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Social Netlove

Social Netlove

Titel: Social Netlove
Autoren: J Strack
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Auch wenn es sich mittlerweile aus Isas Mund so anhörte, als sei Kasimir ein absolutes Wunschkind gewesen, konnte nur ein Idiot ernsthaft daran glauben, dass sie und Gregor nach knapp einem Jahr Fernbeziehung absichtlich ein Kind in die Welt gesetzt hatten.
    »Wie geht es eigentlich Thomas?«, fragte Isabelle nun und rückte ein Stück vom Tisch ab, um sich von der Kellnerin ihre Cola servieren zu lassen. »Den habe ich zuletzt auf Kasimirs Taufe gesehen.«
    »Thomas geht's prima«, sagte ich, nun wieder etwas lauter und fröhlicher.
    »Hängt er immer noch ständig vor dem Computer?«
    »Ich fürchte, er
ist
ein Computer«, antwortete ich und musste zeitgleich mit Isabelle grinsen. In dieser Sekunde war es plötzlich wie früher: Wir dachten dasselbe und teilten stumm unsere gemeinsamen Erinnerungen.
    Thomas war für uns immer ein Freund gewesen, über dessen seltsame Angewohnheiten – wie sich am Telefon (sofern es mal eingeschaltet war) mit seinem Spielernamen aus World of Warcraft zu melden und auf den Namen dieses fiktiven Charakters auch DVDs und Pizza zu bestellen – wir uns stundenlang hatten amüsieren können. Isa und ich hatten ihn vor sechs Jahren im Mallorca-Urlaub kennengelernt und wie das Schicksal so spielte, kam er aus derselben Stadt wie wir.Wir hatten uns auf Anhieb gut verstanden und seit vor drei Jahren eine Wohnung in meinem Mietshaus freigeworden war, wohnte Thomas nur drei Stockwerke über mir.
    »Es ist schwer zu glauben, dass er und ich mal eine Affäre hatten. Ich meine, Thomas … Keine Ahnung, was da über mich gekommen war.« Isa rollte mit den Augen und ich nickte zustimmend. Die beiden waren schon damals wie Feuer und Wasser gewesen – Isa, die lebhafte Partygängerin und Thomas, der sich weitestgehend in seine einsame Cyberwelt zurückgezogen hatte. Vielleicht waren es gerade diese Gegensätze gewesen, die sie aneinander fasziniert hatten, denn auch nach dem Mallorca-Urlaub hatten sie noch wochenlang nicht voneinander lassen können. Für meine Begriffe waren sie das perfekte Paar gewesen; doch dann hatte Thomas sich in Isa verliebt. Und genau das war absurderweise sein beziehungstechnisches Todeslos gewesen, denn Isabelle befand sich damals in einer Phase, in der sie sich gebührend ‚austoben‘ wollte. Eine feste Beziehung entsprach so gar nicht ihrer Vorstellung von einer aufregenden Zukunft und so hatte sie dem armen Thomas langfristig das Herz gebrochen. Ich hatte zuerst befürchtet, dies wäre das Ende unseres Dreiergespanns, doch Thomas hatte es geschafft, so zu tun als wenn das mit Isa und ihm nur eine nette, unwichtige Liebelei gewesen wäre. Und so waren wir jahrelang unzertrennlich gewesen – bis zu dem Tag, an dem Isa ihren reichen, versnobten Gregor kennengelernt hatte, der sie immer weiter von uns und ihr selbst entfernte. Auf einmal hatte sie nichts mehr dagegen gehabt, sich zu binden und ihre Unabhängigkeit aufzugeben. Sie hatte sich selbst in dieser Ehe verloren und ich konnte es mir nicht verkneifen, daran zu denken, dass Isa mit Thomas sicherlich glücklicher geworden wäre. Sie hätte sie selbst bleiben können.
    »Du und Thomas, ihr könntet uns mal besuchen kommen. Vielleicht nächsten Mittwoch am frühen Vormittag? Dann könnten wir etwas unternehmen. In den Zoo zu gehen wäre doch schön.«
    »Isa, Thomas und ich müssen arbeiten.«
    »Ach ja … Natürlich.«
    Wir senkten unsere Blicke und schwiegen. Es war, als hätte sich aus heiterem Himmel wieder die Kluft zwischen uns aufgetan, die unsere beiden Welten voneinander trennte und unsere Freundschaft auseinander zu reißen drohte. Als hätte diese Erkenntnis einen Schalter bei Isa umgelegt, verschwand das Lächeln aus ihrem Gesicht und wich einem erschöpften Ausdruck.
    »Alles okay?«, fragte ich und musterte sie besorgt.
    »Klar, mir geht es bestens. Aber ich glaube, ich sollte langsam zurücknach Hause. Gregor ist mit Kasimir allein und ich habe ihm versprochen, nicht allzu lange weg zu bleiben.«
    Befremdet blickte ich auf Isabelles Glas, das noch zu zwei Dritteln gefüllt war. »Du bist doch erst vor einer halben Stunde gekommen.«
    »Ja, kann sein. Aber ich möchte Kasi einfach nicht so lange allein lassen. Er macht wirklich eine schwierige Phase durch.«
    »Aber Gregor ist doch bei ihm«, erwiderte ich leicht genervt. Hatte ich nach einem Monat des Termineverschiebens und dutzender kurzfristiger Absagen ihrerseits heute tatsächlich eine geschlagene Stunde auf Isa gewartet, nur damit sie nach
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