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Sog des Grauens

Titel: Sog des Grauens
Autoren: Bagley Desmond
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das Druckgefälle – das wissen Sie doch genau. Deshalb sind wir ja hier.«
    »Irgendwelche Änderungen für unseren Plan?«
    Wyatt schüttelte den Kopf. »Das Übliche – wir fliegen entgegen dem Uhrzeigersinn mit dem Wind hinein. Wenn wir im Südwestquadranten sind, nehmen wir direkten Kurs auf das Zentrum.«
    Hansen kratzte sich an der Wange. »Sehen Sie bloß zu, daß Sie all Ihre Messungen bei der ersten Runde schaffen! Ich möchte nicht das Ganze noch einmal fliegen.« Er machte eine Kopfbewegung nach hinten. »Ich hoffe, Ihre Geräte funktionieren besser als das letzte Mal.«
    Wyatt verzog sein Gesicht. »Das hoffe ich auch.« Er winkte fröhlich und ging nach hinten, um den großen Radarschirm zu beobachten. Alles war normal, nichts Außergewöhnliches – nur die übliche gefährliche Situation, die sie wieder einmal vor sich hatten. Er warf einen Blick auf die beiden Männer, die ihm unterstanden. Beide waren von der Marine, Spezialisten, die mit ihren Geräten bestens vertraut waren, und beide hatten solche Flüge schon mitgemacht und wußten, was ihnen bevorstand. Schon prüften sie den Sitz ihrer Anschnallgurte, um sich vor Abschürfungen zu bewahren, wenn sie plötzlichen unerwarteten Kräften ausgesetzt würden.
    Wyatt begab sich auf seinen eigenen Platz und schnallte sich am Sitz fest. Als er den Hebel einrastete, der den Sitz am Verdrehen hinderte, gestand er sich schließlich selbst ein, daß er Angst hatte. Er empfand in diesem Stadium des Fluges immer Angst – mehr Angst sicher als sonst jemand an Bord. Weil er mehr über Hurrikane wußte, sogar mehr als Hansen; Hurrikane waren sein Beruf, seine Lebensaufgabe, und er kannte die ungeheure Kraft der Winde, die bald das Flugzeug erfassen und zu vernichten versuchen würden. Und da war noch etwas anderes, etwas Zusätzliches, Neues. Seit dem Augenblick, als er auf Cap Sarrat den weißen Klecks auf dem Satellitenfoto zum erstenmal sah, hatte er das Gefühl, daß dieser ein besonders schlimmer sein würde. Es war nichts, das er hätte analysieren oder in den kalten Symbolen und Formeln der Meteorologie zu Papier bringen können, es war etwas, das er nur tief in seinem Innern spürte.
    Daher hatte er diesmal noch mehr Angst als sonst.
    Achselzuckend wandte er sich seiner Arbeit zu, als der erste kleine Windstoß die Maschine schüttelte. Das grüne Abbild auf dem Radarschirm stimmte gut mit den Satellitenfotos überein, und er schaltete das Registriergerät ein, das alle Daten auf Magnetband aufnehmen sollte, damit sie im Hauptcomputer mit all den anderen Informationen verglichen werden könnten, die jetzt bald hereinkommen würden.
    Hansen starrte nach vorn in das Dunkel. Die öligschwarzen Nimbostratuswolken waren in wilder Bewegung, wurden vom Wind gejagt, bauten sich auf und wurden wieder zerrissen. Er grinste Morgan mit zusammengepreßten Lippen an. »Dann wollen wir mal«, sagte er und ging in eine leichte Rechtskurve. In ruhiger Luft hätte die Super-Constellation bei dieser Gashebelstellung mit etwa 410 Kilometern pro Stunde fliegen müssen, und das zeigte der Fahrtmesser auch an, aber er wäre jede Wette eingegangen, daß ihre wahre Geschwindigkeit über dem Grund bei diesem Rückenwind näher bei 500 Kilometern lag.
    Das war das Verrückte bei dieser Geschichte; die Instrumente zeigten nicht die wahre Geschwindigkeit, und es bestand keine Hoffnung, eine gültige Messung nach Bodensicht zu bekommen, denn sogar wenn die Wolken aufreißen würden – was sie nie taten –, könnte man mit einem Blick auf lediglich ein gleichförmiges Stück Ozean nichts anfangen.
    Plötzlich fiel die Maschine wie ein Stein – in einem abwärts gerichteten Luftstrom –, und er riß am Steuer, während der Zeiger des Höhenmessers wie ein Kreisel tanzte. Er fing die Maschine ab und ging in den Steigflug, um seine Höhe wiederzugewinnen, und bevor er wußte, wie ihm geschah, wurde die Maschine von einer genauso heftigen Aufwärtsströmung erfaßt, und er mußte das Steuer nach vorn drücken, um nicht oben aus den Wolken ausgespuckt zu werden.
    Durch das Sicherheitsglas sah er Regen und Hagel nach oben vorbeitreiben, im blauen Schein von Blitzen. Als er sich umsah, bemerkte er einen grellen, verästelten Blitz, der von der Tragflächenspitze ausging, und da wußte er, daß sie getroffen worden waren. Er wußte aber auch, daß es nichts zu sagen hatte; da würde nur ein kleines Loch von der Größe eines Nadelstiches im Metall zu finden sein, das vom
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