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Social Netlove

Social Netlove

Titel: Social Netlove
Autoren: J Strack
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– das funktionierte, Thomas war das beste Beispiel dafür. Doch mehr endete bei mir offenbar immer in tränentreichem Chaos.
    »Wir sind doch noch nicht alt, Isa! Und außerdem möchte ich lieber erst mal einen tollen Job finden und wenn mein Erspartes reicht, vielleicht nebenbei noch ein paar Kurse in Mode-Design belegen, damit ich meine Stücke irgendwann mal in kleinen Boutiquen hängen sehen kann.
Das
sind meine Prioritäten, verstehst du?«
    »Ach Marie, ich hatte schließlich einen richtig guten Job und eine aufregende Studienzeit und ich kann dir eins ganz sicher sagen: Das ist gar kein Vergleich zu meinem heutigen Leben. Wer kein Kind hat, der hat in seinem Leben absolut nichts erreicht. Dagegen ist alles anderewertlos, da kannst du noch so viele Klamotten nähen und Kurse belegen. Das wird dich nicht weiterbringen im Leben. Nicht auf der
wichtigen
Ebene.«
    Ich sah Isa mit offenem Mund an. In ihren Gesichtszügen lag nur ehrliche Überzeugung, doch trotzdem klangen ihre Worte wie blanker, boshafter Hohn in meinen Ohren nach. Noch vor drei Jahren hätte sie der Tussi, die so etwas Überhebliches zu mir sagte, solidarisch die Augen ausgekratzt.
    »Wenn du meinst«, antwortete ich leise und bemühte mich, den Spott in meinen Worten zu verbergen. Ich wollte mich jetzt nicht mit Isa über die Grundsätze unseres Verständnisses von einem
wertvollen
Leben streiten.
    »Das wird schon, Marie. Du siehst ja an mir, wie schnell das alles mit Gregor und Kasimir ging.« Sie blinzelte mir zu und lehnte sich ein Stück über den Tisch, so dass ich den gewohnten Duft ihres Lieblingsparfüms riechen konnte. Sie trug immer noch
Allure
von Chanel, das wir in der elften Klasse auf einer gemeinsamen Klassenfahrt nach Amsterdam entdeckt hatten. Seitdem war sie diesem Duft treu geblieben und es war tröstend, dass wenigstens dieses Andenken an unsere Freundschaft noch existierte.
    Sie meint es sicher nicht so
. Sie wollte einfach nur das Beste für mich. Und außerdem machte sie mit ihrem kleinen Schreihals momentan keine einfache Zeit durch, kein Wunder also, dass sie versuchte, sich das, was sie gerade durchlebte und von dem sie nicht mehr zurücktreten konnte, besonders schön zu reden. Isas Blick wurde träumerisch, als sie mich nun ansah. »Wer hätte gedacht, dass ausgerechnet ich diejenige von uns sein würde, die zuerst häuslich wird?«
    Das Lachen tat ihrem abgespannten Gesichtsausdruck gut und ich ließ mich anstecken, wenngleich mein Lächeln noch etwas verhalten war. Tatsächlich schien es pure Ironie zu sein, dass ausgerechnet das Partymäuschen Isa nun jeden Abend mit Kind und Kegel zu Hause saß.
    In unserer Freundschaft war Isabelle stets diejenige gewesen, die hervorstach: Sie war die Hübsche, die Witzige, die Laute und die Leichtsinnige. Das war schon in der neunten Klasse so gewesen, als ich sie kennengelernt hatte. Ich war gerade frisch von einer Privatschule auf das staatliche Gymnasium im Nachbarort gekommen und hatte es schwer gehabt in der gemischten Klasse, in der nahezu alle Mädchen geschminkt zum Unterricht kamen und sich Gedanken über Klamotten und Jungs machten. Für mich waren diese Themen so fremd, dass die Mädchen auch russisch oder arabisch hätten redenkönnen, ich hätte sie kaum schlechter verstehen können. In meiner alten Klasse auf der Privatschule hatten wir uns hauptsächlich über Kleinmädchenkram unterhalten – die Pflegepferde einiger Mitschülerinnen, die neueste Folge von Bibi und Tina im Fernsehen und die ganz coolen unter uns hatten sogar mal von einem Schwarm erzählt, der mit ihnen in den Musikunterricht, in die Fechtstunde oder zum chinesischen Sprachtraining ging. Doch keine wäre auf die Idee gekommen, ihre Empfindungen so schamlos vor der halben Klasse Preis zu geben. Auf dem staatlichen Gymnasium schien man damit keine Probleme zu haben, weshalb die ersten Sätze, die ich aus dem Mund meiner Sitznachbarin hörte, »Hier, guckt euch mal das Ding von dem Robert in der BRAVO an. Der ist untenrum gar nicht rasiert! Wie eklig!« waren. Und während ich mich von dem Kulturschock zu erholen versucht hatte, hatte sich das fremde Mädchen zu mir umgewandt. »Hi, ich bin Isa.«
    Dass sie sich mit dem männlichen Geschlechtsteil gut auskannte, war also von Anfang an klar gewesen. Aber wir hätten beide nicht gedacht, dass sie bei dem Gebrauch eines dieser Funktionsgegenstände mal den Schutz vergessen würde – und das Ergebnis lag in diesem Moment in seinem Kinderbettchen.
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