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Solang die Welt noch schläft (German Edition)

Solang die Welt noch schläft (German Edition)

Titel: Solang die Welt noch schläft (German Edition)
Autoren: Petra Durst-Benning
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nach draußen. Es war kurz vor ein Uhr, um zwei wollten sie die Pforten öffnen. Noch kein Gast weit und breit. Gut. So konnte sie in Ruhe noch einmal prüfen, ob auch wirklich alles in bester Ordnung war. Bei ihrer Eröffnungsfeier sollte alles bis ins letzte Detail perfekt sein!
    Seit fast einer Woche waren Adrian und sie mit den Vorbereitungen beschäftigt. Das gemeinsame Arbeiten machte so viel Spaß, dass sie abends regelmäßig die Zeit vergaßen und bis spät in die Nacht werkelten.
    Als Erstes hatten sie die Räder vom Staub der langen Reise befreit und auf Hochglanz poliert. Alle waren in makellosem Zustand angekommen, es gab keinerlei Transportschäden zu bemängeln. Die Halle im Industriegebiet Feuerland, die Irene eigentlich nur als Übergangslösung angemietet hatte, war so perfekt für ihre Zwecke geeignet, dass Adrian sogleich zum Besitzer ging und einen langfristigen Mietvertrag unterschrieb.
    Nun standen Damen- und Herrenräder in der Halle, fein säuberlich getrennt in zwei Abteilungen. Der Anblick der eleganten Crescent Bikes ließ Josefines Herz jedes Mal höher schlagen.
    Gleich als Adrian ihr die Räder gezeigt hatte, machte sie mit einem der Damenräder eine Probefahrt. Es war Liebe auf den ersten Blick gewesen: Das Crescent-Fahrrad war komfortabel, wendig und schnell zugleich – Josefine fühlte sich damit rundherum sicher und gut aufgehoben. Und dann der Preis … Sie würden die Räder für einhundertelf Mark anbieten, hatte Adrian beschlossen. Eine originelle Summe, die zudem noch unter allen anderen lag, die im Bereich der Importräder im Fahrradhandel verlangt wurden. Aber bei einem Einkaufspreis von fünfzig Mark war immer noch genug verdient, sagte Adrian, der auf hohe Absatzzahlen hoffte.
    Wer weiß, vielleicht machen wir gleich heute den ersten Umsatz, ging es Josefine durch den Kopf, während sie die bunten Wimpel bewunderte, die Adrian und sie quer über den Eingang gehängt hatten. Große Bodenvasen mit den ersten Sommerblumen säumten das Tor links und rechts. Das zweieinhalb Meter lange und einen Meter hohe Metallschild mit der Aufschrift »Crescent-Fahrradhandel und Reparaturwerkstatt Neumann« leuchtete in der Sonne gelb und blau.
    Alles war bereit …
    »Jo? Josefine, wo bist du?«, ertönte es von hinten in der Halle. Josefine ging das Herz auf, als sie sah, wie viel leichtfüßiger Adrian auf sie zukam als noch vor wenigen Wochen. Die medico-mechanische Therapie mit gymnastischen Übungen und Geräten, die die Ärzte der Charité ihm verschrieben hatten, schien seinem Bein wirklich zu mehr Beweglichkeit zu verhelfen.
    »Du bist noch nicht umgezogen?«
    Josefine lachte. »Bin ich dir so nicht hübsch genug?«, sagte sie und zeigte auf ihr ölverschmiertes Kleid, in dem sie den Großputz erledigt hatte. Während sie spielerisch den schmutzigen Stoff anhob, glänzte der Rubin ihres Verlobungsringes tiefrot im Sonnenlicht.
    Gleich in der ersten Woche nach ihrer Rückkehr aus Dänemark hatte Adrian ihre Verlobung verkündet. Eine kleine Anzeige in der wichtigsten Berliner Tageszeitung, dazu eine Feier im engsten Kreis seiner Familie. Auf Diskussionen mit seinem Vater hatte er sich nicht eingelassen. »Entweder du kommst und heißt meine Braut willkommen, oder du lässt es sein«, hatte er Gottlieb Neumann ins Gesicht gesagt und ihn damit völlig aus der Fassung gebracht. Der Großindustrielle hatte genügend Kriege geführt, um zu wissen, wann er geschlagen war. Mit leicht säuerlicher Miene hatte er Josefine in die Familie aufgenommen. Seine Miene war freundlicher geworden, als er hörte, dass Josefine in den letzten zwei Jahren ihre Werkstatt aus dem Nichts aufgebaut hatte. »Auf diese Art habe ich auch einst angefangen. Die Anfänge sind immer am besten«, hatte er gesagt und dabei sentimental geklungen. Dann hatte er Adrian und ihr mit einem kräftigen Händeschütteln viel Glück gewünscht.
    »Der Sekt ist kalt gestellt, die Platten mit den Häppchen werden in einer halben Stunde geliefert …« Prüfend wanderte Adrians Blick über die langen weiß eingedeckten Tische. »Und du bist sicher, dass wir deine Werkstatt heute nicht öffnen sollen?«, sagte er und schaute Josefine mit schräg gelegtem Kopf an.
    Sie nickte. »Die Werkstatttür bleibt zu. Die Leute sollen schließlich nicht den Eindruck bekommen, dass die Crescent-Räder als Erstes eine Werkstatt benötigen, oder?«
    Adrian lachte. »Aber erwähnen darf ich sie doch? Immerhin ist es ein Extraservice, den wir
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