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So fern wie ein Traum

So fern wie ein Traum

Titel: So fern wie ein Traum
Autoren: Nora Roberts
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Schmerz verursachten. In seinem ganzen Leben hatte niemals jemand seine Wunden mit Küssen bedeckt. »Ja, sehr sogar.« Er vergrub sein Gesicht in ihrem Haar. Wünsche, Sehnsüchte wallten in ihm auf.
    »Ist es in Ordnung, wenn wir in den Stall gehen und Max besuchen?« Instinktiv strich Ali Michael tröstend übers Haar. »Wir wollen uns bei ihm bedanken für das, was er geleistet hat.«
    »Ja, das fände er bestimmt sehr nett. Übrigens, eure Mom…«
    »Sie ist im Wohnzimmer. Wir sollen alle leise sein, damit sie sich ausruhen kann. Aber Sie können ruhig reingehen.« Ali strahlte ihn fröhlich an. »Sie will Sie sicher sehen. Und Kayla und ich stehen jeden Morgen früher auf und misten den Stall aus, bis es Ihren Händen wieder besser geht. Sie brauchen sich also keine Sorgen zu machen«, fügte sie hinzu.
    »Ich…« Feigling, dachte er. Sag ihnen, dass das nicht nötig ist. Sag ihnen, dass du gehst. Aber er brachte es einfach nicht übers Herz. »Danke.«
    Als die beiden davonrannten, sah er ihnen lange nach. Zwei hübsche, junge Mädchen, die durch einen großen, eleganten Garten liefen, wie er ihrer würdig war. Er ging langsam über die Terrasse, hob die Hand und öffnete die Tür.
    Sie lag nicht auf dem Sofa, wie er es erwartet hätte, sondern stand, ihm den Rücken zugewandt, am Fenster, von wo aus sie auf die Klippen sah.
    Sie war so furchtbar klein. Alles an ihr wirkte so zart, und trotzdem war sie, Laura, die stärkste Frau, der er jemals begegnet war.
    Mit dem zurückgekämmten Haar, in ihrem weich fließenden weißen Morgenmantel hätte sie zart aussehen müssen, dachte er, zerbrechlich wie eine Figur aus feinstem Porzellan. Als sie sich jedoch umdrehte und die letzten goldenen Strahlen der Abendsonne hinter ihrem Rücken tanzten, kam sie ihm unbesiegbar vor.
    »Ich hatte gehofft, dass du kommen würdest.« Ihre Stimme war vollkommen ruhig. Die Nähe des Todes hatte ihr gezeigt, dass sie tatsächlich alles überleben würde. Sogar Michael Fury. »Ich habe dir bisher noch gar nicht danken oder danach sehen können, wie schlimm du verletzt bist.«
    »Mir geht es gut. Was macht der Kopf?«
    Laura lächelte. »Er fühlt sich an, als wenn ich damit auf einem Felsen aufgeschlagen wäre«, antwortete sie. »Möchtest du vielleicht einen Brandy? Ich selbst darf leider nicht. Meine zahlreichen medizinischen Berater und Beraterinnen sind darin übereingekommen, dass mir während der nächsten vierundzwanzig Stunden Alkohol nicht genehmigt werden darf.«
    »Nein, danke, lieber nicht.« Der Whiskey, den er vorhin getrunken hatte, hatte vollkommen gereicht.
    »Bitte nimm doch Platz.« Höflich zeigte sie auf einen Stuhl. »Das war ein ganz schön aufregender Tag, nicht wahr, Michael?«
    »Ein Tag, wie man ihn sicher nicht so schnell vergisst. Deine Schulter…«
    »Es haben bereits so viele Leute Aufhebens um mich gemacht, dass es fürs Erste reicht. Meine Schulter tut mir weh.« Sie setzte sich ihm gegenüber hin und strich sorgfältig ihren Morgenmantel glatt. »Alle Knochen tun mir weh. Mein Kopf tut weh und hin und wieder, wenn ich daran denke, was alles hätte passieren können, dreht sich mir der Magen um. Was geschehen wäre, wenn du mich nicht gefunden hättest.«
    Mit hochgezogenen Brauen verfolgte sie, wie er durch das Zimmer tigerte. Abgesehen von dem ersten langen Blick, mit dem Michael sie bedacht hatte, als sie zu ihm herumgefahren war, hatte er sie noch nicht einmal angesehen. Damit sie nicht weiter nervös an ihrem Morgenmantel zupfte, verschränkte sie ihre Hände fest in ihrem Schoß.
    »Bist du noch wegen etwas anderem gekommen, Michael, oder bist du ausschließlich meiner Gesundheit wegen hier?«
    »Ich wollte nur sehen…« Er blieb stehen, schob die Daumen in die Taschen seiner Jeans und zwang sich, sie endlich wieder anzusehen. »Hör zu, ich wüsste nicht, weshalb ich diese Sache einfach so zwischen uns stehen lassen sollte«, sagte er.
    »Welche Sache?«
    »Du liebst mich nicht.«
    Mühsam um Geduld bemüht sah sie ihn an. »Ach nein?«
    »Nein, du verwechselst das alles mit bloßem Sex und jetzt wahrscheinlich noch mit blödsinniger Dankbarkeit, aber das ist einfach lächerlich.«
    »Dann bin ich also obendrein noch lächerlich.«
    »Dreh mir nicht die Worte im Mund herum.«
    »Ich versuche gerade zu entwirren, was du da an Blödsinn von dir gibst.« Sie beugte sich vor und berührte die Kiste, die immer noch geöffnet auf dem Tischchen stand. »Du hast Seraphinas Mitgift noch gar nicht
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