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Sog des Grauens

Titel: Sog des Grauens
Autoren: Bagley Desmond
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Bodenpersonal verkittet werden müßte, und das war alles – außer der Tatsache, daß die Maschine und alles darin jetzt mit einigen tausend Volt elektrisch aufgeladen war, die bei der Landung zur Erde abfließen mußten.
    Vorsichtig steuerte er die Constellation auf einem spiraligen Kurs tiefer in das Sturmgebiet und traf auf immer stärkere Winde. Es blitzte nun fast unaufhörlich, und die scharfen Peitschenschläge der nahen Entladungen übertönten den Lärm der Motoren. Er schaltete sein Kehlkopfmikrophon ein und rief den Bordmechaniker: »Meeker, alles okay?«
    Es gab eine lange Pause, bevor Meeker antwortete. »A … es in Or … ng.« Die Worte gingen fast in atmosphärischen Störungen unter.
    Hansen rief: »Fein. Halte es so!« und begann im Kopf zu rechnen. Nach den Satellitenfotos hatte er den Durchmesser des Hurrikans auf 500 Kilometer geschätzt, das ergab einen Umfang von etwa 1.600 Kilometern. Um in den südwestlichen Quadranten zu gelangen, wo die Winde am schwächsten waren und sie am sichersten in Richtung auf das Zentrum vorstoßen konnten, würde er etwa ein Drittel des Umfangs zurücklegen müssen – also etwa 530 Kilometer. Sein Fahrtmesser schwankte nun so sehr, daß die Anzeige nicht zu gebrauchen war, aber nach seinen früheren Erfahrungen schätzte er seine Grundgeschwindigkeit auf etwas über 560 Kilometer pro Stunde. Sie flogen schon seit fast einer halben Stunde im Sturmgebiet, also blieb noch eine halbe Stunde bis zum Einkurven.
    Schweißtropfen standen ihm auf der Stirn.
    Wyatt in der Instrumentenkabine fühlte sich, als würde er grün und blau geschlagen, und er wußte, daß er nach dem Flug zu Hause auf Cap Sarrat beim Ausziehen Striemen finden würde, wo ihm die Gurte ins Fleisch schnitten. Die Kabinenbeleuchtung flackerte und flammte auf, wenn Blitze das Flugzeug trafen und das Bordnetz vorübergehend überluden, und er hoffte, daß die Instrumente diese Belastungen aushalten würden.
    Er warf einen Blick auf die anderen beiden Männer. Smith hockte in seinem Sitz und ließ seinen Körper locker mitgehen, wenn die Maschine hin und her geschleudert wurde. Ab und zu stellte er einen der Knöpfe nach. Um ihn brauchte Wyatt sich keine Sorgen zu machen. Jablonskys Gesicht sah grünlich aus, und während Wyatt hinsah, drehte er sich um und übergab sich. Aber er kam schnell wieder hoch und widmete sich seiner Aufgabe. Wyatt lächelte kurz.
    Er sah auf die Uhr am Instrumentenbrett und begann zu rechnen. Wenn sie in Richtung auf das Zentrum des Hurrikans einkurvten, würden sie noch etwas über 160 Kilometer zu fliegen haben, um zum ›Auge‹ zu gelangen, jener mysteriösen Ruhezone inmitten eines Meeres von tobender Luft. Sie würden mit sehr heftigen Seitenwinden zu kämpfen haben. Es würde ein rauher Flug werden, und er schätzte, daß sie fast dreiviertel Stunden brauchen würden. Aber dann würden sie Ruhe haben und sich eine Atempause gönnen können, bevor sie sich wieder in das Getümmel stürzten. Hansen würde fünfzehn Minuten lang in dieser wundervollen Stille kreisen, während Wyatt seine Aufgaben erfüllte, und sie würden sich alle ihre geschundenen Glieder reiben und sich für den Ausflug wappnen.
    Sobald sie auf das Zentrum einkurvten, würden alle Instrumente in Betrieb sein, würden den Luftdruck, die Luftfeuchtigkeit und die Temperatur registrieren und all die anderen Faktoren, die dazugehören, den stärksten Sturm der Welt zu erzeugen. Während des Fluges durch den Hurrikan würden sie das fallen lassen, was Wyatt immer ihre ›Bombenlast‹ nannte – wunderliche, komplizierte Instrumentenbehälter, die sie ausstießen. Manche von ihnen wurden für etwa eine Stunde im Wind hin und her geworfen, bevor sie unten ankamen, manche fielen gleich hinunter, um auf der aufgewühlten See zu treiben, und wieder andere sollten bis auf eine vorher eingestellte Wassertiefe unter den Wellen sinken. Alle würden Funksignale aussenden, die von den komplizierten Geräten an Bord empfangen und auf Tonband aufgenommen werden konnten.
    Er hielt sich an seinem Sitz fest und begann in sein Kehlkopfmikrophon zu diktieren, das an ein kleines Aufnahmegerät angeschlossen war. Er hoffte, er würde seine Stimme aus dem Lärm heraushören können, wenn er das Band zu Hause im Stützpunkt abspielte.
    Eine halbe Stunde später kurvte Hansen auf das Hurrikanzentrum ein und gab Wyatt ein Klingelzeichen. Sofort spürte er einen Unterschied in den Windangriffen gegen die Maschine; es
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