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Söhne der Erde 20 - Durch die Hölle

Söhne der Erde 20 - Durch die Hölle

Titel: Söhne der Erde 20 - Durch die Hölle
Autoren: Susanne U. Wiemer
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knurrte er. »Aber mach' dich so unauffällig wie möglich, damit ich nicht in Versuchung gerate, dir noch ein paar Rippen zu brechen.«
    John Coradi erhob sich mühsam.
    Irnet stützte ihn. Die Nachwirkungen der Droge waren abgeklungen, das Wasser hatte ihre Lebensgeister geweckt - jetzt lag auf dem schmalen Gesicht ein Zug fast kämpferischer Entschlossenheit, der ihre grauen Augen glänzen ließ und sie auf seltsame Weise verschönte. Der Marsianer war halb ohnmächtig. Er sah immer noch das harte bronzene Gesicht vor sich, die saphirfarbenen Augen, in denen kaltes, tödliches Feuer zu lodern schien. Angst und Schmerz benebelten sein Hirn, und erst in der Kühle des Beibootes begriff er ganz, daß er am Leben bleiben würde.
    Gillon übernahm den Pilotensitz.
    »Und jetzt?« fragte er knapp. »Zu der Ruinenstadt?«
    Charru nickte. Er hatte sein Wort gegeben. Aber in diesen Minuten fühlte er unversöhnlichen Zorn.
IX.
    Der Akolyth duckte sich unter dem glühenden Blick.
    Er war noch jung: ein schmaler, hochaufgeschossener Bursche mit angstvollen Augen und farblosem Albinohaar. Flecken hektischer Röte brannten auf seinen blassen Wangen.
    »Es ist wahr, Herr«, stammelte er. »Sie sind alle fort ...«
    »Du lügst, Joth!« herrschte ihn Bar Nergal an. »Du hast den Verstand verloren und bist mit Blindheit geschlagen.«
    »Nein, Erhabener, ich schwöre ...«
    »Er spricht die Wahrheit, Herr!«
    Es war Shamala, der im gleichen Augenblick aus der flimmernden Luft jenseits der offenen Tür trat. Schweiß lief in Strömen über sein Gesicht, die Augen waren rotgerändert.
    Bar Nergal starrte ihn an. »Die Wahrheit?«
    »Ja, Herr. Die meisten Katzenwesen sind tot. Ein paar von Charilan-Chis Kindern haben wir erschlagen unter Trümmern gefunden und ...«
    »Sie können nicht alle tot sein!«
    »Nein, Herr! Aber die Überlebenden sind verschwunden, müssen die Stadt verlassen haben.«
    »Die Stadt verlassen? Meine Stadt?«
    Bar Nergals Stimme vibrierte. Ungläubige Wut verzerrte seine Züge. Aber Shamala war zu erschöpft, zu ausgebrannt, um noch vor dem Zorn des Oberpriesters zurückzuweichen.
    »Die Stadt ist tot, Herr. Die Erde stirbt. Wir alle werden sterben ...«
    »Sterben ...«
    Bar Nergals Stimme brach. Sekundenlang zuckten seine Lippen unbeherrschbar, schienen die ausgemergelten, sonst so straffen Züge zu verfallen. Nackte, unverhüllte Furcht lag in seinen Augen. Dann fiel sein Blick auf den Akolythen mit dem Namen Joth, der die gespenstische Wandlung mit offenem Mund verfolgte, und neue Wut verzerrte das fahle Greisengesicht.
    Mit einem fauchenden Laut holte er aus und schlug zu.
    Seine dürre Rechte traf den Akolythen so hart auf den Mund, daß Joths Lippen bluteten und Tränen aus seinen Augen schossen. Er wagte sich nicht zu wehren: Wieder und wieder wurde er getroffen, bis er endlich schluchzend in die Knie sank und schützend die Arme über den Kopf hob.
    »Aus meinen Augen!« zischte Bar Nergal. »Such weiter! Und wage dich nicht mehr hierher, bevor du Charilan-Chis verräterische Brut gefunden hast!«
    Joth stolperte hastig davon.
    Shamala wischte sich den Schweiß von der Stirn. Er hatte sich zu lange in der Hitze bewegt, die sich zwischen Mauern und Ruinen zu verzehrender Glut staute. Flimmernde Schleier lagen vor seinen Augen, sein Hirn schien zu sieden, und er spürte, wie sich allmählich eine Abart von Wahnsinn in seine Gedanken schlich.
    »Die Stadt ist tot, Herr«, wiederholte er. »Die Erde stirbt. Wir alle ...«
    »Lüge! Niederträchtige Lüge!«
    »Wahrheit, Herr! Spürst du es nicht? Geh hinaus! Bleib dort stehen und sieh in den Himmel, dann kennst du die Wahrheit. Der Himmel lügt nicht.«
    Bar Nergal sog pfeifend den Atem ein, aber er schwieg.
    Mit einer heftigen Bewegung raffte er seine Robe und wandte sich der halboffenen Tür zu. Grelles Licht flutete ins Innere des Lagerhauses, als er sie vollends aufstieß. Das Licht einer Sonne, die am Himmel hing wie ein weißglühender Ball, die das Feuer der Hölle auf die stöhnende Stadt schleuderte, den letzten Tropfen aus dem Mark der Erde sog - gnadenlos alles vernichtend wie eine zürnende, unversöhnliche Gottheit.
    Zwei, drei Minuten lang blieb Bar Nergal stehen und starrte in den nackten perlfarbenen Himmel.
    Er schmeckte den Staub und spürte die sengenden Strahlen, die tief in ihn eindrangen, als wollten sie seine Knochen zu Asche brennen.
    Er sah das verdorrte Unkraut in den Rissen des Betonfeldes, sah die flirrenden Schleier, hörte
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