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Söhne der Erde 20 - Durch die Hölle

Söhne der Erde 20 - Durch die Hölle

Titel: Söhne der Erde 20 - Durch die Hölle
Autoren: Susanne U. Wiemer
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können, daß die meisten Merkur-Siedler Sie am liebsten mit eigenen Händen erwürgen würden.«
    John Coradi nickte. Jetzt war es Resignation, die seine Züge beherrschte. Resignation - und noch etwas anderes, das Charru sehr genau erspürte: die Erkenntnis, daß die anderen recht hatten, und daß es keine Entschuldigung gab.
    »Ich habe Angst«, sagte Coradi leise. »Ich will nicht zum Merkur fliegen und mich für all das rechtfertigen müssen, was ich früher getan habe.«
    »Weil es keine Rechtfertigung gibt?«
    »Ja ... Wahrscheinlich ...« Der Marsianer fuhr sich mit der Faust über die Stirn. »Aber inzwischen hat sich alles geändert. Vielleicht glauben Sie mir nicht ... Sicher glauben Sie mir nicht ...«
    »Versuchen Sie es immerhin«, sagte Charru trocken.
    John Coradi biß sich auf die Lippen.
    »Ich liebe Irnet«, sagte er heiser. »Ich habe nicht gewußt, daß es so etwas gibt, aber es ist die Wahrheit. Ich will am Leben bleiben. Ich will eine Chance. Und Mark und seine Freunde werden mir keine Chance geben.«
    »Glauben Sie das?«
    »Ich - ich weiß es nicht. Ich weiß nur, daß ich lieber hier zurückbleibe, als zum Merkur zu fliegen, wenn ich dort auf Gnade und Ungnade den Siedlern ausgeliefert bin.«
    »Und was erwarten Sie von mir?«
    Coradi senkte die Augen. Einen Moment lang nagte er heftig an der Unterlippe, bevor er weitersprach.
    »Ich weiß, daß ich kein Recht habe, irgend etwas von Ihnen zu erwarten«, sagte er leise. »Als ich von Bord der »Urania« geflohen bin, da habe ich es getan, damit Irnet am Leben blieb. Ich hoffte, daß Sie noch einmal ein Beiboot in die tote Stadt schicken würden. Aber ich habe mir davon nichts für mich versprochen. Ich war ziemlich sicher, daß Sie oder Ihre Leute mich umbringen würden, sobald sie mich zu Gesicht bekamen.«
    »Das hatte ich auch vor«, sagte Charru gepreßt.
    »Ich weiß. Aber Sie haben mich nicht umgebracht. Sie wollen mich mitnehmen, genau wie die Priester.«
    »Und weiter?«
    »Sie werden die Priester schützen, nicht wahr? Ich erwarte nicht, daß Sie für mich das gleiche tun. Ich will nur wissen, woran ich bin. Damit ich entscheiden kann, was ich tun werde: mitfliegen oder hierbleiben.«
    »Hierbleiben, um zu sterben?«
    Der Marsianer zuckte die Achseln. »Besser als das, was mich auf dem Merkur erwarten würde. Ich meine es ernst. Vielleicht bin ich verrückt, mich damit ausgerechnet an Sie zu wenden. Aber ich habe keine andere Wahl. Ich muß wissen, was auf mich zukommt.«
    Für einen Augenblick verspürte Charru den absurden Wunsch, laut zu lachen.
    Die meisten Terraner und auch die Merkur-Siedler würden ihn für verrückt erklären. Er hätte den Marsianer umgebracht ohne das Eingreifen von Gillon und Karstein. Und jetzt verlangte dieser gleiche Marsianer eine Art Schutzgarantie von ihm. Er meinte es ernst. Er wollte wirklich eine Chance, ein neues Leben anzufangen. Und wenn er bei seiner Flucht noch zu klarer Überlegung fähig gewesen wäre - vielleicht hätte er dann auch Lara und Erlend aus der »Urania« gerettet.
    »Es ist gut«, sagte Charru beherrscht. »Sie haben mein Wort, daß Ihnen auf dem Merkur nichts geschieht.«
    »Und - Irnets Sippe? Ich meine ...«
    »Ich weiß, was Sie meinen«, sagte Charru ungeduldig. »Aber darüber kann ich mir jetzt wirklich nicht den Kopf zerbrechen. Steigen Sie endlich in das Beiboot, damit wir starten können!«
    *
    Die »Solaris« startete vierundzwanzig Stunden später. Zu diesem Zeitpunkt hatte die »Freier Merkur« schon die halbe Strecke hinter sich gebracht. Die Informationen über die letzten Ereignisse waren über Funk an die Menschen an Bord der ehemaligen Luna-Fähre weitergegeben worden. Niederschmetternde Informationen! Cris und Ciran mochten sich freuen, daß wenigstens einige ihrer Geschwister gerettet worden waren. Yattur rang immer noch mit sich und versuchte, mit der Tatsache zurechtzukommen, daß die kleine Ciaril seine leibliche Tochter war, für die er die Verantwortung hatte. Die Priester interessierten niemanden. Lara und Erlend waren es, um die sich die Gespräche drehten. Lara und Erlend auf dem Weg nach Kadnos - es gab nichts, das daran irgend etwas ändern konnte.
    Diesmal war es Camelo, der die »Solaris« startete.
    Charru hatte sich erst gar nicht auf Streitgespräche eingelassen. Er wußte, daß er nicht fit war. Er haderte mit dem Schicksal, mit den Umständen, mit sich selbst. Wären sie unmittelbar nach Coradis Verzweiflungstat mit der »Solaris« zum
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