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Söhne der Erde 20 - Durch die Hölle

Söhne der Erde 20 - Durch die Hölle

Titel: Söhne der Erde 20 - Durch die Hölle
Autoren: Susanne U. Wiemer
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mehr lebten, aber der Anblick der Toten mit den gebrochenen gelben Augen wirkte dennoch beklemmend. Charru ging langsam weiter, und jetzt erst stand das Mädchen mit dem dichten blonden Haar taumelnd auf.
    Der Umhang entglitt ihr, als habe sie keine Kraft mehr, ihn zu halten.
    Sie war jung, höchstens fünfzehn oder sechzehn Jahre alt, eine schlanke, kräftige Gestalt mit starken Händen und flächigem Gesicht, das Schweiß und Staub zur Maske machten. Ein schmaler, vielleicht zwölfjähriger Junge stand neben ihr, die goldfarbenen Locken von Staub gepudert, und ein kleines Mädchen, das ein Baby an sich preßte - Yatturs Tochter.
    Charru sagte nichts, griff nur rasch nach der Wasserhaut an seinem Gürtel. Gillon war schon auf das kleine Mädchen und das Baby zugetreten. Der Junge begann zu zittern, als er das lauwarme Wasser auf den Lippen spürte. In die Augen seiner Schwester traten Tränen.
    »Ich bin Cerena«, flüsterte sie. »Und du? Bist du der, von dem Ciran erzählt hat? Der Mann von den Sternen, der uns helfen will?«
    »Ja. Aber trink' erst.«
    Das Mädchen nahm ein paar vorsichtige Schlucke. Gillon benetzte behutsam die Lippen des Babys, das nicht einmal mehr die Kraft zum Weinen besaß. Der rothaarige Tarether biß die Zähne zusammen. Er ahnte, daß diese erschöpften, halb verdursteten Menschen Entsetzliches hinter sich hatten. Ein verzweifelter Marsch, der hoffnungslose Versuch, sich durch die Wüste nach Norden zu retten. Die Kriegerinnen, denen die Hitze mehr zusetzte als Charilan-Chis Kindern, waren offenbar eine nach der anderen zusammengebrochen, bis hier in dieser höllenheißen Senke auch die letzten starben.
    Nur vier hatten überlebt.
    Cerena und ihr Bruder Cor, das kleine Mädchen, das Celi hieß, und Yatturs Tochter Ciaril. Sie wurden rasch in das klimatisierte Beiboot gebracht, und dort begann Cerena, leise und stockend zu erzählen, was in der toten Stadt geschehen war.
    Von den Katzenfrauen lebte niemand mehr.
    Charilan-Chi war bei dem vergeblichen Versuch gestorben, sich gegen die Priester zu erheben. Einem letzten, verzweifelten Versuch, den sie unternommen hatte, weil Cirans Worte ihr keine Ruhe ließen, weil sie hoffte, daß vielleicht doch noch eine Rettung für ihr Volk möglich war. Die Hälfte der Kriegerinnen, zwei Töchter und ein Sohn der Königin waren in den Trümmern gestorben, als Bar Nergal zum zweitenmal seine neue unheimliche Waffe abfeuerte. Haß glomm in Cerenas Augen, während sie davon erzählte. Als sie geendet hatte, blieb es lange still.
    Karstein starrte Charru an. Die grauen Augen des Nordmanns hatten sich verdunkelt.
    »Glaubst du immer noch, daß es die Kerle verdient haben, auch nur einen Gedanken an sie zu verschwenden?« fragte er rauh.
    Charru wandte sich an Cerena. »Weißt du, wer überhaupt noch von Bar Nergals Anhängern lebt?««
    Das Mädchen bewegte unbehaglich die Schultern.
    »Priester«, sagte sie zögernd. »Die drei, die sich Shamala, Beliar und Zai-Caroc nennen.«
    Schweigen.
    Die Gesichter von Karstein und Gillon spiegelten die gleiche abweisende Unversöhnlichkeit. Shamala, Beliar und Zai-Caroc - das waren Namen, mit denen sich die Erinnerung an Blut, Verrat und Terror verband.
    »Zwei, die noch jung sind, obwohl sie sich wie Götter kleiden«, fuhr Cerena fort. »Sie heißen Joth und Mircea.«
    Akolythen ... Verängstigt, aufgewachsen unter dem Terror der Priesterkaste, unfähig, für sich selbst einzustehen.
    »Habt ihr sie gefürchtet?« fragte Charru ruhig.
    »Sie nicht. Auch nicht den Hinkenden, der Bar Nergal bedienen mußte. Er fürchtete uns. Er fürchtete sich immer ...«
    Etwas wie Mitleid klang aus den Worten. Charru glaubte, den hinkenden Tempelschüler vor sich zu sehen: Rhen mit den unsteten Augen und den Peitschennarben, dessen Geist genauso unwiderruflich zerbrochen war wie der Jon Erecs.
    »Und wer noch?« fragte Charru.
    »Drei Männer. Ich kenne ihre Namen nicht, denn sie wagten sich nie in die Stadt. Sie gehorchten.«
    Charru nickte. Seine Augen suchten den Blick des Nordmanns.
    »Mehr als ein Jahr in einer düsteren Ruine, Karstein. Glaubst du nicht, daß sie gestraft genug sind?«
    »Bar Nergal wird nie genug gestraft sein«, knurrte Karstein.
    »Möglich. Also lassen wir ihn sterben - mitsamt den anderen Priestern und den armen Teufeln, die er unter seinen Einfluß gebracht hat. Stimmst du dafür?«
    Der Nordmann knirschte mit den Zähnen.
    Hilfesuchend sah er zu Gillon hinüber. Der rothaarige Tarether schüttelte
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