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Söhne der Erde 06 - Das Erbe des blauen Planeten

Söhne der Erde 06 - Das Erbe des blauen Planeten

Titel: Söhne der Erde 06 - Das Erbe des blauen Planeten
Autoren: Susanne U. Wiemer
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junger Mann, der Panflöten schnitzte, die Grasharfe neben der Waffe am Gürtel trug und seinen Träumen nachhing. Sein Gesicht war heller und ebenmäßiger als das Charrus, die schwarzen Haare fielen weich auf die Schultern, die blauen Augen waren dunkler, ohne den durchdringenden Saphirglanz. Das Schwert verstand er besser zu führen als die meisten anderen - aber glücklicher war er, wenn er am Feuer saß, spielte und die alten Balladen der Tiefland-Stämme sang.
    Jetzt blickte er in die Wüste hinaus, als wolle er ihre Weite, ihre flimmernden Hitzeschleier, ihre spröde, glühende Schönheit in sich hineintrinken.
    »Mir gefällt die Stadt«, sagte er unvermittelt. »Sie lebt, trotz der Ruinen. Sie ist uralt und voll vom Atem der Vergangenheit. Und sie hat etwas Seltsames an sich, etwas Zeitloses ...«
    Charru lächelte. »Du würdest auch noch die dunkle Majestät der marsianischen Laserkanonen besingen.«
    »Majestät? Sie sind nur Stahl und Vernichtung. Glaubst du, daß sie das Schiff zerstört haben?«
    »Das werden wir später feststellen. Jetzt geht es um die Frage, ob uns die marsianische Armee verfolgt.«
    »Wäre sie dann nicht längst hier?«
    »Ich weiß es nicht. Vielleicht haben sie das Schiff zerstört, als die Energie ausfiel und die Waffen ihnen nicht mehr gefährlich werden konnten. Dann müßten sie jetzt glauben, daß wir alle tot sind.«
    »Wie sie es schon einmal geglaubt haben! Aber dann ist auch das Schiff tot.«
    Für Camelo war das Schiff etwas Lebendes gewesen, die Verkörperung seiner Träume und seiner Hoffnung. Charru verstand ihn, aber er dachte jetzt nicht an die »Terra I«. Sie hatten keine Zeit, zerschlagenen Hoffnungen nachzutrauern. Es war sinnlos, über die Zukunft zu grübeln. Seit ihrer Flucht aus dem Mondstein hatten sie verzweifelt und bis zur Erschöpfung gekämpft - immer nur um eine Galgenfrist, ein paar Stunden Atempause, einen weiteren Tag des Überlebens.
    Die Felsenbarriere blieb hinter ihnen zurück.
    Endlos dehnte sich die rote Ebene unter ihren Blicken. Charta beschleunigte den Jet, ließ ihn minutenlang in wahnwitziger, sinnenverwirrender Geschwindigkeit dahinjagen. Als er behutsam wieder abstoppte, war die Wüste noch genauso leer und öde wie vorher.
    Keine Staubwolke, die das Heranrücken der marsianischen Streitmacht angekündigt hätte.
    Kein Zeichen dafür, daß sie verfolgt wurden. Charru wäre gern näher an die Garrathon-Berge herangeflogen, deren Kuppen er in der Ferne sehen konnte, aber er wollte kein unnötiges Risiko eingehen.
    Im weiten Bogen lenkte er den Jet zurück.
    Über dem Hügelland zwischen den schroffen, einzeln aufragenden Tafelbergen wurde er langsamer. Staubiges Gras, Buschwerk und wenige kümmerliche Bäume markierten den Verlauf der schmalen Rinnsale. Das Wasser versickerte überall schon nach wenigen Metern, wurde von Sand und brüchigem Gestein getrunken und von der sengenden Sonne aufgesogen. Nur an einer Stelle sammelte es sich zu einem kleinen, lehmfarbenen Weiher. Camelo beugte sich vor, versuchte angestrengt, in den Schatten der Schlucht zu spähen, doch dort unten war keine Spur von Leben zu entdecken.
    »Sie müssen in Höhlen leben«, meinte er nachdenklich.
    »Möglich. Wir werden irgendwann später versuchen, sie zu finden. Und ihnen begreiflich zu machen, daß wir nur Frieden wollen.«
    »Ob sie es glauben? Wenn sie so sind, wie Jarlon und Karstein sie geschildert haben ...«
    »Das werden wir sehen. Halt dich fest! Ich möchte noch ein Stück nach Norden fliegen.«
    Wieder beschleunigte er für wenige Minuten.
    Dann, vorsichtiger, ein zweites und drittes Mal. Nördlich der toten Stadt schien die Wüste kein Ende zu nehmen. Sie konnten es nicht riskieren, sich noch weiter zu entfernen, weil sie nicht wußten, wie lange die Antriebsenergie des Jet reichen würde.
    Aus dieser Richtung jedenfalls drohte keine Gefahr.
    Aber sie würden auch nicht in diese Richtung fliehen können, falls es den Marsianern gelang, sie noch einmal aufzuspüren. Sie konnten nur hoffen, daß man sie für tot hielt. Und für den Augenblick war das genug - sie hatten schon mit viel weniger Hoffnung auskommen müssen.
    Charru wendete das Fahrzeug und ließ es wieder nach Süden gleiten, der roten Stadt in der Wüste zu.
II.
    Kormak, der Nordmann, winkte aus der leeren Fensterhöhle eines Turms, den er als Platz für seine Wache gewählt hatte.
    Auf einem flachen Dach am Westrand der Stadt leuchtete Erein von Tareths brandrotes Haar; auf der Mauer im
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