Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Söhne der Erde 06 - Das Erbe des blauen Planeten

Söhne der Erde 06 - Das Erbe des blauen Planeten

Titel: Söhne der Erde 06 - Das Erbe des blauen Planeten
Autoren: Susanne U. Wiemer
Vom Netzwerk:
nachgrübeln.
    Die Gegenwart zählte, die Zukunft. Mehr als hundert Menschen, die ihm vertrauten. Die Überlebenden eines ganzen Volkes, die ihren Führer in ihm sahen, obwohl die Welt nicht mehr existierte, in der er König von Mornag und Fürst des Tieflands gewesen war.
    Spielzeug!
    Eine Miniatur-Welt unter einer Kuppel aus Mondstein in einem Museumssaal!
    Selbst jetzt noch brannte der Gedanke in ihm wie ätzende Säure. Sein Volk, Nachkommen der Terraner, Söhne der Erde -sie waren Spielzeug für die Wissenschaftler des Mars gewesen, Anschauungsmaterial in einem Forschungsprogramm. Das Projekt Mondstein hatte dazu gedient, die Verhältnisse zu studieren, die damals auf der Erde zu der großen Katastrophe führten. Menschen, mit wissenschaftlichen Mitteln zur Winzigkeit verkleinert, mußten Kriege führen, ihr Blut vergießen, leiden und sterben - für nichts. Und der niederträchtigste Betrug, das schlimmste Verbrechen, waren die schwarzen Götter gewesen, jene widerlichen, grausamen Götzen, an deren Macht ein paar von den Priestern und Tempeltal-Leuten selbst heute noch glaubten.
    Der Mondstein war zerbrochen.
    Jetzt kämpften sie nicht mehr gegen Götter, sondern gegen Menschen, gegen vernichtende Waffen und eine überlegene Technik. Die Marsianer wollten sie ausrotten, weil sie um die Ruhe und Ordnung ihres Staatswesens fürchteten. Aber die Söhne der Erde waren ihnen entkommen, wieder und wieder. Sie hatten die geheimnisvolle tote Stadt in der Wüste erreicht -und sie würden auch weiter um ihre Freiheit kämpfen.
    Charru straffte sich und warf das Haar zurück, das ihm schwarz und glatt bis auf die nackten Schultern fiel. In dem schmalen, bronzefarbenen Gesicht hatten die Augen das durchdringende Blau von Saphiren. Ein junges, hartes Gesicht. Das Gesicht eines kaum zwanzigjährigen Mannes, dessen Züge doch schon gezeichnet waren von dem langen und oftmals bitteren Weg, den er hatte gehen müssen.
    »Sehen wir uns die Stadt an«, sagte er in die Stille. »Wir brauchen alle eine Weile Ruhe, aber zuerst müssen wir wissen, woran wir sind. - Karstein?«
    »Ja, Fürst?«
    Charru blickte den blonden, hünenhaften Nordmann an und schüttelte den Kopf. Würden sie nie aufhören, ihn mit diesem Titel anzureden, der aus einer versunkenen Spielzeug-Welt stammte?
    »Stell' Wachtposten auf! Ich möchte mich nicht darauf verlassen, daß diese Fremden die Stadt wirklich nicht betreten.«
    »Aye.«
    Karstein wandte sich ab. Er und Jarlon von Mornag, Charrus jüngerer Bruder, hatten diesen Platz entdeckt, als sie ungesehen von den Marsianern, das belagerte Schiff verließen. Den Platz - und die Fremden. Wilde, verwahrloste Gestalten, die in den Hügeln in der Nähe hausten: zerlumpt, ausgemergelt, elend, aber voller Haß und Angriffslust. Karstein erinnerte sich an den Wahnsinn, den er in ihren Augen gelesen hatte. Er und Jarlon waren von ihnen überfallen worden, doch es schien so, als umgebe die tote Stadt ein Tabu, das die Unbekannten, nicht zu durchbrechen wagten.
    »Wir müssen uns überzeugen, ob wir verfolgt werden«, ließ sich Gerinth, der weißhaarige Älteste der Stämme, vernehmen.
    Charru nickte nur.
    Die Marsianer hatten inzwischen sicher bemerkt, daß sie ein leeres Raumschiff belagerten, das Versiegen der Energiereserven mußte es ihnen verraten haben. War die »Terra l« zerstört ? Von den Laserkanonen zu einem Metallklumpen zusammengeschmolzen? Für die Söhne der Erde hatte das Raumschiff Hoffnung bedeutet. Die Hoffnung, vielleicht eines Tages den Mars zu verlassen, zu den Sternen zu fliegen, einen Platz zu finden, an dem sie in Frieden und Freiheit leben konnten...
    Charrus Gedanken stockten.
    Jäh hatte ein Schrei die Stille zerrissen: der helle Schreckensschrei einer Frauenstimme. Charru fuhr herum. Katalin, dachte er. Und dann sah er sie am Rand des Platzes, die schönen bernsteinfarbenen Augen geweitet, langsam zurückweichend vor einer Gestalt im Schatten der Säulen.
    Ein bärtiger, ausgemergelter Mann in schmutzstarrenden Lumpen.
    Seine Augen glühten. Jetzt zuckte sein Blick hin und her, und jähe Angst verkrampfte den hageren Körper. Im Bruchteil einer Sekunde begriff Charru, daß dieser Mann kein gewöhnlicher Marsianer sein konnte und auch kein Angehöriger der alten Marsstämme, die als willenlose, drogenbetäubte Marionetten in Reservaten lebten. Der junge Fürst von Mornag machte einen Schritt nach vorn. Er hob die Arme, zeigte seine leeren Handflächen - eine Geste es Friedens. Doch da
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher