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Solang die Welt noch schläft (German Edition)

Solang die Welt noch schläft (German Edition)

Titel: Solang die Welt noch schläft (German Edition)
Autoren: Petra Durst-Benning
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Schmerzen aufhörten. Und schlafen wollte sie. Sie war so müde …
    »Keine hundertdreißig Kilometer in acht Stunden, was für ein jämmerlicher Schnitt«, sagte Irene verächtlich, als sie sich in einer der Fischerbuden im Hafen einen Schnaps zum Aufwärmen und Wachwerden gönnten. »Damit gewinnen wir keinen Blumentopf!«
    Jo, die sich in der Wärme der Bude ein wenig erholt hatte, schaute erstaunt von ihrem Frühstück, einer Heringsstulle, auf. »Was willst du denn gewinnen? Dass Susanne Lindberg den Gewinn einfährt, steht doch längst fest.«
    »Genau«, sagte auch Luise Karrer und schob ihr leeres Schnapsglas über die schmierige Theke der Fischerkneipe. »Außerdem zählt doch viel mehr der Gedanke, der hinter dem Rennen steht. Und das gemeinschaftliche Miteinander.«
    »Jeder, der tausend Kilometer durchhält, ist ein Gewinner«, fügte Josefine hinzu.
    Irene schnaubte. »Dass euch nichts daran liegt, eine ordentliche Zeit zu fahren, nehme ich euch nicht ab. Was Susanne angeht – von mir aus kann sie ruhig gewinnen! Aber ich möchte so bald wie möglich nach ihr durchs Ziel fahren.«
    Josefine ließ den letzten Schluck Schnaps in ihrem Mund hin und her rollen. Vielleicht nahm er ein wenig den schlechten Geschmack, den sie schon seit vielen Hundert Kilometern verspürte. Wenn sie ehrlich war, hatte sie sich das auch vorgenommen. Allerdings hatte sie sich von den Strapazen der Nacht den Schneid abkaufen lassen.
    »Nun ja«, sagte auch Luise Karrer gedehnt. »Du hast recht, wenn man schon die ganzen Mühen auf sich nimmt …«
    »Glaubst du wirklich, wir haben das noch in uns?«, fragte Jo skeptisch, während sie im selben Moment frische Kräfte aufleben spürte.
    Irene grinste übers ganze Gesicht. »Soll ich’s euch vormachen?« Sie warf ein paar Münzen auf die Theke und sprang von ihrem Stuhl auf. Im nächsten Moment war sie draußen bei den Rädern.
    Josefine legte ihre halbgegessene Fischstulle ab und schaute Luise an. »Wollen wir?«
    Die Ältere nickte grimmig. »Und ob!«
    Es war, als hätte jemand nicht nur beim Wetter, sondern auch in den Fahrerinnen einen Riegel umgelegt. Plötzlich machte das Fahren Josefine wieder Spaß. Ihre Beine taten wieder das, was sie sollten – nämlich kraftvoll und gleichmäßig in die Pedale treten. Bald hatten sie Helsingør erreicht und peilten Frederiksværk an. Als sie an der dortigen Kanonenfabrik vorbeifuhren, vor deren Eingang eine überdimensional große Kanone im Gras stand, sagte Josefine: »Eigentlich müssten sie einen Salutschuss für uns abfeuern, findet ihr nicht?«
    Irene und Luise lachten zustimmend.
    An der Kontrollstation am Ende des Ortes holten sie sich ihren letzten Stempel ab. Voller Stolz schaute Jo in das Heft, in dem jedes leere Quadrat nun von einem Stempel geziert wurde – ein Abbild ihrer Leistung.
    Von hier aus waren es nur noch fünfzig Kilometer bis ins Ziel. Die drei Frauen wussten: Die würden sie auch noch schaffen!
    Es geschah zwanzig Kilometer vor Kopenhagen. Wie bei Josefines Bremsenunfall fünfhundert Kilometer zuvor war der Übeltäter ein faustgroßer Stein. Mit dem Vorderrad konnte Irene ihm noch ausweichen, doch mit dem Hinterrad prallte sie seitlich dagegen. Ein metallischer Schlag ertönte, ähnlich denen, die zuvor aus der Kanonenfabrik gehallt waren, nur leiser, dumpfer. Erschrocken hielten alle drei Fahrerinnen an.
    »Verflixt, ein Achter im Hinterrad«, sagte Irene, nachdem sie ihr Rad inspiziert hatte.
    Jo seufzte leise. Das war’s dann wohl …
    Irenes Augen funkelten. »Glaubt ja nicht, dass ich deswegen aufhöre oder auch nur langsamer fahre.« Energisch schwang sie sich wieder aufs Rad.
    »Aber … das geht doch nicht!«, riefen Josefine und Luise wie aus einem Mund. Sie hatten beide nicht erst einen Achter im Hinterrad erlitten und wussten, wie schrecklich das Rad danach vibrierte. Als hätte man tausend Hummeln im Hintern!, hatte Fadi Nandou es einmal trefflich beschrieben.
    Doch Irene kümmerte sich nicht um die Unkenrufe der beiden anderen, sondern fuhr davon.
    »Wo bleibt ihr denn?«, rief sie nach hundert Metern, und es gelang ihr, trotz des trudelnden Rades noch eine Hand vom Lenker zu nehmen und zu winken. Angesichts ihres Hinterteils, das wegen des Achters wie ein Kuhschwanz hin und her wackelte, wirkte die Geste allerdings eher komisch.
    Josefine und Luise kicherten hysterisch.
    »Nun wissen wir, wer die wahre Besessene von uns dreien ist«, sagte Luise. Und schon folgten sie ihrer
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