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Solo

Solo

Titel: Solo
Autoren: Jack Higgins
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sagen wir mal, Sie schafften es bis zur Sowjetbotschaft, und von dort würden Sie nach Hause verfrachtet. Ich glaube nicht, daß man Sie mit offenen Armen empfangen würde. Schließlich haben Sie am Ende doch versagt, und soviel ich gehört habe, wird das nicht ausgesprochen gern gesehen. Natürlich hat man dort in puncto Todesstrafe zivilisierte Ansichten. Man hängt die Leute nicht. Man schickt sie dafür in den Gulag, was, wenn man Solschenizyn glauben darf, kein Kuraufenthalt ist. Andererseits hat Moskau seine Bücher immer als gemeine westliche Propaganda bezeichnet.»
    «Und die Alternative?» fragte Deville.

      «Die Franzosen – Sie sind doch französischer Staatsbürger, Maître Deville, nicht wahr? – die Franzosen könnten auf Ihrer Auslieferung bestehen, und ihr Geheimdienst ist höchst empfindlich, was russische Agenten betrifft, besonders seit der Sapphire-Affaire im Jahr achtundsechzig, als der Verdacht auftauchte, der Nachrichtendienst sei vom KGB unterwandert. Man würde Sie zweifellos an die Abteilung Fünf überstellen, und dort sind sie wirklich sehr altmodisch in ihren Methoden, Informationen aus ihren Schützlingen herauszupressen. Meines Wissens glauben sie noch immer an die Macht der Elektrizität, besonders wenn die Drähte an bestimmte Teile der Anatomie des unglücklichen Opfers angelegt werden.»
    «Und Sie?» fragte Deville. «Was hätten Sie anzubieten?»

      «Oh, den Tod natürlich», sagte Ferguson munter. «Wir werden uns etwas einfallen lassen. Autounfälle sind immer gut, besonders wenn der Wagen in Brand gerät. Die Identifizierung hängt dann gewöhnlich vom Tascheninhalt ab.»
    «Und danach?»

      «Frieden, Anonymität, ein ruhiges Leben. Plastische Chirurgie kann Wunder wirken.»

    «Als Gegenleistung für die richtige Art von Informationen?»
      Ferguson griff nochmals zur Karaffe und goß sich einen zweiten Whisky ein, dann kam er wieder und setzte sich auf die Tischkante.
    «Im Jahr dreiundvierzig, als ich mit dem französischen Maquis zusammenarbeitete, geriet ich dank einer Denunziation selber in die Hände der Gestapo in Paris. Sie hatten damals ihr Hauptquartier in der Rue des Saussaies, hinter dem Innenministerium. Zu dieser Zeit waren noch Gummischläuche in Mode. Höchst unangenehm.»

    «Sie konnten fliehen?»
      «Aus dem Zug ms Konzentrationslager Sachsenhausen, aber das ist eine alte Geschichte.» Er trat ans Fenster und spähte wieder hinunter auf die Straße. «Damals war es einfacher. Wir wußten, wo wir standen. Wofür wir kämpften. Aber jetzt …»

      Längere Zeit herrschte Schweigen, dann sagte er, ohne sich umzudrehen: «Natürlich bleibt immer noch das Zyankali.»

    «Lassen Sie mir die Wahl?»
      «Britisches Fair play, Alter. Ich war nämlich Präfekt in Winchester.»

      Er drehte sich um und sah, daß Deville die rechte Hand ausgestreckt hatte, und in der Mitte der Handfläche lag die kleine schwarze Kapsel. «Ich glaube nicht, haben Sie vielen Dank.»
      «Ausgezeichnet.» Ferguson nahm die Kapsel behutsam aus Devilles Hand. «Garstige Dinger.» Er ließ sie auf den Boden fallen und zertrat sie mit dem Absatz.

    «Was jetzt?» fragte Deville.
      «Oh, ich würde sagen, ein bißchen gute Musik», erwiderte Ferguson. «Es wird Ihnen gefallen, John Mikali spielt heute abend Rachmaninows Klavierkonzert Nummer vier in der Albert Hall. Etwas Besonderes.»

      «Davon bin ich überzeugt.» Deville zog den dunklen Mantel an, nahm seinen schwarzen Homburg vom Haken neben der Tür und ergriff den Spazierstock mit der silbernen Krücke.

      «Eine Frage noch», sagte Ferguson. «Nur um meine müßige Neugier zu stillen. KGB oder GRU?»

    «GRU», antwortete Deville. «Oberst Nikolai Ashimow.»
    Der Name klang seltsam aus seinem Mund. Ferguson lächelte.
    «Dachte ich mir. Ich sagte Morgan, Sie seien ein viel zu gebildeter Mann für den KGB. Gehen wir?»
      Er öffnete die Tür, trat höflich beiseite und ließ Deville den Vortritt.

      Und im gleichen Augenblick riß Katherine Riley, die im dichten Verkehr durch den Regen Richtung Cambridge fuhr, das Steuer ihres Sportwagens herum, schwenkte in eine Seitenstraße ein und hielt an.
      Sie stellte den Motor ab und blieb, die Hände fest um das Steuer gepreßt, mit schmerzhaft pochendem Herzen im Wagen sitzen. Schließlich stieß sie den Atem in einem langgezogenen Seufzer aus. Es gab nur einen einzigen Ort in der Welt, wohin sie jetzt fahren wollte, und dieser Ort war ganz
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