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Sog des Grauens

Titel: Sog des Grauens
Autoren: Bagley Desmond
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spannte seine Muskeln an in Erwartung dessen, was kommen sollte. Hansen hatte recht gehabt – dies war ein wirklich schlimmer, er war klein, eng und bösartig. Er war gespannt zu erfahren, wie groß das Druckgefälle war, das solche Windgeschwindigkeiten anfachte.
    Wenn das eben Erlebte das Fegefeuer war, dann war das Jetzige die reine, unverfälschte Hölle. Der ganze Körper der Constellation knarrte und ächzte unter den Schlägen, denen er ausgesetzt war; Dutzende Lecks entstanden in der Außenhaut, und eine Zeitlang fürchtete Wyatt, es könnte wirklich zuviel werden. Daß die Tragflächen abbrechen könnten, trotz der besonderen Verstärkungen, und sie in die kochende See stürzen würden. Er wurde von Wasser belästigt, das ihm in den Nacken rann, aber er schaffte es, den Rest der Instrumentenkapseln mit der gleichen Präzision abzuwerfen.
    Fast eine Stunde lang hatte Hansen mit dem Sturm gekämpft, und dann, gerade als er meinte, er könnte es nicht mehr länger aushalten, wurde die Maschine aus den Wolken herausgeschleudert, ausgespuckt, wie man einen Orangenkern ausspuckt. Er winkte Morgan, das Steuer zu übernehmen, und sackte in seinem Sitz zusammen.
    Als das Schütteln nachließ, machte Wyatt Bestandsaufnahme. Die Hälfte von Jablonskys Geräten war ganz ausgefallen, die Skalen standen auf Null. Glücklicherweise hatten die Bandaufnahmegeräte durchgehalten, so daß nicht alles verloren war. Smiths Bericht war noch trauriger – nur von drei aus einem runden Dutzend Kapseln hatte er Signale erhalten, und die waren nach etwa der halben Flugstrecke plötzlich abgerissen, als das Aufnahmegerät unter Funkenstieben aus seiner Halterung gerissen worden war.
    »Macht nichts«, sagte Wyatt philosophisch. »Wir sind durchgekommen.«
    Jablonsky wischte das Wasser auf seinem Arbeitsplatz auf. »Das war verflucht ruppig. Noch so einen, und ich lasse mich auf einen Büroposten versetzen.«
    Smith knurrte: »Ich mit.«
    Wyatt grinste sie an. »Sie werden nicht so schnell noch so einen finden«, sagte er. »Das war der schlimmste, den ich bei dreiundzwanzig Einsätzen erlebt habe.«
    Er ging nach vorn zur Pilotenkabine, und Jablonsky sah ihm nach. »Dreiundzwanzig Einsätze! Der Kerl muß verrückt sein. Mehr als zehn mache ich nicht mit – nur noch zwei weitere.«
    Smith rieb sich nachdenklich das Kinn. »Vielleicht hat er das Todesverlangen – Sie wissen doch, Psychologie und all das. Oder vielleicht ist er in Hurrikane verliebt. Aber er hat Mumm, das muß man ihm lassen – ich habe noch nie einen Mann mit einer solchen Ruhe gesehen.«
    In der Pilotenkabine sagte Hansen müde: »Ich hoffe, Sie haben alles. Ich möchte nicht gern noch einmal da hindurch.«
    »Es wird wohl ausreichen«, sagte Wyatt. »Aber ich kann es erst mit Bestimmtheit sagen, wenn wir zu Hause sind. Wann wird das sein?«
    »Drei Stunden«, sagte Hansen.
    Plötzlich gab es eine Veränderung in dem gleichmäßigen Dröhnen, und der linke Außenmotor zog eine schwarze Rauchfahne hinter sich her. Hansens Hand flog blitzschnell zu den Gashebeln. Dann stellte er die Luftschraube auf Segelstellung. »Meeker«, brüllte er, »was ist los?«
    »Weiß nicht«, sagte Meeker. »Aber ich schätze, er will nicht mehr. Fast kein Öldruck mehr.« Er machte eine Pause. »Ich hatte schon vor einiger Zeit einige Sorgen mit ihm, aber ich nahm an, du warst zu der Zeit nicht scharf darauf, es zu hören.«
    Hansen stieß einen langen Seufzer aus. »Jesus!« sagte er ehrfürchtig und ohne Absicht zu fluchen. Er sah Wyatt an. »Sagen wir, fast vier Stunden.«
    Wyatt nickte schwach und lehnte sich gegen die Schottwand. Er spürte, wie sich die Knoten in seinem Magen lösten, und merkte, daß er am ganzen Körper zitterte, jetzt, da es vorbei war.
    ***
    Wyatt saß an seinem Schreibtisch, gelockert und ruhig. Es war noch früh am Morgen, und die Sonne hatte noch nicht die Kraft, die sie im Laufe des Tages entwickeln würde, so war alles noch frisch und neu. Wyatt fühlte sich wohl. Nach seiner Heimkehr am vorherigen Nachmittag hatte er dafür gesorgt, daß seine wertvollen Bandaufnahmen zu den Computerleuten gelangten, und dann hatte er sich dem Genuß eines heißen Bades hingegeben, das alle Schmerzen aus seinem geschundenen Körper herausgelaugt hatte. Und am Abend hatte er mit Hansen ein paar Biere getrunken.
    Jetzt in dem frischen Morgenlicht fühlte er sich erholt. Er ging mit Lust an seine Arbeit, obwohl er, während er den Stapel Zahlentabellen zu sich
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