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Jaegerin der Daemmerung

Jaegerin der Daemmerung

Titel: Jaegerin der Daemmerung
Autoren: Christine Feehan
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    D ichter Nebel verhüllte die Berge und kroch in die Tiefen des Waldes, wo er ein weißes Band zwischen den verschneiten Bäumen spannte. Die weiße Pracht begrub sämtliches Leben im Wald und am Bachufer unter sich und überzog alles mit einer dicken Schicht aus Eiskristallen. Auf Lichtungen und Feldern standen Sträucher, plötzlich erstarrt, wie bizarre Statuen. Der Schnee tauchte die Welt in blau schimmerndes Weiß. Der mit Eiszapfen überzogene Wald und die zu bizarren Formen erstarrte Oberfläche des Baches wirkten, als wären sie nicht von dieser Welt.
    Die Nacht war sternenklar und bitterkalt. Das silbrige Licht des Vollmondes ergoss sich über den gefrorenen Boden. Vollkommen lautlos huschten sechs Schatten, wie an einer Perlenschnur aufgereiht, zwischen den Bäumen hindurch. Selbst ein versierter Fährtenleser hätte anhand der handtellergroßen Abdrücke vermutet, dass lediglich ein einziges Tier hier unterwegs gewesen war.
    Obwohl die Wölfe aussahen, als erfreuten sie sich bester Gesundheit, mit stählernen Muskeln, die sich unter den dichten Pelzen abzeichneten, litten die Tiere Hunger und brauchten unbedingt frische Nahrung, um den harten und langen Winter zu überleben. Als das Alphatier unvermittelt stehen blieb und die Nase in den Wind hielt, tat der Rest des Rudels es ihm gleich. Vorsichtig und mit langsamen Bewegungen kroch das Leittier gegen die Witterung vorwärts, während die anderen sich niederlegten, um abzuwarten.
    Mitten auf dem Weg, nur wenige Meter von ihm entfernt, lag ein großes, frisches und verführerisch duftendes Stück rohen Fleisches. Wachsam umkreiste er es, wobei er seine Nase benutzte, um eine potentielle Gefahr zu entdecken. Der Speichel lief dem Wolf im Maul zusammen, und sein Magen knurrte. Nichts als das Stück Fleisch witternd, näherte er sich erneut gegen den Wind und angelte vorsichtig nach dem großen, Leben rettenden Stück Fleisch. Dreimal robbte er vor und zurück, aber er konnte keine versteckten Gefahren entdecken. Als er sich ein viertes Mal näherte, schlang sich plötzlich etwas um seinen Nacken.
    Panisch machte das Alphatier einen Satz nach hinten, wodurch sich die Schlinge aus Draht immer fester um seinen Hals zog. Je mehr er sich bewegte, desto tiefer schnitt ihm die Falle ins Fell, schnürte ihm die Kehle zu und schnitt sich in seine Haut hinein. Das Rudel begann, ihn zu umkreisen. Als sein Weibchen ihm zu Hilfe kam, legte sich wie aus dem Nichts eine zweite Schlinge um deren Hals, wodurch es fast von den Beinen gerissen wurde.
    Einen Augenblick lang breitete sich tiefes Schweigen aus, das lediglich von dem Japsen der beiden gefangenen Wölfe unterbrochen wurde. In unmittelbarer Nähe knackte ein Zweig. Das Rudel stob auseinander, und flirrende Schatten flohen in den Schutz der Bäume. Aus einem Gebüsch betrat eine Frau die kleine Lichtung. Sie trug schwarze Winterstiefel und eine schwarze Hose, die ihr tief auf der Hüfte saß. Besonders auffallend war jedoch die bauchfreie schwarze Weste, die mit drei verschnörkelten glänzenden Silberschnallen geschlossen wurde, in die unzählige winzige Kreuze eingearbeitet waren.
    Das dichte schwarzblaue Haar, das ihr bis zur Taille reichte, trug sie zu einem dicken Zopf geflochten. Der lange Kapuzenmantel, der ihr bis zu den Knöcheln ging, sah aus, als sei er aus einem einzigen silbrigen Wolfspelz gefertigt worden. Das Schwert, das an ihrer Hüfte baumelte, war nicht ihre einzige Waffe. In einer Hand hielt sie eine Armbrust, in der anderen blitzte ein scharfer Dolch auf. In einem Köcher, den sie über ihrer Schulter trug, steckten Pfeile, und innen im Wolfspelzmantel hingen in Schlingen weitere scharf geschliffene Waffen. In einem tief getragenen Holster steckten eine Pistole und eine Reihe kleine rasiermesserscharfe Pfeilspitzen.
    Einen Moment lang hielt sie inne, sondierte die Lage. »Rührt euch nicht!«, zischte sie. In ihre leise Stimme mischten sich Verärgerung und Autorität.
    Die beiden gefangenen Wölfe taten, wie ihnen geheißen, und warteten ab, am ganzen Leib zitternd und mit bebenden Flanken und hängenden Köpfen, um den unsäglichen Druck des festgezurrten Drahtseils so gut es ging zu mindern. Anmutig glitt die Frau über den eisverkrusteten Schnee, ohne auch nur die geringste Spur zu hinterlassen. Sichtlich angewidert musterte sie die zahlreichen Drahtfallen.
    »Das ist nicht das erste Mal, dass sie das machen«, schimpfte sie. »Habe ich euch die Fallen nicht gezeigt? Aber ihr wart wieder
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