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Greifenmagier 1 - Herr der Winde

Greifenmagier 1 - Herr der Winde

Titel: Greifenmagier 1 - Herr der Winde
Autoren: Neumeier Rachel
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Kapitel 1
    Die Greifen erreichten Farabiand mit der Wärme des Frühsommers und ließen sich dabei vom Wind aus den luftigen Höhen zu den zart blühenden Landschaften der Vorberge hinabtragen. Der Wind, den sie mitbrachten, war heftig und heiß und ähnelte in nichts dem freundlichen Sommer Farabiands. Er schmeckte nach rotem Staub und heißem Messing.
    Kes sah sie kommen, während sie auf den hoch gelegenen Wiesen über dem Dorf Minasfurt Kräuter sammelte: mächtige Bronzeschwingen, die in der Sonne glänzten, lohfarbenes Fell, das an geschmolzenes Gold erinnerte, Sonnenlicht, das sich hart auf Schnäbeln und Klauen spiegelte. Einer war von grellem leuchtendem Weiß, ein anderer rot wie die Kohle im Herzen eines Feuers. Die Greifen ließen sich wie dahingleitende Adler vom Wind tragen, die Schwingen ausgebreitet und unbewegt. Der Himmel nahm eine glühende metallische Tönung an, als sie vorbeizogen. Sie schwenkten um die Bergflanke und verschwanden, einer nach dem anderen, bis keiner von ihnen mehr zu sehen war. Hinter ihnen wurde die Farbe des Himmels allmählich wieder weicher, bis er aufs Neue das gewohnte freundliche Blau zeigte.
    Kes stand barfuß in den Vorbergen über den Hochwiesen, das Haar wirr, die Hände voll mit frisch gepflückter Engelwurz, und blickte den Greifen nach, bis der letzte aus ihrem Blickfeld geglitten war. Das waren die schönsten Kreaturen, die sie je erblickt hatte. Beinahe wäre sie ihnen gefolgt und um die Biegung des Bergsattels gelaufen, hätte gar die Engelwurz und den Alant und die Gelbwurzel zurückgelassen, die dann in der Sonne verwelkt wären. Sie tat sogar einen ersten Schritt den Greifen nach, ehe sie es sich anders überlegte.
    Tesme verabscheute es nämlich, wenn Kes, ihre Schwester, nicht bis zur Abenddämmerung nach Hause kam; und sie verabscheute es noch mehr, wenn Kes nicht vor der Morgendämmerung zurückkehrte. Also zögerte Kes erst einen Augenblick lang und dann noch einen weiteren, denn sie wusste nur zu gut, dass sie die Zeit und die Erwartungen ihrer Schwester vergäße, wenn sie erst den Greifen folgte. Ein Geschrei und Theater höbe an, und erst nach Tagen würde Tesme mit großem Unwillen der Schwester erlauben, wieder in die Berge zu gehen. Also blieb Kes, wo sie auf dem Hang war, und schirmte die Augen mit einer Hand ab, während sie den Greifen lediglich mit Blick und Vorstellungskraft um die Biegung des Berges zu folgen versuchte.
    Greifen!, dachte sie. Greifen ... Langsam wanderte sie bergab, überquerte den Fluss auf der höchsten Wiese und setzte den Weg ins Tiefland fort, die Augen erfüllt von funkelnden Schwingen und Sonnenlicht. Sie kletterte über Mauern, ohne sie wirklich zu bemerken, eine nach der anderen, und marschierte von Hochweide zu Bergweide, von Bergweide zu Wiese auf mäßiger Höhe.
    Schließlich gelangte sie zur tief gelegenen Weide, die den Scheunen und dem Haus am nächsten lag. Hier jedoch bestand die Umfriedung aus Holzleisten und nicht aus Steinen, weshalb es auch keine flache Mauerkrone gab, auf der Kes wie zuvor ihren Korb bequem hätte abstellen können, bevor sie hinüberkletterte. Nun musste sie den Korb fest gegen ihre Hüfte drücken und unbeholfen balancieren, während sie mithilfe nur einer Hand über den Zaun stieg.
    Tesme entdeckte sie, als Kes gerade an der nächstgelegenen Scheune vorbeiging, und eilte ihr entgegen. Offenkundig waren die Greifen nicht so weit ins Tiefland geflogen, dass sie dem Haus nahe gekommen wären; in Tesmes Augen war nichts von Feuer und Pracht zu erkennen. Vielmehr zeigten sie sich erfüllt von Gedanken an trächtige Stuten und herumstolpernde Fohlen. Und von Sorgen. Kes bemerkte das, und es führte sie zurück zu den Nöten ihres Heims und der Pferdezucht.
    »Kes!«, rief die Schwester. »Wo bist du gewesen?« Sie warf einen Blick auf den Korb voller Kräuter und fuhr fort: »In Ordnung, ich sehe schon, wo du gewesen bist. Fein. Hast du vielleicht auch Milchfleckdistel gefunden, während du in den Bergen warst?«
    Kes blinzelte, um sich von den Bildern glänzender Schwingen zu befreien, schüttelte den Kopf und wies mit fragender Geste zum Fohlstall.
    »Es ist River«, erklärte Tesme nervös. »Ich denke, sie wird eine schwere Geburt haben. Ich hätte sie nie von diesem Deltahengst decken lassen sollen. Er war zu groß für sie, ich wusste es, aber ich möchte dieses Fohlen so sehr!«
    Kes nickte und tat einen Schritt auf das Haus zu.
    »Ich habe deine Sachen für dich herausgelegt - du
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