßt ihn stecken. Danach setzt sie sich wieder auf die Treppe und erwartet nicht, daß Kronauer gegen die Tür hämmert. Wenn sie ehrlich ist, erwartet sie nicht sehr viel von der Polizei.
    Er wird festgenommen, er wird verurteilt, er landet im Gefängnis. Ende der Geschichte.
    Tamara sitzt im Dunkeln auf der Treppe und denkt nach.

DU
    Die Tür schließt sich mit einem Knall, du hörst den Schlüssel im Schloß und bist wieder eingesperrt. Betrachte es von der humorvollen Seite, es ist besser, als eine Kugel abzubekommen.
    Diese blöde Schlampe.
    Du bist so erschöpft, daß du dich erst mal auf den Boden setzt und langsam nach hinten sinkst. Für eine Weile liegst du auf dem Rücken und hast die Augen geschlossen. Du dämmerst weg, du landest irgendwo zwischen dem Davor und dem Danach. In einem Zwischenreich, in dem nichts geschehen kann, was außerhalb deiner Kontrolle liegt. Du erwachst mit einem Schrecken. Alles ist gleich. Der Keller, die Schmerzen, du. Dein Versuch, dich aufzusetzen, mißlingt. Du rollst dich zur Seite und greifst nach der Wand. Deine Hände fühlen sich an wie aufgepumpt. Zumindest hat die Blutung aufgehört. Du kommst Zentimeter um Zentimeter auf die Beine. Vor einigen Jahren gab es einen sehr schlechten Film mit Bruce Willis. Du bekommst die Handlung nicht zusammen, du weißt nur, daß einer der Charaktere zerbrechliche Knochen hatte. Knochen aus Glas. Bruce müßte dich jetzt sehen. In deinem Inneren sind nur Scherben.
    Du brauchst fünf Minuten, um dich von den Fesseln zu be freien, weitere zehn Minuten dauert es, dann bist du durch das Kellerfenster nach draußen gekrochen und
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