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Söhne der Erde 06 - Das Erbe des blauen Planeten

Söhne der Erde 06 - Das Erbe des blauen Planeten

Titel: Söhne der Erde 06 - Das Erbe des blauen Planeten
Autoren: Susanne U. Wiemer
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durch die Filterstäbe der Fenster sickerte.
    Lara Nord lehnte in einem weißen Schalensitz. Da sie offiziell bereits in Urlaub war, hatte sie die traditionelle mattrote Tracht der Universität mit einer lichtgrünen venusischen Tunika vertauscht. Das blonde, helmartig geschnittene Haar kontrastierte zu dem warmen Braunton der Haut, den sie der ungewohnten Wüstensonne verdankte. Sie wirkte erschöpft. Zwei Tage in der Gefangenschaft der entflohenen Mondstein-Barbaren hatten Spuren hinterlassen. Und diese Tage hatten sie verändert, was außer ihr selbst vielleicht nur noch ihr Vater ahnte.
    Conal Nord, Generalgouverneur der Venus und Staatsgast auf dem Mars, ordnete ein paar Papiere auf dem weißen Schreibtisch.
    »Du solltest dich ausruhen«, sagte er. »Nachdem die 'Kadnos V' ihren Abflug zur Venus verschieben mußte, haben wir noch Zeit.
    Lara antwortete nicht.
    Sie dachte an ihre Zukunft. Eine Zukunft, die klar und übersichtlich vor ihr lag wie ein aufgeschlagenes Buch. Rückkehr zur Venus, ihrem Heimatplaneten ...Noch zwei Jahre am raummedizinischen Institut von Indri, dann die vollen Bürgerrechte, A-Kategorie, Klasse I ...Danach die berufliche Arbeit - und eine Partnerschaft, die auf gleichen Intelligenzquotienten, passenden Psychogrammen und sich ergänzenden gesellschaftlichen Aufgaben beruhte ...Lara war sich nicht bewußt, daß sie den Kopf schüttelte.
    »Vater?« fragte sie nach einer Weile.
    »Ja?«
    »Ist es wahr, was Helder gesagt hat?«
    Conal Nord blickte auf. Auch Helder Kerr, den stellvertretenden Raumhafen-Kommandanten von Kadnos, hatten die Barbaren für eine Weile gefangengehalten. Weil sie gehofft hatten, mit seiner Hilfe die alte »Terra I« wieder startklar machen und den Mars verlassen zu können. Kerr war mit Lara verlobt - eine Verbindung aus Vernunftgründen, wie üblich.
    »Was hat Helder gesagt?« fragte der Generalgouverneur.
    »Daß die Terraner nur in die alte Sonnenstadt in der New Mojave geflohen sein können. Und daß es dort irgendeine unbekannte Strahlenquelle gibt. Strahlen, die auf die Dauer tödlich wirken.«
    Nord runzelte die Stirn. »Er hätte dir das nicht erzählen dürfen.«
    »Weil es unter Geheimhaltung fällt, ich weiß. Aber in zwei Jahren habe ich ohnehin die A-Kategorie Klasse I, also spielt es keine große Rolle. Ist es wirklich wahr?«
    »Ja, es ist wahr.«
    Conal Nord lehnte sich zurück und starrte einen Augenblick die Wand an.
    Das blonde, weich auf die Schultern fallende Haar und die harmonischen Züge mit den hellbraunen Augen verrieten sofort den Venusier. Über der einfachen grauen Tunika trug er die Amtskette, die seinen Rang als Gouverneur der Venus und Generalbevollmächtigter des Rats der Vereinigten Planeten auswies.
    Lara dachte daran, wie wenig sie im Grunde über ihn wußte. Auf allen Planeten des Systems verließen die Kinder bereits im Schulalter das Elternhaus, um bis zu ihrem fünfundzwanzigsten Lebensjahr eine umfassende Ausbildung zu durchlaufen. Eine Ausbildung, die sie vor allem Disziplin lehrte, Einordnung in die Gemeinschaft, Gehorsam gegenüber den Gesetzen der wissenschaftlichen Vernunft, die das Leben bestimmten.
    »Du hast ihm geholfen, nicht wahr?« fragte Lara leise.
    »Wem?«
    »Charru von Mornag. Er hat mich deinetwegen freigelassen. Und ich spürte, daß er damit eine Schuld bezahlte.«
    »Das ist richtig. Ich habe ihm geholfen.«
    »Und warum hast du ihn dann trotzdem verraten?«
    »Verraten!« Er lächelte flüchtig. »Was für ein pathetisches Wort. Ich habe Präsident Jessardin gesagt, daß sich die Barbaren in der havarierten 'Terra I' versteckten. Ich mußte es tun, weil deine und Helders Entführung bewiesen hatte ...«
    »Mich haben sie nicht entführt. Ich bin Ärztin. Ich bin freiwillig mit ihnen gegangen, um den Kranken zu helfen.«
    Conal Nord nickte langsam.
    »Ja, Lara. Und ich habe Charru von Mornag damals zur Flucht verholfen, weil ich glaubte, ein Unrecht gutmachen zu müssen. Das Unrecht unserer Wissenschaftler, die im Dienst der Friedensforschung Menschen für blutige, grausame Experimente benutzten. Aber jetzt ...«
    » Es ist schrecklich«, murmelte Lara. »Damals, als ich die Filme an der Universität sah, habe ich gar nicht wirklich begriffen, daß es lebendige Menschen waren, die unter dem Mondstein lebten. Anschauungsmaterial für die Studenten! All die Kriege, die vielen Toten! Diese entsetzlichen schwarzen Götter! Und Charru mußte mit ansehen, wie seine eigene Schwester vor den Priestern geopfert
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