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Söhne der Erde 20 - Durch die Hölle

Söhne der Erde 20 - Durch die Hölle

Titel: Söhne der Erde 20 - Durch die Hölle
Autoren: Susanne U. Wiemer
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Schulter und eine Betäubungspistole im Gürtel, als sie langsam der breiten, trümmerbesäten Straße folgten.
    Selbst durch die ledernen Sandalen spürten sie die Hitze der geborstenen Fahrbahn. Zwischen den Ruinen staute sich, von Mauern und Beton zurückgeworfen, eine flimmernde Glut, die das Atmen erschwerte und aus einem anderen, festeren Stoff als Luft zu bestehen schien. Ringsum knackten und ächzten die Steine, und sekundenlang hatte Charru das Gefühl, als sei die ganze Stadt ein lebendiges Wesen, das sich im Todeskampf wand.
    »Sieht aus, als könnte das alles jeden Moment zusammenstürzen«, murmelte Gillon.
    Charru zuckte die Achseln. Das Risiko war da, zweifellos. Und er war sich bewußt, daß er dieses Risiko nicht für Bar Nergal eingegangen wäre, auch nicht für Shamala, Beliar oder Zai-Caroc. Es waren die anderen, an die er dachte. Die Opfer, deren einziges Verbrechen darin bestand, daß sie zu schwach gewesen waren, sich von der Fessel aus Furcht und Gehorsam zu befreien.
    Das weite Areal des Raumhafens lag leer in der sengenden Sonne.
    Aber das Tor des fast unversehrten Lagerhauses stand offen. Gestalten hoben sich von der weißen Mauer ab. Elendsgestalten in zerfetzten Kutten, in den staubfarbenen Akolythen-Roben, in der einfachen Kleidung der Tempeltal-Leute. Auch Bar Nergal war da. Halb verborgen im Schatten des Tors starrte er herüber und selbst aus der Entfernung glaubte Charru, diesen Blick wie eine körperliche Berührung zu spüren.
    Gillon spähte mit zusammengekniffen Augen zu den fremdartigen, plumpen Fahrzeugen mit den drohenden Rohren hinüber, doch dort rührte sich nichts.
    Charru blieb stehen. Stille senkte sich über den großen Platz wie ein lastendes Gewicht. Die Priester hatten das Beiboot gesehen. Sie kannten ihre Lage, sie wußten von Ciran, daß man ihnen die Hilfe nicht verweigern würde, wenn sie in Frieden kamen. Entscheiden mußten sie selbst. Und auch den ersten Schritt tun. Charru war nicht bereit, ihnen gut zuzureden.
    Langsam löste sich die hohe Gestalt in der blutroten Robe aus dem Schatten des Tors.
    Bar Nergal hatte begriffen, erkannte Charru. Der Oberpriester wußte, daß es nichts mehr zu verhandeln, nichts mehr zu reden gab. Diesmal schickte er keinen seiner Anhänger vor. Hoch aufgerichtet, mit starren, hölzernen Schritten kam er über das Betonfeld, und die anderen folgten ihm wie an unsichtbaren Schnüren gezogen.
    Bar Nergals Gesicht glich einer versteinerten Maske.
    Seine schwarzen, tiefliegenden Augen wirkten eigentümlich stumpf und verschleiert, als sei sein Hirn umnebelt und betäubt wie von unerträglichen Schmerzen. Vielleicht war es auch so. Ein geistiger Schmerz, die Qualen der Niederlage. Jeder Schritt schien den Oberpriester unmenschliche Anstrengung zu kosten. Nur die Todesangst trieb ihn. Die gleiche Angst, die auch in den Augen seiner Anhänger flackerte, die Zeit gehabt hatte, um ins Unermeßliche zu wachsen, und die stärker war als alles andere.
    Noch vor ein paar Sekunden hatte Charru den zornigen Impuls gespürt, auf die Bitte um Hilfe zu warten, auf das Eingeständnis der Niederlage.
    Jetzt starrte er in das hagere Greisengesicht mit den unnatürlich weiten Augen und begriff, daß er seinen Gegner dazu nicht zwingen konnte, ohne seinen Geist zu zerstören. Und daß es dann gnädiger sein würde, ihn zu töten. Charru schauerte. Für einen winzigen Moment hatte er die Versuchung gespürt - den bösen Triumph, der in der Gewißheit lag, Macht über seinen Todfeind zu haben, die Macht, ihn zu vernichten. Charru preßte die Lippen zusammen. Als er den Blick von Bar Nergal zu den anderen wandte, fühlte er sich plötzlich müde.
    »Kommt mit«, sagte er ruhig. »Wir brauchen ein zweites Boot, um euch aus der Stadt zu bringen, aber das kann in wenigen Stunden hier sein.«
X.
    Camelo und Beryl hatten über Funk erfahren, daß das marsianische Schiff mit Lara und dem Kind an Bord bereits gestartet war.
    Sie wußten auch, daß John Coradi Irnet gerettet hatte. Die beiden Männer in der Kanzel des Patrouillen-Schiffs begriffen, daß der Marsianer nicht mehr Herr seiner selbst gewesen sein konnte. Jetzt saß er im Beiboot der »Solaris«, und die Terraner würden sich wohl oder übel mit seiner Anwesenheit abfinden müssen.
    Die Terraner - und die Merkur-Siedler, die noch eine offene Rechnung mit ihm zu begleichen hatten.
    Beryl und Camelo waren nicht in der Stimmung, sich die Köpfe über das Schicksal des Marsianers zu zerbrechen. Der zweite
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